Autoimmunhämolytische Anämie

VonGloria F. Gerber, MD, Johns Hopkins School of Medicine, Division of Hematology
Überprüft/überarbeitet Apr. 2024
Aussicht hier klicken.

Autoimmunhämolytische Anämien werden durch Antikörper verursacht, die bei Temperaturen 37 °C (durch Wärmeantikörper) oder < 37° C (durch Kälteantikörper) mit den Erythrozyten reagieren. Die Hämolyse ist überwiegend extravasal. Der direkte Antiglobulintest (direkter Coombs-Test) bestätigt die Diagnose und kann auf die Ursache hindeuten. Die Behandlung hängt von der Ursache ab und kann Kortikosteroide, Splenektomie, i.v. Immunglobuline, Immunsuppressiva, Vermeidung von Auslösern (z. B. Kälte) und Entzug von Medikamenten umfassen.

(Siehe auch Hämolytische Anämien im Überblick.)

Ätiologie der autoimmunen hämolytischen Anämie

Eine autoimmune hämolytische Anämie wird verursacht durch Abnormitäten außerhalb der Erythrozyten.

Durch Wärmeantikörper verursachte hämolytische Anämie

Eine durch Wärmeantikörper verursachte hämolytische Anämie ist die häufigste Form der autoimmunhämolytischen Anämie (AIHA). Sie kommt bei Frauen häufiger vor als bei Männern. Bei dieser hämolytischen Anämieform reagieren Autoantikörper bei Temperaturen 37° C. Die autoimmune hämolytische Anämie kann klassifiziert werden als:

Einige Medikamente (z. B. -Methyldopa, Levodopa - siehe Tabelle Medikamente, die eine hämolytische Anämie mit warmen Antikörpern verursachen) stimulieren die Produktion von Autoantikörpern gegen Rh-Antigene (Methyldopa-Typ der autoimmunen hämolytischen Anämie). Andere Arzneimittel stimulieren die Produktion von Autoantikörpern gegen einen Antibiotika-Erythrozyten-Membran-Komplex als Teil einer vorübergehenden Haptenmechanismus. Dieses Hapten kann sowohl stabil (z. B. hochdosiertes Penicillin, Cephalosporine) als auch instabil (z. B. Quinidin, Sulfonamide) sein.

Bei der durch Wärmeantikörper verursachten hämolytischen Anämie tritt die Hämolyse primär in der Milz auf und ist nicht auf die direkte Lyse von Erythrozyten zurückzuführen. Sie kann schwerwiegend und tödlich sein. Die meisten dieser Antikörper sind vom IgG-Typ. Die meisten sind Panagglutinine und haben eine begrenzte Rhesus-Spezifität.

Kälteagglutininkrankheit

Die Kälteagglutininkrankheit (Erkrankung mit Kälteantikörpern) wird durch Autoantikörper verursacht, die bei Temperaturen < 37° C reagieren, aber einige Autoantikörper haben eine höhere thermische Amplitude (z. B. > 30° C, die am ehesten klinische Manifestationen verursachen). Die thermische Amplitude der Antikörper ist wichtiger als ihr Titer; je höher die Temperatur (d. h. je näher an der normalen Körpertemperatur), bei der diese Antikörper mit dem Erythrozyten reagieren, desto größer ist die Hämolyse.

Ursachen sind:

  • Idiopathisch (in der Regel assoziiert mit einer klonalen B-Zellpopulation)

  • Infektionen, insbesondere mykoplasmatische Pneumonien oder infektiöse Mononukleose (mit Antikörpern gegen die Antigene I [Mykoplasmen] oder i [Epstein-Barr-Virus])

  • Lymphoproliferative Erkrankungen (Antikörper richten sich in der Regel gegen das I-Antigen)

Infektionen neigen dazu, eine akute Hämolyse zu verursachen, wohingegen die idiopathische Form (die häufige Form bei Erwachsenen) meist chronisch verläuft. Die chronische Hämolyse findet größtenteils im extravaskulären mononukleären Phagozytensystem der Leber und der Milz statt, doch kann eine intravaskuläre Hämolyse auftreten, wenn eine komplementverstärkende Erkrankung wie eine Infektion vorliegt. Die Anämie ist meist nur schwach ausgeprägt (Hämoglobin > 7,5 g/dl [70,5 g/l]). Autoantikörper bei der Kälteagglutininkrankheit sind fast immer IgM.

Paroxysmale Kältehämoglobinurie

Die paroxysmale Kältehämoglobinurie (PCH, Donath-Landsteiner-Syndrom) ist eine seltene Variante der Kälteagglutininkrankheit. PCH kommt häufiger bei Kindern vor. Die Hämolyse ist hierbei durch eine Kälteexposition bedingt, die auch lokalisiert sein kann (z. B. durch Trinken von oder Händewaschen mit kaltem Wasser). Ein IgG-Antikörper bindet bei niedrigen Temperaturen an das P-Antigen auf Erythrozyten und verursacht nach der Erwärmung eine intravaskuläre Hämolyse. Sie tritt meistens nach einer unspezifischen viralen Krankheit oder bei ansonsten gesunden Patienten auf. Bei einigen Patienten findet man eine kongenitale oder erworbene Lues. Die Schwere der Anämie und die Geschwindigkeit, mit der sie sich entwickelt, variieren. Der Verlauf kann fulminant sein. Bei Kindern ist diese Krankheit oft selbstauflösend.

Tabelle
Tabelle

Symptome und Anzeichen einer autoimmunen hämolytischen Anämie

Die Symptome der durch Wärmeantikörper verursachten hämolytischen Anämie sind meist die Folge der Anämie. Bei schwerem Krankheitsverlauf können Fieber, Thoraxschmerzen, Synkopen, oder Leber oder Herzinsuffizienz auftreten. Eine leichte Splenomegalie ist typisch. Venöse thromboembolische Ereignisse sind bei Patienten mit warmer autoimmuner hämolytischer Anämie häufig (1).

Die Kälteagglutininkrankheit tritt als akute oder chronische hämolytische Anämie auf. Andere Symptome oder Anzeichen sind Akrozyanosen, Raynaud-Syndrom, kälteassoziierte okklusive Veränderungen. Die Kälte-Agglutinin-Krankheit ist ebenfalls mit einem erhöhten Thromboserisiko assoziiert (2).

Zu den Symptomen der paroxysmalen Kältehämoglobinurie können schwere Schmerzen im Rücken und in den Beinen, Kopfschmerzen, Erbrechen, Diarrhoe und phasenweise dunkelbrauner Urin gehören. Auch eine Hepatosplenomegalie kann vorkommen.

Literatur zu Symptomen und Beschwerden

  1. 1. Audia S, Bach B, Samson M, et al. Venous thromboembolic events during warm autoimmune hemolytic anemia. PLoS One 2018;13(11):e0207218. Veröffentlicht 2018 Nov 8. doi:10.1371/journal.pone.0207218

  2. 2. Broome CM, Cunningham JM, Mullins M, et al. Increased risk of thrombotic events in cold agglutinin disease: A 10-year retrospective analysis. Res Pract Thromb Haemost 2020;4(4):628-635. Veröffentlicht am 9. April 2020. doi:10.1002/rth2.12333

Diagnose der autoimmunen hämolytischen Anämie

  • Peripherer Abstrich, Retikulozytenzahl, Laktatdehydrogenase (LDH), Haptoglobin, indirektes Bilirubin

  • Direkt Antiglobulintest

  • Thermische Amplitudentests bei der Kälteagglutininkrankheit

Eine autoimmune hämolytische Anämie sollte bei jedem Patienten mit einer hämolytischen Anämie vermutet werden (wie es das Vorliegen einer Anämie und Retikulozytose nahe legt). Bei der warmen autoimmunen hämolytischen Anämie zeigt der periphere Abstrich in der Regel Mikrosphärozyten (siehe Foto Sphärozyten) und eine hohe Retikulozytenzahl mit wenigen oder keinen Schistozyten, was auf eine extravaskuläre Hämolyse hinweist. Labortests deuten in der Regel auf eine Hämolyse hin (z. B. erhöhte LDH und indirektes Bilirubin sowie vermindertes Haptoglobin). Ein hohes mittleres korpuskulares Volumen (MCV) kann aufgrund einer extremen Retikulozytose oder einer Agglutination bei der Kälteagglutininkrankheit auftreten. Eine hämolytische Anämie bei niedriger Retikulozytenzahl ist selten, kann aber aufgrund von Faktoren wie Niereninsuffizienz, Infektionen oder Knochenmarkversagen auftreten und stellt einen medizinischen Notfall dar, der sofortige Transfusionen erfordert.

Eine autoimmune hämolytische Anämie wird durch den Nachweis von Autoantikörpern mittels eines direkten Antiglobulintests (direkter Coombs-Test) gestellt (siehe Abbildung Direkter Antiglobulintest). Antiglobulinserum wird zu gewaschenen Erythrozyten des Patienten gegeben. Die Agglutination zeigt das Vorhandensein von Immunglobulinen oder an Erythrozyten gebundenes Komplement (C) an. Bei einer hämolytischen Anämie mit warmen Antikörpern ist IgG fast immer vorhanden, und C3 (C3b und C3d) kann ebenfalls vorhanden sein. Bei der Erkrankung mit Kälteantikörpern ist C3 vorhanden, während IgG in der Regel fehlt. Der Test ist hochsensitiv für autoimmune hämolytische Anämie, wobei schätzungsweise ~5 % der AIHA-Fälle direkt Antiglobulintest-negativ (1)sind; falsch-negative Ergebnisse können auftreten, wenn die Antikörperdichte sehr niedrig ist oder, selten, wenn die Autoantikörper IgA sind.

In den meisten Fällen einer hämolytischen Anämie mit warmen Antikörpern handelt es sich bei dem Antikörper um ein IgG, das nur als Panagglutinin identifiziert wird, sodass die Antigenspezifität des Antikörpers nicht bestimmt werden kann. Bei der Erkrankung mit Kälteantikörpern handelt es sich in der Regel um ein IgM, das gegen das I/i-Kohlenhydrat auf der Erythrozytenoberfläche gerichtet ist. Antikörpertiter können in der Regel bestimmt werden, korrelieren aber nicht immer mit der Krankheitsaktivität. Der direkte Antiglobulintest (direkter Coombs-Test) kann positiv ausfallen, wenn keine autoimmune hämolytische Anämie vorliegt, und sollte daher nur unter den richtigen klinischen Bedingungen angeordnet werden. Ein falsch-positiver direkter Antiglobulintest kann durch das Vorliegen klinisch unbedeutender Antikörper oder erhöhter Paraproteine aufgrund einer IVIG-, RhD-Immunglobulin- oder Daratumumab-Therapie entstehen. Der direkte Antiglobulintest kann auch aufgrund von Alloantikörpern nach kürzlich erfolgter Transfusion und einer verzögerten hämolytischen Transfusionsreaktion positiv sein.

Der indirekte Antiglobulin (indirekter Coombs)-Test ist ein komplementärer Test, der darin besteht, das Plasma des Patienten mit normalen Erythrozyten zu mischen, um zu bestimmen, ob solche Antikörper im Plasma frei sind (siehe Abbildung Direkter Antiglobulintest). Ein positives Ergebnis bei einem indirekten Antiglobulintest und ein negatives Ergebnis bei einem direkten Test weisen in der Regel auf einen Alloantikörper hin, der durch eine Schwangerschaft, frühere Transfusionen oder eine Lektinkreuzreaktivität und nicht durch eine Immunhämolyse verursacht wurde. Selbst der Nachweis eines Wärmeantikörpers ist nicht beweisend für eine Hämolyse, da ca. 1/10.000 der gesunden Blutspender ein positives Testergebnis hat.

Nachdem eine autoimmunhämolytische Anämie durch einen Antiglobulin-Test diagnostiziert wurde, sollte durch weitere Untersuchungen zwischen einer hämolytischen Anämie durch Wärmeantikörper und einer Kälteagglutininkrankheit differenziert und der für die Bildung von Wärmeantikörpern verantwortliche Mechanismus identifiziert werden. Häufig kann diese Bestimmung bereits durch das Muster des direkten Antiglobulintests erfolgen. Es gibt drei verschiedene Muster:

  • Die Reaktion ist positiv mit Anti-IgG und negativ mit Anti-C3. Dieses Muster tritt häufig bei der idiopathischen autoimmunhämolytischen Anämie sowie beim arzneimittelassoziierten Typ oder beim Methyldopa-Typ auf. Meist liegt eine hämolytische Anämie durch Wärmeantikörper vor.

  • Die Reaktion ist positiv mit Anti-IgG und Anti-C3. Dieses Muster ist häufig bei Patienten mit systemischem Lupus erythematodes und idiopathischer autoimmunhämolytischer Anämie zu finden. Gewöhnlich handelt es sich auch hier um eine hämolytische Anämie durch Wärmeantikörper. Bei medikamentenassoziierten Fällen kommt es nur selten vor.

  • Die Reaktion ist positiv mit Anti-C3, jedoch negativ mit Anti-IgG. Dieses Muster tritt bei der Kälteagglutinin-Krankheit auf (wobei der Antikörper am häufigsten ein IgM ist). Es kann auch bei warmer hämolytischer Anämie auftreten, wenn der IgG-Antikörper eine geringe Affinität aufweist, in einigen Fällen auch bei PCH.

Andere Untersuchungen können auf die Ursache der autoimmunhämolytischen Anämie hindeuten, sind jedoch nicht beweiskräftig. Bei der Kälteagglutinin-Krankheit mit nicht erwärmtem Blut verklumpen die Erythrozyten im peripheren Blutausstrich, und automatisierte Zellzählungen zeigen häufig ein erhöhtes mittleres Korpuskularvolumen und niedriges Hämoglobin aufgrund dieser Verklumpung; die manuelle Erwärmung des Röhrchens und die erneute Zählung führen zu Werten, die deutlich näher am Normalwert liegen. Eine hämolytische Anämie durch Wärmeantikörper kann häufig von der Kälteagglutininkrankheit über die Temperatur differenziert werden, bei der der direkte Antiglobulintest positiv ausfällt. Ein Test, der bei Temperaturen 37° C positiv ist, deutet auf das Vorliegen einer hämolytischen Anämie durch Wärmeantikörper hin, wohingegen ein Test, der bei niedrigeren Temperaturen positiv ausfällt, auf eine Kälteagglutininkrankheit hindeutet.

Der Test auf thermische Amplitude bei der Kälteagglutininkrankheit misst den Temperaturbereich, in dem sich ein Kälteautoantikörper an sein Antigen bindet. Kälteantikörper, die an Antigene über 30 °C binden können, gelten als potenziell klinisch bedeutsam, und je näher sie an der Körperkerntemperatur liegen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Antikörper Symptome und eine stärkere Hämolyse verursacht.

Bei Verdacht auf eine paroxysmale Kältehämoglobinurie sollte ein Donath-Landsteiner-Test, der spezifisch für die paroxysmale Kältehämoglobinurie ist, durchgeführt werden (2). In diesem Test wird das Serum des Patienten mit normalen RBCs bei 4° C für 30 Minuten inkubiert, um die Fixierung des Komplements zu ermöglichen, und dann auf Körpertemperatur erwärmt. Die Hämolyse der RBCs während dieses Tests zeigt PCH an. Da der PCH-Antikörper das Komplement bei niedrigen Temperaturen fixiert, ist der direkte Antiglobulin (direkter Coombs)-Test positiv für C3 und negativ für IgG. Der Antikörper in PCH ist jedoch ein IgG gegen das P-Antigen.

Literatur zur Diagnose

  1. 1. Sachs UJ, Röder L, Santoso S, Bein G. Does a negative direct antiglobulin test exclude warm autoimmune haemolytic anaemia? A prospective study of 504 cases. Br J Haematol 2006;132(5):655-656. doi:10.1111/j.1365-2141.2005.05955.x

  2. 2. Tiwari AK, Aggarwal G, Mitra S, et al. Applying Donath-Landsteiner test for the diagnosis of paroxysmal cold hemoglobinuria. Asian J Transfus Sci 2020;14(1):57-59. doi:10.4103/ajts.AJTS_132_17

Behandlung der autoimmunen hämolytischen Anämie

  • Bluttransfusion bei schwerer Anämie (in der Regel mit inadäquater Retikulozytenreaktion)

  • Bei arzneimittelinduzierter hämolytischer Anämie durch Wärmeantikörper Absetzen des Arzneimittels und manchmal IV Immunglobuline

  • Bei idiopathischer warmer hämolytischer Antikörperanämie: Kortikosteroide und in refraktären Fällen Rituximab, intravenöses Immunglobulin, Immunsuppression (z. B. mit Azathioprin, Mycophenolatmofetil oder Cyclophosphamid) oder Splenektomie

  • Bei Kälteagglutininkrankheit Vermeidung von Kälte und Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung

  • Für PCH, Vermeidung von Erkältung, Immunsuppressiva und Behandlung von Syphilis, falls vorhanden. Bei Kindern ist diese Krankheit oft selbstauflösend.

Die Bluttransfusion ist die wichtigste Behandlung für symptomatische Patienten, die schnell eine schwere, lebensbedrohliche Anämie entwickeln. In dieser Situation sollte die Transfusion wegen fehlender "kompatibler" Einheiten niemals zurückgehalten werden. Im Allgemeinen haben Patienten, die keine vorherige Bluttransfusion hatten oder schwanger waren, ein geringes Risiko für eine Hämolyse von ABO-kompatiblem Blut. Selbst wenn transfundierte Zellen hämolysiert sind, kann eine Bluttransfusion lebensrettend sein, bis eine definitive Therapie durchgeführt werden kann. Bei unzureichender Retikulozytenreaktion kann Erythropoietin verabreicht werden.

Eine spezifischere Behandlung hängt von dem Mechanismus der Hämolyse ab.

Durch Wärmeantikörper verursachte hämolytische Anämie

Bei der medikamenteninduzierten hämolytischen Anämie durch Wärmeantikörper führt das Absetzen der Medikamente zu einem Rückgang der Hämolyse. Beim Methyldopa-Typ der autoimmunhämolytischen Anämie verschwindet die Hämolyse üblicherweise innerhalb von 3 Wochen, jedoch kann der Antiglobulin-Test noch > 1 Jahr positiv ausfallen. Bei der Hapten-vermittelten autoimmunhämolytischen Anämie stoppt die Hämolyse nach Verschwinden des Medikaments aus dem Plasma. Kortikosteroide und/oder Infusionen von Immunglobulin können als Zweitlinientherapien eingesetzt werden.

Bei idiopathischer warmer Antikörper-AIHA sind Kortikosteroide (z. B. Prednison 1 mg/kg p.o. einmal/Tag) die Standardbehandlung der ersten Wahl. Wenn stabile Erythrozytenwerte erreicht sind, wird die Kortikosteroiddosis langsam mit Laborüberwachung der Hämolyse (z. B. durch Hämoglobin und Retikulozytenzahl) reduziert. Ziel ist es, den Patienten vollständig von Kortikosteroiden zu entwöhnen oder Remissionen mit möglichst geringer Kortikosteroiddosis zu erhalten. Etwa zwei Drittel bis 80% der Patienten sprechen auf eine anfängliche Kortikosteroidbehandlung an, doch sind Rückfälle oder Kortikosteroidabhängigkeit häufig (1, 2, 3). Bei Patienten, die nach Beendigung der Kortikosteroidbehandlung einen Rückfall erleiden oder gegen Kortikosteroide resistent sind, wird Rituximab in der Regel als Zweitlinienmedikament eingesetzt. Viele Experten fügen der Erstlinienbehandlung auch Rituximab hinzu, insbesondere in schweren Fällen.

Zu den weiteren Behandlungsmöglichkeiten gehören zusätzliche Immunsuppressiva, Folsäure und/oder eine Splenektomie. Ungefähr ein Drittel bis die Hälfte der Patienten zeigt danach ein dauerhaftes Ansprechen (4).

In Fällen einer fulminanten Hämolyse kann eine Immunsuppression mit hochdosierten Pulskortikosteroiden oder Cyclophosphamid eingesetzt werden. Bei weniger schwerer, jedoch unkontrollierter Hämolyse kann diese durch die Infusion von Immunglobulin vorübergehend unter Kontrolle gebracht werden.

Eine Langzeitbehandlung mit Immunsuppressiva (inkl. Cyclosporin) kann bei Patienten effektiv sein, bei denen Kortikosteroide und Splenektomie versagt haben.

Bei der durch Wärmeantikörper induzierten hämolytischen Anämie wird die Kreuzprobe von Spenderblut durch das Vorhandensein von Panagglutininen erschwert. Darüber hinaus könnten Transfusionen den Autoantikörper mit einem Alloantikörper überlagern, was die Hämolyse beschleunigen würde. Daher sollten Transfusionen mit Bedacht verabreicht werden, wenn die Anämie nicht schwerwiegend ist, aber bei Patienten mit schwerer oder fortschreitender autoimmuner hämolytischer Anämie sollten sie nicht verweigert werden, insbesondere wenn die Retikulozytenzahl nicht ausreicht, um die Anämie auszugleichen.

Da die Rate der venösen Thromboembolien bei Patienten mit warmer AIHA erhöht ist, sollten die Patienten während des Krankenhausaufenthalts eine pharmakologische Prophylaxe erhalten.

Kälteagglutininkrankheit

In vielen Fällen kann die Vermeidung kalter Umgebungen und anderer Auslöser der Hämolyse ausreichen, um eine symptomatische Anämie zu verhindern.

In Fällen, die bei einem Patienten mit einer lymphoproliferativen Erkrankung auftreten, richtet sich die Behandlung auf die zugrunde liegende Erkrankung. Rituximab, manchmal mit Bendamustin, wird häufig verwendet, und Chemotherapieschemata zur Behandlung von lymphoproliferativen Erkrankungen können wirksam sein. In einer kleinen, randomisierten klinischen Studie wurde gezeigt, dass Sutimlimab, ein Inhibitor des klassischen Komplementwegs, bei etwa der Hälfte der Patienten mit Kälteagglutinin-Krankheit die Hämoglobinwerte erhöht und den Transfusionsbedarf verringert (5). Es ist eine Behandlungsoption für Patienten mit schwerer Anämie, aber es wird empfohlen, zuerst gegen Infektionserreger zu impfen oder gleichzeitig eine antimikrobielle Prophylaxe durchzuführen.

In schweren Fällen ist die Plasmapherese eine wirksame temporäre Behandlung. Transfusionen sollten nur sehr bei schwerer Anämie verabreicht werden, wobei das Blut über einen Infusionswärmer temperiert wird.

Eine Splenektomie hat gewöhnlich keinen therapeutischen Stellenwert. und Immunsuppressiva sind nur mäßig wirksam.

Paroxysmale Kältehämoglobinurie

Bei der paroxysmalen Kältehämoglobinurie besteht die Therapie in der strikten Vermeidung einer Kälteexposition. Immunsuppressiva sind effektiv, doch sollte der Gebrauch auf progressive oder idiopathische Fälle beschränkt bleiben.

Eine Splenektomie hat keinen therapeutischen Stellenwert.

Die Behandlung einer begleitenden Lues kann zur Heilung der paroxysmalen Kältehämoglobinurie führen.

Literatur zur Behandlung

  1. 1. Abdallah GEM, Abbas WA, Elbeih EAS, Abdelmenam E, Mohammed Saleh MF. Systemic corticosteroids in the treatment of warm autoimmune hemolytic anemia: A clinical setting perspective. Blood Cells Mol Dis 2021;92:102621. doi:10.1016/j.bcmd.2021.102621

  2. 2. Birgens H, Frederiksen H, Hasselbalch HC, et al. A phase III randomized trial comparing glucocorticoid monotherapy versus glucocorticoid and rituximab in patients with autoimmune haemolytic anaemia. Br J Haematol 2013;163(3):393-399. doi:10.1111/bjh.12541

  3. 3. Zupańska B, Sylwestrowicz T, Pawelski S. The results of prolonged treatment of autoimmune haemolytic anaemia. Haematologia (Budap) 1981;14(4):425-433.

  4. 4. Maskal S, Al Marzooqi R, Fafaj A, et al. Clinical and surgical outcomes of splenectomy for autoimmune hemolytic anemia. Surg Endosc 2022;36(8):5863-5872. doi:10.1007/s00464-022-09116-x

  5. 5. Roth A, Barcellini W, D'Sa S, et al: Sutimlimab in cold agglutinin disease. N Engl J Med 384(14):1323–1334, 2021. doi: 10.1056/NEJMoa2027760

Wichtige Punkte

  • Basierend auf der Temperatur, bei der die Autoantikörper mit den Erythrozyten reagieren, wird eine autoimmune hämolytische Anämie in die durch Wärmeantikörper verursachte hämolytische Anämie und die Kälteagglutininkrankheit unterteilt.

  • Die Hämolyse ist bei der hämolytischen Anämie mit warmen Antikörpern in der Regel schwerwiegender und kann tödlich sein, wenn auch eine Retikulozytopenie vorliegt.

  • Immunglobulin und/oder ein Komplement, das an die Erythrozyten des Patienten gebunden ist, werden durch das Auftreten von Agglutination angezeigt, nachdem Antiglobulinserum zu gewaschenen Erythrozyten (positiver direkter Antiglobulintest) hinzugefügt wird.

  • Das Muster der direkten Antiglobulinreaktion kann dabei helfen, die hämolytische Anämie durch Wärmeantikörper von einer Kälteagglutininkrankheit zu unterscheiden.

  • Die Behandlung ist auf die Ursache gerichtet (einschließlich des Stoppens von Medikamenten, der Vermeidung von Erkältung, der Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung).

  • Kortikosteroide bleiben die erste Wahl bei der Behandlung der idiopathischen, hämolytischen Erkrankung mit warmen Atikörpern.