Bei der weiblichen Orgasmusstörung bleibt der Orgasmus trotz normaler subjektiver Erregung aus, kommt nur selten vor, ist in seiner Intensität deutlich vermindert oder reagiert deutlich verzögert auf Stimulation.
Weibliche Orgasmusstörungen können primär oder sekundär sein:
Primär: Frauen konnten nie einen Orgasmus haben.
Sekundär: Frauen waren früher in der Lage, einen Orgasmus zu haben, sind jetzt aber nicht mehr dazu in der Lage.
(Siehe auch Übersicht zu Sexualfunktionen und Sexualstörungen der Frau.)
Ätiologie der weiblichen Orgasmusstörung
Zu den Faktoren, die zur weiblichen Orgasmusstörung beitragen, gehören
Kontextbezogene Faktoren (z. B. dauerhaft unzureichendes Vorspiel, frühe Ejakulation durch den Partner, ungenügende Kommunikation der sexuellen Präferenzen)
Psychologische Faktoren (z. B. Angst, Stress, fehlendes Vertrauen in einen Partner)
Kulturelle Faktoren (z. B. mangelnde Anerkennung oder Beachtung der weiblichen sexuellen Lust)
Medikamentöse Therapie (z. B. einige Antipsychotika oder, häufig, selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer [SSRIs])
Mangelndes Wissen über die sexuelle Funktion
Schädigung der sensorischen oder autonomen Nerven oder Bahnen im Genitalbereich (z. B. aufgrund von Diabetes oder Multipler Sklerose)
Vulvadystrophie (z. B. Lichen sclerosus)
Symptome und Anzeichen der weiblichen Orgasmusstörung
Frauen mit Orgasmusstörungen können auch andere Arten von sexuellen Dysfunktionen (z. B. Dyspareunie, Beckenbodenfunktionsstörungen) haben. Angststörungen und Depressionen sind auch häufiger bei Frauen mit dieser Störung.
Diagnose der weiblichen Orgasmusstörung
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Fifth Edition, Text Revision (DSM-5-TR) criteria (1)
Der Kliniker befragt die Frau und manchmal ihren Partner; die Frau wird gebeten, das Problem in ihren eigenen Worten zu beschreiben, und sollte dabei bestimmte Elemente einbeziehen (siehe Tabelle Inhalte der Sexualanamnese bei der Abklärung der weiblichen sexuellen Dysfunktion).
Die Diagnose der Orgasmusstörung wird klinisch gestellt und basiert auf den Kriterien des DSM-5-TR:
Verzögerter, seltener oder ausbleibender Orgasmus oder deutlich verminderte Intensität des Orgasmus nach einer normalen sexuellen Erregungsphase bei allen oder fast allen sexuellen Aktivitäten
Stress oder zwischenmenschliche Probleme aufgrund von Orgasmusstörungen
Keine andere Störung oder Substanz, die ausschließlich für die orgasmische Dysfunktion verantwortlich ist
Die Symptome müssen für ≥ 6 Monate vorhanden gewesen sein.
Da die Art der Stimulation, die einen Orgasmus auslöst, sehr unterschiedlich ist, muss der Arzt nach seinem klinischen Urteilsvermögen entscheiden, ob die Reaktion der Frau unzureichend ist, je nach ihrem Alter, ihrer sexuellen Erfahrung und der Angemessenheit der sexuellen Stimulation, die sie erhält.
Diagnosehinweis
1. American Psychiatric Association: Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5th ed. Text Revision (DSM-5-TR). Washington, DC, American Psychiatric Association, 2022.
Behandlung der weiblichen Orgasmusstörung
Selbstbefriedigung
Sexualtherapie
Psychotherapien
Erfahrungsberichte sprechen dafür, dass die Patientinnen zur Selbstbefriedigung ermutigt werden sollten (Masturbation). Die Erstbehandlung von Orgasmusstörungen bei Frauen ist die gezielte Masturbation, die eine Reihe von vorgeschriebenen Übungen umfasst.
Ein Vibrator, am Mons pubis nahe der Klitoris angelegt, wie auch eine Zunahme der Anzahl und Intensität der Reize, ggf. gleichzeitig, kann hilfreich sein. Eine Aufklärung über die Sexualfunktionen (z. B. über die Notwendigkeit, vor der Klitoris zunächst andere Körperregionen zu stimulieren) kann von Nutzen sein.
Eine Sexualtherapie für Frauen, ob mit oder ohne Partner, kann ihnen oft bei Problemen mit ihrer sexuellen Leistungsfähigkeit und ihren Gefühlen helfen.
Andere psychologische Therapien, einschließlich kognitiver Verhaltenstherapie und Psychotherapie, können Frauen dabei helfen, ihre Angst vor Verletzlichkeit und Probleme mit dem Vertrauen zu ihrem Partner zu erkennen und zu bewältigen. Die Methode der Achtsamkeit und die achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie (MBCT) können dazu beitragen, dass die Frauen auf ihre sexuellen Empfindungen (Verbleib im gegenwärtigen Moment) achten und diese nicht beurteilen oder beobachten.
Derzeit gibt es keine Daten, die darauf hindeuten, dass irgendein Medikament bei der Behandlung von Orgasmusstörungen der Frau wirksam ist.
Wichtige Punkte
Diagnostizieren Sie eine orgasmische Störung basierend auf klinischen Kriterien des DSM-5-TR.
Behandeln Sie mit gezielter Masturbation, in der Regel als First-Line-Therapie.
Empfehlen Sie Sexualtherapie und andere psychologische Therapien, um Frauen dabei zu helfen, die Faktoren zu erkennen und zu bewältigen, die zu Orgasmusstörungen beitragen.