Onchozerkose (Flussblindheit)

VonChelsea Marie, PhD, University of Virginia;
William A. Petri, Jr, MD, PhD, University of Virginia School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Sept. 2022
Aussicht hier klicken.

Onchozerkose ist eine Filarieninfektion mit Onchocerca volvulus. Kriebelmücken (Simulium-Spezies) sind für die Übertragung verantwortlich. Symptome sind subkutane Knötchen, Juckreiz, Dermatitis, Adenopathie, Atrophie und Narbenbildung der Haut sowie Augenläsionen, die zur Erblindung führen können. Die Diagnose erfolgt durch das Auffinden von Mikrofilarien in Hautproben, der Hornhaut oder der Vorderkammer des Auges, durch die Identifizierung von adulten Würmern in subkutanen Knötchen oder durch die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) zum Nachweis von Parasiten-DNA. Die Therapie erfolgt mit Ivermectin.

(Siehe auch Annäherung an parasitäre Infektionen und Übersicht zu Filarieninfektionen)

Weltweit sind schätzungsweise 21 Millionen Menschen mit Onchozerkose infiziert; etwa 14,6 Millionen haben eine Hauterkrankung und 1,15 Millionen eine Sehbehinderung oder einen Sehverlust. Onchozerkose ist der zweithäufigste Grund für Blindheit weltweit (nach dem Trachom).

Onchozerkose kommt am häufigsten in tropischen und Subsahararegionen Afrikas vor. Kleine Herde gibt es im Jemen und entlang der venezolanischen Grenze zum brasilianischen Amazonasgebiet. Blindheit aufgrund von Onchozerkose ist in Nord- und Südamerika relativ selten; Kolumbien, Ecuador, Mexiko und Guatemala wurden von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als frei von Onchozerkose erklärt. Menschen, die in der Nähe von schnell fließenden Bächen oder Flüssen leben oder arbeiten, sind am ehesten infiziert. Neben den Anwohnern sind auch Langzeitreisende (z. B. Missionare, Entwicklungshelfer, Feldforscher) gefährdet.

Pathophysiologie der Onchozerkose

Onchozerkose wird durch Kriebelmücken ("blackflies", Simulium-Spezies) verbreitet, die in rasch fließenden Flüssen brüten (daher der Begriff Flussblindheit). Es sind viele Kriebelmückenstiche nötig, bevor sich eine Krankheit entwickelt.

Durch den Stich der Kriebelmücke werden infektiöse Larven in die Haut inokuliert, die sich innerhalb von 12–18 Monaten zu adulten Würmern entwickeln. Adulte weibliche Würmer können bis zu 15 Jahren in subkutanen Knoten leben. Die Weibchen sind 33–50 cm lang, die Männchen 19–42 mm. Reife weibliche Würmer produzieren Mikrofilarien, die hauptsächlich durch die Haut wandern und die Augen befallen.

Symptome und Anzeichen von Onchozerkose

Onchozerkose betrifft typischerweise

  • Die Haut (Knötchen, Dermatitis)

  • Augen

Knoten

Die subkutan (oder tiefer) gelegenen Knoten (Onchozerkome), die adulte Würmer enthalten, können sichtbar oder palpabel sein, sind ansonsten jedoch asymptomatisch. Sie bestehen aus Entzündungszellen und fibrotischem Gewebe in variabler Zusammensetzung. Ältere Knoten können verkäsende Nekrosen aufweisen oder kalzifizieren.

Die Patienten können eine Vergrößerung von Leisten-, Oberschenkel- oder anderen Lymphknoten aufweisen. Lokalisierte Schwellungen der Genitalien und Leistenbrüche können auftreten.

Hauterkrankung

Eine onchozerkale Dermatitis wird durch das mikrofilarielle Stadium des Parasiten verursacht. Bei nur leicht infizierten Personen kann das einzige Symptom aus einem intensiven Juckreiz bestehen.

Die Hautläsionen bestehen meist aus einem unscharf begrenzten makulopapulösen Exanthem mit sekundären Exkoriationen, schuppenden Ulzerationen und Lichenifikation sowie einer milden bis mittleren Lymphadenopathie. Andere Hautanomalien können vorzeitige Faltenbildung, Atrophie, fleckige Hypopigmentierung und Elastizitätsverlust sein. In schweren Fällen können die Patienten atrophische Hautfalten im Unterbauch und an den oberen medialen Oberschenkeln ("hängende Leiste") entwickeln.

Eine onchozerkale Dermatitis verläuft bei den meisten Patienten generalisiert, im Jemen und im Sudan kommt jedoch auch eine lokalisierte und scharf abgegrenzte Form einer ekzematösen Dermatitis mit Hyperkeratose, Schuppenbildung und Pigmentveränderungen (Sowdah) vor.

Augenerkrankungen

Die Augenbeteiligung reicht von leichten Beeinträchtigungen des Sehvermögens bis zur kompletten Blindheit. Läsionen des vorderen Teils des Auges umfassen

  • Keratitis Punctata ("Schneeflocke", eine akutes Entzündungsinfiltrat, das die umliegenden sterbenden Mikrofilarien infiltriert und sich ohne bleibende Schäden zu hinterlassen wieder auflöst)

  • Sklerosierende Keratitis (ein Einwachsen von fibrovaskulärem Narbengewebe, das zu Subluxation der Linse und zur Erblindung führen kann)

  • Anteriore Uveitis oder Iridozyklitis (welche die Pupille verformen können)

Weiterhin können eine Chorioretinitis, Optikusneuritis und Optikusatrophie auftreten.

Diagnose der Onchozerkose

  • Mikroskopische Untersuchung von Hautschnitten oder Biopsien

  • Spaltlampenuntersuchung der Hornhaut und der Vorderkammer des Auges

Das traditionelle Nachweisverfahren von Onchozerkose beruht auf dem Nachweis von Mikrofilarien in Hautbiopsien; in der Regel werden mehrere Proben entnommen (siehe Tabelle Entnahme und Handhabung von Proben für die mikroskopische Diagnose parasitärer Infektionen). Polymerase-Kettenreaktion-basierte Methoden zum Nachweis parasitärer DNA in Hautproben sind sensitiver als Standardtechniken, sind aber nur in Forschungseinrichtungen verfügbar.

Mikrofilarien können auch während einer Spaltlampenuntersuchung in der Kornea und Vorderkammer des Auges gesehen werden.

Der Antikörpernachweis ist von begrenztem Wert; es gibt eine erhebliche antigene Kreuzreaktivität zwischen O. volvulus und anderen Filarien sowie verschiedenen Helminthen, und ein positiver serologischer Test unterscheidet nicht zwischen vergangenen und aktuellen Infektionen.

Tastbare Knoten (oder tiefliegende Knoten, die mittels Sonographie oder MRT nachgewiesen werden) können entfernt und auf adulte Würmer untersucht werden, aber dieses Verfahren ist nur selten erforderlich.

Behandlung der Onchozerkose

  • Ivermectin

Ivermectin, die wichtigste therapeutische Option, reduziert die Mikrofilarien in der Haut und in den Augen und verringert die Produktion von Mikrofilarien über viele Monate. Es tötet keine adulten weiblichen Würmer, aber kumulative Dosen verringern ihre Fruchtbarkeit. Ivermectin wird als orale Einzeldosis mit 150 mcg/kg gegeben, dies wird alle 6–12 Monate wiederholt. Die optimale Therapiedauer ist unsicher. Obwohl eine Behandlung theoretisch über die Lebensdauer der weiblichen Würmer (10 bis 14 Jahre) fortgeführt werden könnte, wird sie in der Regel nach einigen Jahren beendet, wenn der Juckreiz abgeklungen ist und durch Hautbiopsie oder Augenuntersuchung keine Hinweise auf Mikrofilarien festgestellt werden.

Es kommt zu qualitativ ähnlichen Nebenwirkungen von Ivermectin wie bei Diethylcarbamazin (DEC), diese treten jedoch seltener auf und verlaufen weniger schwer. DEC wird nicht bei Onchozerkose eingesetzt, da es eine schwere Überempfindlichkeitsreaktion (Mazzotti) auf freigesetzte Filarienantigene hervorrufen kann, die Haut und Augen weiter schädigen und zu einem Herz-Kreislauf-Kollaps führen kann.

Vor der Behandlung mit Ivermectin sollten die Patienten auf eine Koinfektion mit Loa loa, einem anderen Filarienparasiten, untersucht werden, wenn sie sich in Gebieten Zentralafrikas aufgehalten haben, wo beide Parasiten übertragen werden, weil Ivermectin bei Patienten, die mit schweren Loa loa-Koinfektionen koinfiziert sind, schwere Reaktionen hervorrufen kann.

Tipps und Risiken

  • Vor der Behandlung von Onchozerkose mit Ivermectin sollte eine Koinfektion mit Loa loa ausgeschlossen werden, wenn die Patienten in Zentralafrika diesem Parasiten ausgesetzt waren.

Doxycyclin kann die Endosymbiont-Bakterien Wolbachia abtöten, die O. volvulus zum Überleben und für die Embryogenese benötigt. Doxycyclin tötet > 60% der erwachsenen weiblichen Würmer und sterilisiert oder verringert die Fruchtbarkeit der überlebenden Würmer, tötet aber keine Mikrofilarien. Doxycyclin kann 1 Woche nach der ersten Einzeldosis von Ivermectin 150 mcg/kg in einer Dosis von 100 mg oral ein- oder zweimal täglich über 6 Wochen verabreicht werden. Da es wahrscheinlich schwierig ist, diese verlängerte Therapie einzuhalten, ist unklar, ob sie die Ergebnisse einer reinen Ivermectin-Behandlung verbessern würde.

Eine chirurgische Entfernung zugänglicher Onchozerkome kann die Anzahl von Hautmikrofilarien reduzieren, diese Therapie wurde jedoch durch die Therapie mit Ivermectin ersetzt.

Prävention von Onchozerkose

Bisher konnte für keine Substanz eine prophylaktische Wirkung hinsichtlich einer Vermeidung einer Infektion mit O. volvulus nachgewiesen werden. Durch die jährliche oder halbjährliche Verabreichung von Ivermectin an die Bevölkerung in endemischen Gebieten werden jedoch subklinische und nicht diagnostizierte Erkrankungen wirksam bekämpft, sodass die Übertragung möglicherweise zurückgeht. Die Onchozerkose wurde in den teilnehmenden westafrikanischen Ländern (außer Sierra Leone) durch das Besprühen der Simulium-Brutstätten mit Insektiziden aus der Luft und die Ivermectin-Therapie der Patienten im Rahmen des von der Weltgesundheitsorganisation geförderten Onchozerkose-Kontrollprogramms (Onchocerciasis Control Programme), das 2002 abgeschlossen wurde, praktisch ausgerottet. Die groß angelegte Behandlung mit Ivermectin hat zur Ausrottung der Onchozerkose in einigen endemischen Gebieten geführt und wird in den Gebieten, in denen die Krankheit weiterhin auftritt, fortgesetzt (WHO: Onchozerkose).

Simulium-(Kriebelmücken-)Bisse können durch die Vermeidung von mit den Insekten befallenen Bereichen minimiert werden sowie durch das Tragen von Schutzkleidung und ggf. durch die großzügige Anwendung von Insektenschutzmitteln.

Wichtige Punkte

  • Onchozerkose ist eine Filarieninfektion, die Hautläsionen, Hautausschlag und, noch wichtiger, eine Augenerkrankung verursacht, die zu Sehbehinderung und manchmal Blindheit führt.

  • Die Diagnose wird durch eine Spaltlampenuntersuchung des Auges und die mikroskopische Untersuchung eines Hautschnitts gestellt; sofern verfügbar, können Polymerase-Kettenreaktion-Tests nützlich sein.

  • Die Behandlung erfolgt mit Ivermectin, um Mikrofilarien abzutöten und die Fruchtbarkeit der weiblichen Würmer zu verringern; Ivermectin tötet adulte Würmer nicht.

  • Vor der Behandlung mit Ivermectin sollten die Patienten auf eine Koinfektion mit Loa loa untersucht werden, wenn sie in Gebieten Zentralafrikas gewesen sind, wo beide Parasiten übertragen werden.