AIDS-definierende Krebserkrankungen bei HIV-infizierten Patienten sind:
Lymphom, immunoblastisch (oder äquivalenter Begriff)
Lymphom, primär, des zentralen Nervensystems
Zervixkarzinom, invasiv
Zu anderen Krebsarten, die sich in der Häufigkeit oder Schwere drastisch erhöht zu haben scheinen, gehören
Hodgkin-Lymphom (Vor allem die gemischten Zellularitäts- und Lymphozyten-verringerten Subtypen)
Andere Haut- und oberflächliche Augenkrebsarten
Das Leiomyosarkom stellt eine seltene Komplikation bei HIV-infizierten Kindern dar. Auch sind die Raten anderer häufiger Krebsarten (z. B. Lunge, Kopf und Hals und Zervixkarzinome, Hepatome) bei HIV-infizierten Patienten um ein Vielfaches höher als in der allgemeinen Bevölkerung. Dieser Befund könnte zumindest teilweise auf eine stärkere Exposition gegenüber den Viren oder Toxinen zurückzuführen sein, die diese Krebsarten verursachen: Hepatitis B und C für Hepatome, humane Papillomaviren für Gebärmutterhals-, Anal-, Penis- und Oropharynxkarzinome sowie Alkohol und Tabak für Lungen- und Kopf-Hals-Karzinome.
(Siehe auch Humane Immundefizienz-Virusinfektion (HIV-) Infektion)
Non-Hodgkin-Lymphom
Die Inzidenz von Non-Hodgkin-Lymphomen ist bei Patienten mit HIV-Infektion 50- bis 200-mal höher. Bei den meisten Fällen handelt es sich um aggressive B-Zell-Lymphome mit einem histologisch hochgradig malignen Subtyp. Bei Diagnosestellung sind meist extranodale Stellen involviert, zu diesen gehören Knochenmark, Gastrointestinal-Trakt und andere Stellen, die bei nicht-HIV-assoziierten Non-Hodgkin-Lymphomen ungewöhnlich sind, z. B. das Zentralnervensystem und Körperhöhlen (z. B. Pleura, Perikard und Peritoneum).
Häufige Beschwerden sind z. B. sich rasch vergrößernde Lymphknoten oder extranodale Schwellungen und systemische Symptome (z. B. Gewichtsverlust, Nachtschweiß oder Fieber).
Die Diagnose des non-Hodgkin-Lymphoms wird durch Biopsie gestellt, mit histopathologischer und immunchemischer Analyse der Tumorzellen. Auffällige zirkulierende Lymphozyten oder unerwartete Zytopenien weisen auf eine Beteiligung des Knochenmarks hin und machen eine Knochenmarkbiopsie erforderlich. Zum Tumorstaging können eine Liquoruntersuchung sowie ein CT oder MRT des Thorax, Abdomens und anderer Bereiche mit Tumorverdacht erforderlich sein.
Eine schlechte Prognose wird durch folgendes vorhergesagt:
CD4-Zellzahl < 100/mcl
Alter > 35 Jahre
Schlechter funktioneller Status
Beteiligung des Knochenmarks
Zurückliegende opportunistische Infektionen
Hochmaligner histologischer Subtyp
Die Behandlung eines Non-Hodgkin-Lymphoms erfolgt mit verschiedenen Schemata systemischer Chemotherapie mit mehreren Medikamenten, die Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin, Prednison und Etoposid umfasst. Diese Medikamente werden mit IV Rituximab und einem Anti-CD20-Antikörper kombiniert und durch eine antiretrovirale Therapie (ART), prophylaktische Antibiotika und Antimykotika und hämatologische Wachstumsfaktoren ergänzt. Die Therapie kann durch eine schwere Myelosuppression limitiert sein, insbesondere wenn Kombinationen myelosuppressiver antineoplastischer oder antiretroviraler Substanzen verwendet werden. Eine Bestrahlungstherapie kann große Tumormassen verkleinern und zur Kontrolle von Schmerzen oder Blutungen beitragen.
Primäre Lymphome des zentralen Nervensystems
Die Inzidenz des Zentralnervensystem -Lymphoms ist deutlich bei HIV-infizierten Patienten mit sehr niedrigen CD4-Zellzahlen erhöht.
Primäre Zentralnervensystem - Lymphome bestehen aus mittel- oder hochgradig malignen B-Zellen, die von Zentralnervensystem -Gewebe ausgehen. Diese Lymphome breiten sich nicht systemisch aus, aber die Prognose ist schlecht; die mediane Überlebenszeit liegt bei < 6 Monaten.
Die klinischen Beschwerden bestehen z. B. aus Kopfschmerzen, Anfällen, neurologischen Defiziten (z. B. Hirnnervenlähmungen) und Veränderungen des mentalen Status.
Die Akuttherapie von primären Zentralnervensystem-Lymphomen erfordert eine Kontrolle des Hirnödems durch Kortikosteroide. Obwohl eine Strahlentherapie des gesamten Gehirns und eine Antitumor-Chemotherapie mit hochdosiertem Methotrexat allein oder in Kombination mit anderen Chemotherapeutika oder Rituximab häufig verwendet werden, ist keine dieser Therapien rigoros ausgewertet worden. In Beobachtungsstudien von ART und in einer einzigen klinischen Studie von Rituximab erschien das Überleben verbessert.
Gebärmutterhalskrebs
Bei HIV-infizierten Frauen ist die Prävalenz der Infektion mit dem humanen Papillomavirus (HPV) erhöht, onkogene Subtypen (Typen 16, 18, 31, 33, 35 und 39) persistieren, die Inzidenz zervikaler intraepithelialer Neoplasien (CIN) beträgt bis zu 60%, und die Inzidenz des Zervixkarzinoms ist erhöht (1). Jedoch sind Zervixkarzinome, wenn sie auftreten, ausgedehnter, schwieriger zu behandeln und weisen nach der Therapie höhere Rezidivraten auf.
Das Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, steigt bei Frauen mit HIV, wenn die Krankheit schlecht kontrolliert wird, z. B. bei hoher Viruslast, niedriger CD4-Zahl oder unzureichendem Ansprechen auf ART..
Die Behandlungsmethoden für die zervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN) oder Gebärmutterhalskrebs wird durch eine HIV-Infektion nicht verändert. Regelmäßige Papanicolaou-Tests sind wichtig, um das Fortschreiten der zervikalen intraepithelialen Neoplasie (CIN) zu überwachen. Eine ART kann zu einer Kontrolle der HPV-Infektion und einer Regression einer CIN führen, hat jedoch keine klaren Effekte auf den Tumor.
Plattenepithelkarzinom des Anus oder der Vulva
Plattenepithelkarzinome des Anus und Plattenepithelkarzinome der Vulva werden durch dieselben onkogenen humanen Papillomavirus-Typen (HPV) verursacht wie das Zervixkarzinom und treten häufiger bei Patienten auf, die mit dem humanen Immundefizienz-Virus (HIV) infiziert sind. Die erhöhte Inzidenz analer Intraepithel-Neoplasie und -Krebsarten bei diesen Patienten scheint durch Verhaltensweisen mit hohem Risiko (z. B. anal empfangener Sex) und Immunsuppression durch HIV verursacht zu sein; ART verringert das Progressionsrisiko eventuell.
Analdysplasien sind häufig, und ein Plattenepithelkarzinom kann sehr aggressiv sein.
Die Therapie umfasst die chirurgische Exstirpation, Strahlentherapie und Chemotherapie mit Mitomycin oder Cisplatin und 5-Fluorouracil.
Hinweis
1. Stelzle D, Tanaka LF, Lee KK, et al: Estimates of the global burden of cervical cancer associated with HIV [published correction appears in Lancet Glob Health 9(2):e119, 2021]. Lancet Glob Health 9(2):e161-e169, 2021. doi:10.1016/S2214-109X(20)30459-9