Transplantation hämatopoetischer Stammzellen

VonMartin Hertl, MD, PhD, Rush University Medical Center
Überprüft/überarbeitet Aug. 2022
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Die Transplantation hämatopoetischer Stammzellen (HSC) ist ein sich rasch entwickelndes Verfahren, das Patienten mit hämatologischen Krebserkrankungen (Leukämien, Lymphome, Myelome) und anderen Krankheiten des Blutes (z. B. primärer Immundefekt, aplastische Anämie, Myelodysplasie) eine mögliche Heilung bietet. Eine hämatopoetische Stammzelltransplantation wird manchmal auch bei soliden Tumoren (z. B. einigen Keimzelltumoren) eingesetzt, die auf Chemotherapie reagieren.

(Siehe auch Übersicht Transplantation.)

Die hämatopoetische Stammzelltransplantation trägt zur Heilung bei

  • Die Wiederherstellung des Knochenmarks nach myeloablativer Krebs-Behandlungen

  • Ersetzen von abnormen Knochenmark mit normalem Knochenmark bei gutartigen hämatologischen Störungen

Die hämatopoetische Stammzelltransplantation kann autolog sein (unter Verwendung der eigenen Zellen des Patienten) oder allogen (unter Verwendung von Zellen eines Spenders). Stammzellen können gewonnen werden aus

  • Knochenmark

  • Peripheres Blut

  • Blut der Nabelschnur

Die Stammzellentnahme aus peripherem Blut hat im Großen und Ganzen das Knochenmark als Stammzellquelle ersetzt, dies v. a. bei autologer hämatopoetische Stammzelltransplantation, weil die Stammzellentnahme einfacher ist und sich die Zahl der Neutrophilen und Thrombozyten schneller erholt. Die Nabelschnur-hämatopoetische Stammzelltransplantation wurde in erster Linie auf Kinder beschränkt, weil es im Nabelschnurblut zu wenige Stammzellen für einen Erwachsenen gibt. Eine mögliche zukünftige Quelle von Stammzellen sind induzierte pluripotente Stammzellen (bestimmte Zellen von Erwachsenen entnommen und neu programmiert, dass sie wie Stammzellen wirken).

Es gibt keine Kontraindikationen für die autologe hämatopoetische Stammzelltransplantation.

Kontraindikationen für eine allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation sind relativ und umfassen

  • Alter > 50

  • Frühere blutbildende Stammzelltransplantation

  • Signifikante Begleiterkrankungen (z. B. Nierenversagen)

Die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation ist hauptsächlich aufgrund mangelnder histokompatibler Spender limitiert. Ideal ist ein humanes Leukozytenantigen-identischer Geschwisterspender, gefolgt von einem humanen Leukozytenantigen-gleichen Geschwisterspender. Da jedoch nur für ein Viertel der Patienten ein solches Geschwister als Spender zur Verfügung steht, wird häufig auf nicht HLA-kompatible Verwandte oder HLA-kompatible fremde Spender zurückgegriffen (die Identifikation erfolgt durch internationale Registrierungen). Die krankheitsfreie Langzeitüberlebensrate kann in diesen Fällen jedoch niedriger sein als für Patienten mit einem humanen Leukozytenantigen-identischen Geschwister.

Die Technik der Nabelschnur-hämatopoetische Stammzelltransplantation steckt noch in den Kinderschuhen, gewinnt aber an Interesse. Da das Nabelschnurblut unreife Stammzellen enthält, scheint das humane Leukozytenantigen-Matching weniger wichtig zu sein als bei den anderen Arten der hämatopoetischen Stammzelltransplantation. Eine Sorge im Zusammenhang mit dem Verfahren ist, dass Immunzellen im Nabelschnurblut keine Erfahrung mit den Viren haben, die für latente Infektionen verantwortlich sind, was zu einem höheren Prozentsatz naiver T-Zellen und damit zu einer erhöhten Vulnerabilität für die Reaktivierung von Zytomegalievirus- oder Epstein-Barr-Virus-Infektionen führt.hrt.

Vorgehensweise

Für eine Stammzellentnahme aus dem Knochenmark werden 700-1500 ml Mark (maximal 15 ml/kg) unter Lokalanästhesie oder Vollnarkose aus den hinteren Beckenkämmen des Spenders aspiriert.

Für die Entnahme von Stammzellen aus peripherem Blut wird der Spender mit rekombinanten Wachstumsfaktoren (Granulozytenkolonie-stimulierender Faktor oder Granulozyten-Makrophagenkolonie-stimulierender Faktor) behandelt, um die Proliferation und Mobilisation der Stammzellen zu stimulieren, gefolgt von einem Standardaphereseverfahren 4 bis 6 Tage später.

Bei der Nabelschnurblutentnahme wird die Nabelschnur nach der Geburt des Babys abgeklemmt, und das Blut wird mit einer Nadel aus der Nabelschnur entnommen und in einem sterilen Beutel gesammelt.

Unter Anwendung einer fluoreszenzaktivierten Zellauslese können Stammzellen identifiziert und von anderen Zellen getrennt werden. Durch einen großlumigen Zentralvenenkatheter werden die Stammzellen dem Empfänger über einen Zeitraum von 1–2 h infundiert.

"Conditioning Regimens"

Vor der allogenen hämatopoetischen Stammzellentransplantation bei Krebs erhält der Empfänger zuerst ein konditionierendes Therapieschema (z. B. ein myeloablatives Schema wie IV Cyclophosphamid 60 mg/kg/Tag über 2 Tage und Ganzkörperbestrahlung oder Busulfan 1 mg/kg/Tag p.o. 4-mal täglich über 4 Tage in Kombination mit Cyclophosphamid ohne Ganzkörperbestrahlung), um eine Remission zu induzieren und das Immunsystem zu supprimieren, sodass das Transplantat angenommen werden kann.

Auch wenn die Indikation nicht Krebs ist, werden ähnliche Regime bei allogener hämatopoetische Stammzelltransplantation durchgeführt, um die Inzidenz von Abstoßungsreaktionen und Rezidiven zu reduzieren.

Solche Konditionierungen werden vor autologen hämatopoetische Stammzelltransplantationen bei Krebs nicht eingesetzt; stattdessen werden krebsspezifische Medikamente verwendet.

Nichtmyeloablative konditionierende Regime (z. B. Cyclophosphamid, Thymusbestrahlung, antithymozyte Globuline [ATGL] und/oder Cylosporine) können das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko verringern, und außerdem bei älteren Patienten, bei Patienten mit Begleiterkrankungen und bei jenen Patienten mit Verdacht auf eine Graft-versus-Host-Reaktion (z. B. jene mit multiplem Myelom) von Nutzen sein.

Regime mit reduzierter Intensität (z. B. Fludarabin mit Melphalan, oralem Busulfan oder Cyclophosphamid) weisen Intensität und Toxizität zwischen myeloablativen und nichtmyeloablativen Regimen auf. Die resultierenden Zytopenien können sich verlängern und zu erheblicher Morbidität und Mortalität führen und die Unterstützung von Stammzellen erfordern.

der Transplantation

Nach der hämatopoetischen Stammzellentransplantation erhalten Transplantatempfänger koloniestimulierende Faktoren, um die Dauer einer nach der Transplantation auftretenden Leukopenie zu verkürzen; prophylaktisch werden Medikamente gegen Infektionen verabreicht. Die Behandlung nach allogener hämatopoetische Stammzelltransplantation besteht in der prophylaktischen Gaben von Immunsuppressiva (üblicherweise Methotrexat und Ciclosporin) bis zu 6 Monate, um zu verhindern, dass Spender-T-Zellen gegen Moleküle des humanen Leukozytenantigen-Komplexes des Empfängers reagieren (Graft-versus-Host-Krankheit). Sofern kein Fieber auftritt, ist man mit der Gabe von Breitbandantibiotika in der Regel zurückgehaltend.

Das Angehen des Transplantats erfolgt typischerweise 10-20 Tage nach der hämatopoetische Stammzelltransplantation (nach Stammzelltransplantation aus peripherem Blut geht das Transplantat früher an) und wird durch die absolute Neutrophilenzahl > 500/mcl (> 0,5 × 109/l) definiert.

Komplikationen der hämatopoetischen Stammzelltransplantation

(Siehe auch Posttransplantationskomplikationen.)

Komplikationen einer Stammzellentransplantation können frühzeitig (< 100 Tage nach der Transplantation) oder später auftreten. Nach allogenen hämatopoetische Stammzelltransplantation ist das Risiko von Infektionen erhöht.

Frühkomplikationen

Wichtige frühe Komplikationen

  • Fehlende Transplantatakzeptanz

  • Abstoßung

  • Akute Graft-versus-Host-Krankheit (GVHD)

Fehlende Transplantatakzeptanz und Abstoßung treten bei < 5% der Patienten auf und manifestieren sich als persistierende Panzytopenie oder in irreversibler Abnahme der Blutwerte. Die Patienten werden mehrere Wochen mit Kortkcosteroiden behandelt.

Bei Empfängern einer allogenen hämatopoetische Stammzelltransplantation kann es zu einer akuten GVH-Krankheit in denen Immunzellen des Spenders Gewebe im Empfänger angreifen, kommen; bei Transplantatempfängern von humanen Leukozytenantigen-kompatiblen Geschwistern liegt die Inzidenz bei 40%, und bei Transplantatempfängern von nichtverwandten Spendern kommt es in 80% der Fälle zu einer akuten GVH-Krankheit. Die Symptome sind Fieber, Ausschläge, Hepatitis mit Hyperbilirubinämie, Erbrechen, Diarrhoe, Abdominalschmerzen, die bis zum Ileus fortschreiten können, und Gewichtsverlust.

Risikofaktoren für eine akute GVHD sind

  • Humanes Leukozytenantigenund Sex-Nichtübereinstimmung

  • mit nicht verwandtem Spender

  • Höheres Alter von Empfänger, Spender oder beides

  • Spender-Vorsensibilisierung

  • Unzureichende GvHD-Prophylaxe

Die Diagnose einer akuten GVHD wird klar anhand von Anamnese, körperlicher Untersuchung und Resultaten von Leberprüfungen gestellt. Aals Therapie wird Methylprednisolon 2 mg/kg, 1-mal täglich IV verabreicht. Wenn der Patient innerhalb von 5 Tagen auf diese Dosis nicht anspricht, wird sie auf 10 mg/kg erhöht.

Spätkomplikationen

Wichtige späte Komplikationen

  • Chronische Graft-versus-Host-Krankheit (GVHD)

  • Rezidiv

Chronische GVHD kann entweder spontan auftreten, sich aus einer akuten GVHD oder nach deren Abklingen entwickeln. Sie tritt typischerweise 4-7 Monate nach einer hämatopoetische Stammzelltransplantation auf (die Spanne beträgt 2 Monate bis 2 Jahre). Die chronische GVHD kommt bei Empfängern allogener hämatopoetische Stammzelltransplantation vor, von denen etwa 35-50% ein humanes Leukozytenantigen-kompatibles Transplantat eines Geschwisters und 60-70% ein fremdes Spendertransplantat erhalten haben.

Chronische GVHD betrifft primär die Haut (z. B. lichenoides Exanthem, sklerotische Hautveränderungen) und die Schleimhäute (z. B. Keratoconjunctivitis sicca, Periodontitis, orogenitale lichenoide Reaktionen), doch können ebenso Störungen des Gastrointestinaltrakts und der Leber auftreten. Ein primäres Charakteristikum ist die Immundefizienz; außerdem kann sich eine Bronchiolitis obliterans ähnlich der, wie sie nach Lungentransplantationen beobachtet wird, entwickeln. Letztlich führt eine GVHD in 20 bis 40% der Patienten zum Tod.

Bei Haut- und Schleimhauterkrankungen ist eine Behandlung von GVHD nicht unbedingt erforderlich, während die Therapie ernsterer Krankheiten wie bei der akuten GVHD erfolgt. Die Inzidenz und Schwere der GVHD kann durch eine T-Zell-Depletion allogener Spendertransplantate unter Anwendung monoklonaler Antikörper oder mechanische Trennung verringert werden. Mit dieser Methode wird aber auch ein Transplantat-Tumor-Effekt eliminiert, wodurch die Stammzellproliferation und das Angehen des Transplantats erhöht und die Rezidivrate der Erkrankung reduziert werden kann. Die Rezidivraten bei der autologen hämatopoetische Stammzelltransplantation sind höher, weil es keinen Transplantat-gegen-Tumor-Effekt gibt und weil zirkulierende Tumorzellen versehentlich mit Stammzellen gesammelt und transplantiert werden können. Untersuchungen zur Reinigung des Transplantats von ex-vivo-Tumorzellen vor der Transplantation sind im Gange.

Wenn keine chronische GVHD auftritt, können sämtliche immunsuppressiven Therapien 6 Monate nach einer hämatopoetische Stammzelltransplantation abgesetzt werden; d. h. dass Spätkomplikationen bei diesen Patienten selten auftreten.

Prognose für hämatopoetische Stammzelltransplantation

Die Prognose nach einer hämatopoetischen Stammzelltransplantation variiert je nach Art der Transplantation (autolog vs. allogen) und der Erkrankung des Empfängers.

Ein Rezidiv kommt vor bei

  • 40–75% der Empfänger von autologen hämatopoetischen Stammzelltransplantaten

  • 10–40% der Empfänger von allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantaten

Insgesamt, die Erfolgsraten (kein Nachweis von Krebszellen im Knochenmark) sind

  • 30 bis 40% bei Patienten mit rezidivierendem Lymphom, das auf Chemotherapie reagiert

  • 20 bis 50% bei Patienten mit akuter Leukämie

Im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie verbessert die hämatopoetische Stammzelltransplantation das Überleben von Patienten mit multiplem Myelom. Patienten mit fortgeschritteneren Erkrankungen oder mit responsiven soliden Krebserkrankungen (z. B. Keimzelltumoren) haben eine geringere Erfolgsrate. Bei Graft-vs-Host-Disease" (GVHD) sind die Rezidivraten geringer, bei schwerer GVHD aber ist die Mortalität insgesamt erhöht.

Intensive konditionierende Therapieschemata, eine wirksame Graft-versus-host Erkrankung- (GvHD)-Prophylaxe, Anwendung von Therapien auf Ciclosporinbasis und eine verbesserte supportive Behandlung (z. B. Antibiotika nach Bedarf, Herpesvirus- und Zytomegalievirus-Prophylaxe) haben die krankheitsfreie Langzeitüberlebensrate nach hämatopoetische Stammzelltransplantation erhöht.