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Rezeptfreie Medikamente und damit verbundene Vorsichtsmaßnahmen

VonShalini S. Lynch, PharmD, University of California San Francisco School of Pharmacy
Überprüft vonEva M. Vivian, PharmD, MS, PhD, University of Wisconsin School of Pharmacy
Überprüft/überarbeitet März 2025 | Geändert Apr. 2025
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Quellen zum Thema

Sehr junge, sehr alte und sehr kranke Menschen, aber auch Schwangere und Stillende sind besonders durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen gefährdet. Das gilt auch für rezeptfreie Medikamente. Wenn solche Menschen Medikamente einnehmen, sollten spezielle Vorsichtsmaßnahmen beachtet werden, einschließlich die einer ärztlichen Aufsicht.

Um riskante Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln zu vermeiden, sollten Patienten einen Apotheker oder Arzt konsultieren, bevor sie rezeptpflichtige und rezeptfreie Medikamente gleichzeitig einnehmen. Personen mit chronischen Erkrankungen sollten ebenfalls einen Apotheker oder Arzt konsultieren. Rezeptfreie Medikamente wurden nicht für die Behandlung schwerwiegender Erkrankungen entwickelt und können einige Erkrankungen sogar verschlimmern. Unerwartete Erkrankungen wie ein Ausschlag oder Schlaflosigkeit sind als Signale zu deuten, die Einnahme des Medikaments sofort abzubrechen und einen Arzt aufzusuchen.

Kinder

Der Körper von Kindern verarbeitet und reagiert anders auf Medikamente als der von Erwachsenen. Es kann vorkommen, dass ein Medikament jahrelang von vielen Menschen verwendet wird, ehe seine Gefahren für Kinder entdeckt werden. Beispielsweise dauerte es Jahre, bis Forschungsergebnisse zeigten, dass das Auftreten des Reye-Syndroms mit der Gabe von Aspirin an Kinder mit Windpocken oder Grippe in Verbindung steht. Ärzte und Eltern sind häufig überrascht, dass die meisten rezeptfreien Medikamente nicht speziell bei Kindern geprüft worden sind, nicht einmal, wenn sie Dosierungsempfehlungen für Kinder geben.

Die Bestimmung der korrekten Medikamentendosis für ein Kind kann schwierig sein. Auch wenn kindgerechte Dosierungen oft nach Altersgruppen (z. B. 2 bis 6 Jahre oder 6 bis 12 Jahre) angegeben werden, ist das Alter nicht das beste Kriterium. In jeder Altersstufe können sich Kinder in Bezug auf ihre Größe erheblich voneinander unterscheiden. Deshalb empfehlen Ärzte sich bei der Dosisbestimmung von rezeptfreien Medikamenten nach dem Gewicht des Kindes zu richten.

Wenn das Etikett keine Anweisungen enthält, in welcher Dosishöhe das Medikament für ein Kind angemessen ist, sollten die Eltern nicht versuchen, dies zu erraten. Im Zweifelsfall sollte ein Elternteil einen Arzt oder Apotheker konsultieren. Durch eine solche Beratung kann verhindert werden, dass ein Kind eine gefährlich hohe Dosis von einem eigentlich hilfreichen Medikament erhält.

Viele Medikamente für Kinder werden als Saft angeboten. Auch wenn das Etikett klare Anweisungen bzgl. der Dosis enthalten sollte, könnte die Verwendung eines gewöhnlichen Teelöffels zu einer falschen Dosierung führen. Die einzigen Löffel, mit denen die Dosis eines Medikaments in Saftform abgemessen werden kann, sind Messlöffel. Ein zylindrischer Messlöffel eignet sich zur Messung der Dosis für Kinder jedoch weitaus besser. Eine Spritze zur oralen Verabreichung wird für die Messung und das Spritzen einer bestimmten Medikamentenmenge in den Mund eines Kleinkindes bevorzugt. Vor dem Gebrauch einer oralen Spritze sollte stets die Kappe entfernt werden. Ein Kind kann an einer versehentlich verschluckten Verschlusskappe, die in der Luftröhre des Kindes stecken bleibt, ersticken. Gelegentlich werden Medikamente zur Behandlung von Kindern mit einer Messvorrichtung geliefert. In diesem Fall sollte die mitgelieferte Messvorrichtung zur Bestimmung der für Kinder geeigneten Dosierung verwendet werden.

Viele Medikamente für Kinder sind in mehreren Formen erhältlich. Erwachsene müssen Etiketten von jedem neuen Medikament für ein Kind aufmerksam lesen.

Rezeptfreie Husten- und Erkältungsmittel für Kinder

Kinder sind besonders empfänglich für Erkältungserkrankungen, und deren Symptome empfinden sie als besonders unangenehm. Eltern und Betreuer wollen diese Symptome verständlicherweise lindern.

Kinder unter 4 Jahren sollten keine rezeptfreien Husten- oder Erkältungspräparate erhalten. Kinder im Alter von 4 bis 6 Jahren sollten die Medikamente erst nach Absprache mit dem Arzt des Kindes erhalten.

Betreuer sollten sicherstellen, dass sie nur für Alter und Gewicht von Kindern formulierte Produkte verwenden.

Ältere Erwachsene

Der Alterungsprozess verändert die Geschwindigkeit, aber auch die Art und Weise, mit der der Körper Medikamente verstoffwechselt (siehe Arzneimittel im Alter). Ältere Erwachsene neigen dazu, an mehreren Erkrankungen zu leiden und zeitgleich mehrere Medikamente zu nehmen. Aus diesen Gründen sind ältere Erwachsene mit höherer Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit Medikamenten betroffen. Auf immer mehr Etiketten rezeptpflichtiger Medikamente wird angegeben, ob für ältere Erwachsene andere Dosierungen erforderlich sind. Solche Informationen sind auf Etiketten rezeptfreier Medikamente eher selten zu finden.

Viele rezeptfreie Medikamente sind für ältere Erwachsene potenziell gefährlich. Das Risiko erhöht sich, wenn die Medikamente regelmäßig in der höchsten Dosis eingenommen werden. So kann ein älterer Erwachsener mit Arthritis regelmäßig Schmerzmittel oder Entzündungshemmer einnehmen, was jedoch ernsthafte Konsequenzen zur Folge haben kann, zum Beispiel in Form eines blutenden peptischen Geschwürs. Solch ein Geschwür kann für einen älteren Erwachsenen lebensbedrohlich sein und ohne vorherige Anzeichen auftreten.

Viele Antihistaminika wie etwa Diphenhydramin werden als „sedierende“ Antihistaminika bezeichnet und bergen besondere Risiken für ältere Erwachsene. Viele Mittel zur nächtlichen Schmerzlinderung, Erkältungsmittel, antiallergische Medikamente und Schlafmittel enthalten sedierende Antihistaminika. Diese Antihistaminika können Benommenheit oder Erschöpfung verursachen und einige Erkrankungen verschlimmern, die häufig bei älteren Erwachsenen auftreten. Hierzu zählen ein Engwinkelglaukom sowie eine vergrößerte Prostata. Zudem können sie zu Schwindel oder Benommenheit führen und damit Stürze und Knochenbrüche nach sich ziehen. Besonders bei hoher Dosierung und in Kombination mit anderen Medikamenten können Antihistaminika Sehstörungen, Schwindel, Mundtrockenheit, Schwierigkeiten beim Wasserlassen, Verstopfung und Verwirrtheit hervorrufen. Fexofenadin, Cetirizin und Loratadin gelten als „nicht-sedierende“ Antihistaminika und neigen weniger dazu, Benommenheit oder andere Nebenwirkungen hervorzurufen.

Ältere Erwachsene sind auch empfänglicher für die möglichen Nebenwirkungen von Antazida. Aluminiumhaltige Mittel rufen häufiger Verstopfung hervor, die magnesiumhaltigen führen eher zu Durchfall und Austrocknung.

Bei Arztbesuchen sollten ältere Erwachsene stets alle rezeptfreien Arzneimittel erwähnen, die sie einnehmen, einschließlich Vitamine, Mineralstoffe und Heilkräuter. Mit Hilfe dieser Informationen kann der Arzt die gesamte Medikation dahingehend bewerten, ob ein rezeptfreies Medikament für bestimmte Symptome verantwortlich sein könnte.

Erkennen sedierender Antihistaminika

Zahlreiche rezeptfreie Medikamente, darunter Mittel gegen Erkältungen, Allergien und Reisekrankheit sowie Schlafmittel, enthalten Antihistaminika. Viele sedierende Antihistaminika beeinträchtigen die Reaktionsfähigkeit, haben viele andere Nebenwirkungen und können für Menschen mit bestimmten Erkrankungen gefährlich sein. Daher ist es hilfreich, wenn man selbst erkennen kann, ob ein Mittel Antihistaminika enthält. Rezeptfreie Antihistaminika werden auf der Packung unter aktiven Bestandteilen aufgelistet. U. a. folgende Antihistaminika sind mit solchen Nebenwirkungen verbunden:

  1. Brompheniramin

  2. Chlorpheniramin

  3. Dexbrompheniramin

  4. Dimenhydrinat

  5. Diphenhydramin

  6. Doxylamin

  7. Phenindamin

  8. Pheniramin

  9. Pyrilamin

  10. Triprolidin

Schwangere und stillende Frauen

Medikamente können von einer schwangeren Frau in erster Linie über die Plazenta auf den Fetus übergehen (siehe Übertragung von Arzneimitteln während der Schwangerschaft) bzw. nach der Geburt mit der Muttermilch an den Säugling weitergegeben werden. Manche dieser Medikamente können den Fötus oder Säugling schädigen. Daher sollten schwangere und stillende Frauen ihren Arzt oder Apotheker konsultieren, bevor sie ein rezeptfreies Medikament oder Heilkräuterpräparat nehmen. Darüber hinaus sollten sie das Etikett der rezeptfreien Medikamente auf entsprechende Warnhinweise hin überprüfen.

Bestimmte Gruppen von Medikamenten sind besonders problematisch. Hierzu gehören Antihistaminika, die häufig in Medikamenten gegen Erkältungen, Allergien, Reisekrankheit und Schlafmitteln enthalten sind, und nichtsteroidale Entzündungshemmer (NSAR). Letztere sollten nur auf ausdrückliche Anweisung eines Arztes eingenommen werden, da sie vor allem in den letzten 3 Monaten der Schwangerschaft dem Fötus schaden und zu Geburtskomplikationen führen können.

Menschen mit chronischen Erkrankungen

Eine Reihe chronischer Beschwerden können sich verschlimmern, wenn ein rezeptfreies Medikament falsch eingenommen wird. Da rezeptfreie Medikamente primär für die gelegentliche Anwendung durch an sich gesunde Menschen vorgesehen sind, sollten Menschen mit chronischen oder schwerwiegenden Erkrankungen oder Menschen, die vorhaben, ein rezeptfreies Medikament täglich einzunehmen, vor dem Kauf einen Arzt konsultieren. In solchen Situationen geht die Verwendung von Medikamenten über die Grenzen einer normalen Selbstmedikation hinaus und erfordert fachkundigen Rat.

Tabelle
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Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln

Viele Menschen vergessen, die von ihnen verwendeten rezeptfreien Medikamente gegenüber ihrem Arzt oder Apotheker zu erwähnen. Medikamente, die zeitweise eingenommen werden, etwa gegen Erkältung, Verstopfung oder gelegentliche Kopfschmerzen, werden sogar noch seltener erwähnt. Medizinische Fachkräfte vergessen möglicherweise, nach der Einnahme von rezeptfreien Medikamenten, Nahrungsergänzungsmitteln oder Heilkräutern zu fragen, wenn sie ein Rezept ausstellen oder ein Medikament ausgeben. Dennoch können viele rezeptfreie Medikamente und Heilkräuter in Verbindung mit vielen anderen Medikamenten unerwünschte Wechselwirkungen auslösen (siehe Arzneimittel-Wechselwirkungen).

Manche dieser Wechselwirkungen können schwerwiegend sein, die Wirksamkeit eines Medikaments beeinträchtigen oder Nebenwirkungen verursachen. So kann die Einnahme von Aspirin mit dem Antikoagulans Warfarin das Risiko abnormer Blutungen erhöhen. Ein Antazidum mit Aluminium oder Magnesium kann die Absorption von Digoxin verringern, das bei Herzerkrankungen eingenommen wird. Die Einnahme einer Vielzahl von Vitamin- und Mineralienpräparaten kann die Wirkung einiger rezeptpflichtiger Medikamente beeinträchtigen. So können die Antibiotika Tetrazyklin, Ciproflaxin oder Levofloxacin unwirksam werden, wenn es zusammen mit einem Produkt eingenommen wird, das Kalzium, Magnesium oder Eisen enthält.

Wechselwirkungen unter rezeptfreien Mitteln sind noch nicht systematisch erforscht. Viele ernsthafte Probleme wurden zufällig festgestellt, nachdem Nebenwirkungen oder Todesfälle bekannt wurden. Selbst wenn Warnhinweise auf Wechselwirkungen auf den Etiketten von rezeptfreien Medikamenten enthalten sind, sind sie lange noch nicht für jeden verständlich. So können die Etiketten einiger Erkältungsmittel, die Pseudoephedrin enthalten, vor einer gleichzeitigen Verwendung mit einem Monoaminoxidasehemmer (MAO-Hemmer, die unregelmäßig gegen Depressionen und diverse andere Beschwerden verwendet werden) oder in den ersten 2 Wochen nach dessen Absetzen warnen. Für die vielen Menschen, die nicht wissen, dass das Antidepressivum, das sie einnehmen, ein MAO-Hemmer ist (z. B. Phenelzin, Tranylcypromin), ist diese wichtige Warnung nicht hilfreich.

Der beste Weg, das Risiko von Wechselwirkungen einzudämmen, liegt darin, den Apotheker diese prüfen zu lassen. Zusätzlich dazu sollte der Arzt über alle eingenommenen verschreibungspflichtigen und rezeptfreien Medikamente informiert werden.

Überlappung von Medikamenten

Ein weiteres potenzielles Problem ist die Überlappung von Medikamenten. Rezeptfreie Produkte zur Behandlung unterschiedlicher Symptome können denselben aktiven Bestandteil enthalten. Wenn Menschen nicht die Etiketten aller eingenommenen Mittel lesen und vergleichen, können sie sich versehentlich überdosieren. So nimmt eine Person, die ein Schlafmittel und ein Mittel gegen Erkältung einnimmt, die beide Diphenhydramin enthalten, unter Umständen das Doppelte der als sicher geltenden Dosis ein. Viele Produkte enthalten Paracetamol. Wer gleichzeitig zwei unterschiedliche Produkte einnimmt, die Paracetamol enthalten – eines gegen Kopfschmerzen und eines gegen Allergien oder Nebenhöhlenerkrankungen – überschreitet möglicherweise die empfohlene Dosis, was gefährlich sein kann.

Weitere Informationen

Bei dem Folgenden handelt es sich um ein englischsprachiges Hilfsmittel, das nützlich sein kann. Bitte beachten Sie, dass MSD MANUAL nicht für den Inhalt dieser Quelle verantwortlich ist.

  1. OTC Products and Dietary Supplements: Eine Website zur Meldung unerwünschter Ereignisse im Zusammenhang mit der Anwendung von rezeptfreien Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln.