Juckreiz

(Pruritus)

VonJulia Benedetti, MD, Harvard Medical School
Überprüft/überarbeitet Jan. 2024
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Juckreiz ist ein Symptom, das erhebliche Beschwerden verursachen kann, und einer der häufigsten Gründe für die Konsultation eines Dermatologen. Juckreiz führt zu Kratzen, was eine Entzündung, eine Hautschädigung und eine mögliche sekundäre Infektion verursachen kann. Die Haut kann lichenifiziert, schuppig, und abgeschürft sein.

(Siehe auch Beurteilung des dermatologischen Patienten.)

Pathophysiologie des Juckreizes

Juckreiz kann durch verschiedene Stimuli verursacht werden, zum Beispiel durch leichte Berührung, Vibration und Wollfasern. Es gibt eine Reihe von chemischen Mediatoren sowie verschiedene Mechanismen, mit denen das Gefühl des Juckens auftritt. Spezifische periphere sensorische Neuronen vermitteln die Juckreizempfindung. Diese Neuronen unterscheiden sich von denen, die auf leichte Berührung oder Schmerz reagieren; sie enthalten einen Rezeptor, MrgA3, dessen Stimulation das Gefühl von Juckreiz hervorruft.

Mediatoren

Histamin ist der bekannte Mediator. Es wird in Mastzellen in der Haut synthetisiert und gespeichert, und in Reaktion auf verschiedene Reize freigesetzt. Andere Mediatoren (z. B. Neuropeptide) können entweder die Freisetzung von Histamin bewirken oder selbst als Auslöser des Juckreizes agieren, was erklärt, warum Antihistaminika einige Fälle von Juckreiz verbessern und andere nicht. Opioide haben eine zentrale pruritische Tätigkeit sowie die Stimulierung des peripher vermittelten Histaminjuckreizes.

Mechanismen

Es gibt 3 Mechanismen des Juckreizes:

  • Dermatologisch: Dieser Mechanismus wird in der Regel durch entzündliche oder pathologische Prozesse (z. B. Urtikaria, Ekzeme) verursacht.

  • Systemisch: Dieser Mechanismus steht im Zusammenhang mit Erkrankungen anderer Organe als der Haut (z. B. Cholestase).

  • Neurogen: Dieser Mechanismus steht im Zusammenhang mit Erkrankungen des zentralen oder peripheren Nervensystems (z. B. multiple Sklerose).

Intensiver Juckreiz animiert zu kräftigem Kratzen, was wiederum zu sekundären Hauterkrankungen führt (z. B. Entzündung, Exkoriation, Infektion), welche zu mehr Juckreiz durch Zerstörung der Hautbarrire führen können. Auch wenn Kratzen temporär das Gefühl des Juckens durch Aktivierung hemmender neuraler Schaltkreise verringern kann, führt es auch zur Verstärkung des Juckreizes auf der Ebene des Gehirns, was den Juck-Kratz-Kreis verschlimmert.

Ätiologie des Juckreizes

Juckreiz kann ein Symptom einer primären Hauterkrankung oder einer systemischen Erkrankung sein. Auch Drogen und Medikamente können Juckreiz verursachen (siehe Tabelle Ursachen für Juckreiz).

Erkrankungen der Haut

Viele Hauterkrankungen verursachen Juckreiz. Zu den häufigsten gehören

Systemische Erkrankungen

Bei systemischen Erkrankungen kann Juckreiz mit oder ohne Hautläsionen auftreten. Wenn der Juckreiz allerdings schwer und ohne erkennbare Hautläsionen ist, sollten systemische Erkrankungen und Arzneimittel stärker überprüft werden. Systemische Erkrankungen sind im Vergleich zu Hauterkrankungen weniger häufig eine Ursache von Juckreiz, aber einige der häufigeren Ursachen umfassen

Weniger häufige systemische Ursachen von Juckreiz umfassen Hyperthyreose, Hypothyreose, Diabetes, Eisenmangel, Dermatitis herpetiformis Duhring und Polycythaemia vera.

Medikamente

Medikamente und andere Substanzen können Juckreiz als eine allergische Reaktion oder durch direktes Auslösen einer Histaminfreisetzung verursachen (meist Morphin, einige IV Kontrastmittel).

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Untersuchung des Juckreizes

Anamnese

Anamnese der jetzigen Krankheit sollte Auftreten des Juckreizes, ursprünglichen Ort, Verlauf, Dauer, Muster des Juckreizes (z. B. nächtlich oder tagaktiv, intermittierend oder persistierend, saisonale Schwankungen) sowie das Vorhandenseins eines Ausschlages bestimmen. Eine sorgfältige Medikamentenanamnese sollte vorliegen, die sowohl verschreibungspflichtige als auch rezeptfreie Medikamente enthält, mit besonderer Aufmerksamkeit auf Medikamente, mit deren Einnahme erst vor kurzem begonnen wurde. Die Verwendung von Feuchtigkeitscremes und anderen Arzneimitteln zur äußeren Anwendung (z. B. Hydrocortison, Diphenhydramin) bei Patienten sollten überprüft werden. Die Anamnese sollte alle Faktoren, die das Jucken besser oder schlechter machen, umfassen.

Eine Überprüfung der Organsysteme sollte nach Symptomen der ursächlichen Erkrankungen forschen, einschließlich

  • Reizbarkeit, Schwitzen, Gewichtsverlust, und Palpitationen (Hyperthyreose)

  • Depressionen, trockene Haut und Gewichtszunahme (Hypothyreose)

  • Kopfschmerzen, Pica, schütteres Haar und Belastungsintoleranz (Eisenmangelanämie)

  • Allgemeinsymptome wie Gewichtsverlust, Müdigkeit und Nachtschweiß (Krebs)

  • Vorübergehende Schwäche, Taubheit, Kribbeln und Sehstörungen oder Sehverlust (Multiple Sklerose)

  • Steatorrhö, Gelbsucht und im rechten oberen Quadranten Schmerzen (Cholestase)

  • Häufiger Harndrang, übermäßiger Durst und Gewichtsverlust (Diabetes)

Anamnese der bisherigen Arzneimittel sollte bekannte ursächliche Erkrankungen (z. B. Nierenerkrankung, cholestatische Erkrankung, Krebs mit Chemotherapie-Behandlung) und den emotionalen Zustand des Patienten identifizieren. Die soziale Anamnese sollte sich auf Familienmitglieder mit ähnlichen Juckreiz- und Hautsymptomen (z. B. Skabies, Pedikulose); den Zusammenhang von Juckreiz und Beruf oder Exposition zu Pflanzen, Tieren oder Chemikalien; und die Geschichte der letzten Reisen konzentrieren.

Körperliche Untersuchung

Die körperliche Untersuchung beginnt mit einer Überprüfung des klinischen Erscheinungsbildes auf Anzeichen von Ikterus, Gewichtsabnahme oder Gewichtszunahme, und Müdigkeit. Eine genaue Untersuchung der Haut sollte durchgeführt werden, um Anwesenheit, Morphologie, Umfang und Verteilung der Läsionen zu erfassen. Eine Hautuntersuchung sollte auch Anzeichen einer sekundären Infektion (z. B. Erythema, Schwellung, Wärme, gelb- oder honigfarbene Krusten) ermitteln.

Die Untersuchung sollte signifikante Drüsenerkrankungen festhalten, welche auf Krebs hindeuten. Eine Untersuchung des Bauches sollte sich auf Organomegalie, Mengen, und Empfindlichkeit (cholestatische Erkrankung oder Krebs) konzentrieren. Eine neurologische Untersuchung sollte sich auf Schwäche, Spastik oder Taubheit (multiple Sklerose) konzentrieren.

Warnzeichen

Die folgenden Ergebnisse sind von besonderer Bedeutung:

  • Allgemeinsymptome wie Gewichtsverlust, Müdigkeit und Nachtschweiß

  • Schwäche in den Extremitäten, Taubheit oder Kribbeln

  • Bauchschmerzen und Ikterus

  • Häufiger Harndrang, übermäßiger Durst und Gewichtsverlust

Interpretation der Befunde

Ein generalisierter Juckreiz, der kurz nach der Einnahme eines Medikaments oder der Exposition gegenüber einer Substanz (z. B. intravenöses Kontrastmittel) beginnt, wird wahrscheinlich durch dieses Mittel verursacht. Lokalisierter Juckreiz (oft mit Hautausschlag), der im Bereich des Kontaktes mit einer Substanz auftritt, wird wahrscheinlich durch diese Substanz verursacht. Allerdings können viele systemische Allergien schwer zu identifizieren sein, weil die Patienten in der Regel mehrere verschiedene Lebensmitteln konsumiert haben und in Kontakt mit vielen Substanzen kamen, bevor sich der Juckreiz entwickelt. In ähnlicher Weise kann die Identifizierung eines Arzneimittels als Ursache schwierig sein, wenn der Patient mehrere Medikamente einnimmt. Manchmal nimmt der Patient das Medikament für Monate oder sogar Jahre, bevor sich eine Reaktion entwickelt.

Wenn eine Ätiologie nicht sofort ersichtlich ist, können Aussehen und Lage der Hautläsionen eine Diagnose andeuten (siehe Tabelle Ursachen für Juckreiz).

In der Minderheit der Patienten, bei denen keine Hautläsionen evident sind, sollte eine systemische Erkrankung berücksichtigt werden. Einige Erkrankungen, die Juckreiz verursachen, sind bei der Auswertung leicht erkennbar (z. B. chronisches Nierenversagen, cholestatische Ikterus). Andere systemische Störungen, die Juckreiz verursachen, werden durch die Befunde angedeutet (siehe Tabelle Ursachen für Juckreiz). Selten ist Juckreiz die erste Manifestation von signifikanten systemischen Erkrankungen (z. B. Polycythaemia vera, bestimmte Krebsarten, Hyperthyreose).

Tests

Viele dermatologische Erkrankungen sind klinisch diagnostiziert. Wenn der Juckreiz jedoch durch diskrete Hautläsionen von unklarer Ätiologie begleitet wird, kann eine Biopsie angemessen sein.

Wenn eine allergische Reaktion vermutet wird, aber die Substanz unbekannt ist, werden oft Hauttests durchgeführt (je nach vermuteter Ätiologie entweder Prick-Test oder Patch-Test).

Bei Verdacht auf eine systemische Erkrankung sind die Tests auf die vermutete Ursache gerichtet und beinhalten in der Regel ein Blutbild; Leberwerte, Nierenwerte und Schilddrüsenparameter; und entsprechende Untersuchungen für zugrunde liegenden Krebs.

Behandlung von Juckreiz

Jede zugrunde liegende Erkrankung wird behandelt. Unterstützende Behandlung beinhaltet die folgenden (siehe auch Tabelle Einige Therapieansätze zu Juckreiz):

  • Lokale Hautpflege

  • Topische Behandlung

  • Systemische Behandlung

Hautpflege

Juckreiz jeglicher Ursache lässt sich durch kühles oder lauwarmes (statt heißes) Wasser beim Baden, milde oder feuchtigkeitsspendende Seife, begrenzte Badedauer und -häufigkeit, häufiges Eincremen, Befeuchten der trockenen Luft und Vermeiden von reizender Kleidung lindern. Die Vermeidung von Reizstoffen (z. B. Wollkleidung) kann ebenfalls hilfreich sein.

Topische Behandlung

Bei lokalisiertem Jucken sind oft topische Medikamente wirksam. Zu den Optionen gehören Lotionen oder Cremes, die Kampfer und/oder Menthol, Pramoxin, Capsaicin oder Kortikosteroide enthalten. Kortikosteroide sind wirksam bei der Linderung von Juckreiz durch eine Entzündung, sollten aber vermieden werden, wenn es keine Anzeichen von Entzündungen gibt.

Topisches Benzocain, Diphenhydramin und Doxepin sollten vermieden werden, da sie die Haut sensibilisieren können.

Systemische Behandlung

Bei generalisiertem oder lokalem Juckreiz, der nicht auf topische Mittel anspricht, werden systemische Medikamente indiziert. Antihistaminika, vor allem Hydroxyzin, sind effektiv, vor allem bei nächtlichem Juckreiz, und werden am häufigsten verwendet. Sedierende Antihistaminika sollten bei älteren Patienten tagsüber nur mit Vorsicht angewandt werden, da sie zu Stürzen führen können; neuere nicht-sedierende Antihistaminika, wie Loratadin, Fexofenadin und Cetirizin, können tagsüber gegen Juckreiz hilfreich sein. Andere Medikamente sind Doxepin (wegen des hohen Grads der Sedierung für gewöhnlich nachts eingenommen), Cholestyramin (bei Nierenversagen, Cholestase und Polycythaemia vera), Opioid-Antagonisten wie Naltrexon (bei biliärer Pruritus) und möglicherweise Gabapentin (bei urämischer Pruritus).

Physikalische Mittel, die wirksam gegen Juckreiz sein können, umfassen UV-Phototherapie.

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Grundlagen der Geriatrie: Juckreiz

Altersbedingte Veränderungen im Immunsystem und in Nervenfasern können bei älteren Erwachsenen zu der hohen Prävalenz von Juckreiz beitragen.

Xerotische Ekzeme sind sehr häufig bei älteren Patienten. Es ist besonders wahrscheinlich, wenn der Juckreiz in erster Linie an den unteren Extremitäten ist.

Schwerer, diffuser Juckreiz bei älteren Menschen sollte Anlass zur Sorge um Krebs geben, vor allem, wenn eine andere Ätiologie nicht sofort ersichtlich ist.

Bei der Behandlung älterer Patienten kann die Sedierung mit Antihistaminika ein erhebliches Problem darstellen, sodass eine Dosisreduktion angemessen sein kann. Die Verwendung nicht-sedierender Antihistaminika während des Tages und sedierender Antihistaminika in der Nacht, liberale Anwendung von topischen Salben und Kortikosteroiden (wenn zutreffend), und die Berücksichtigung von UV-Phototherapie können helfen, die Komplikationen der Sedierung zu vermeiden.

Wichtige Punkte

  • Juckreiz ist in der Regel ein Symptom für eine Erkrankung der Haut oder eine systemische allergische Reaktion, kann aber von einer systemischen Erkrankung resultieren.

  • Wenn Hautveränderungen nicht erkennbar sind, sollten die Ursachen untersucht werden.

  • Hautpflege (z. B. begrenztes Baden, Vermeidung von Reizstoffen, regelmäßige Feuchtigkeitsspende, Befeuchtung der Umwelt) sind zu beachten.

  • Die Symptome können durch topische oder systemische Medikamente gelindert werden.