Von Arzneimitteln verursachte Leberschädigung

VonDanielle Tholey, MD, Sidney Kimmel Medical College at Thomas Jefferson University
Überprüft/überarbeitet März 2023
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Zahlreiche Arzneimittel können die Leberfunktion beeinflussen und/oder die Leber schädigen. (Siehe auch Arzneimittel und die Leber.)

Manche Arzneimittel, wie z. B. Statine (zur Behandlung hoher Cholesterinspiegel), können die Leberenzymwerte erhöhen und (normalerweise geringfügige) Leberschäden verursachen, ohne Symptome hervorzurufen. Ärzte können jedoch weiterhin Statine für Patienten mit chronischen Lebererkrankungen verschreiben (zum Beispiel nichtalkoholische Fettleber [NAFLD], nichtalkoholische Steatohepatitis [NASH] und NASH-Zirrhose), weil:

  • Statine bei diesen Patienten wie auch bei Personen ohne Lebererkrankung keine zusätzlichen Risiken bergen

  • Die Anwendung von Statinen zur Behandlung von hohem Cholesterin bei Patienten mit NAFLD und NASH mit Vorteilen verbunden ist

Statine werden jedoch Betroffenen mit dekompensierter Zirrhose (einem fortgeschrittenen Stadium der Zirrhose, bei dem die Leberfunktion unwiderruflich gestört ist) nicht verschrieben oder werden für niedrigere Dosen verschrieben.

Nur sehr wenige Arzneimittel schädigen die Leber so stark, dass Symptome wie eine Gelbfärbung der Haut und der Augen (Gelbsucht), Bauchschmerzen, Juckreiz und Bluterguss- sowie Blutungsneigungen auftreten.

Im medizinischen Sprachgebrauch bezeichnet man mit dem Begriff der medikamenteninduzierten Leberschädigung sämtliche Leberschäden, die von Arzneimitteln hervorgerufen werden, und zwar unabhängig davon, ob Symptome auftreten oder nicht. Dazu gehören auch Schädigungen durch illegale Drogen, Heilkräuter, Heilpflanzen und Nahrungsergänzungsmittel.

Bei manchen Arzneimitteln ist ein Leberschaden vorhersehbar. Er tritt kurz nach der Einnahme des Arzneimittels ein und hängt mit seiner Dosis zusammen. In den Vereinigten Staaten von Amerika ist eine solche Schädigung (oft verursacht durch Paracetamol-Vergiftung) eine der häufigsten Ursachen für das plötzliche Auftreten von Gelbsucht und/oder Leberversagen. Bei anderen Arzneimitteln ist die Schädigung unvorhersehbar. Sie wird erst einige Zeit nach der Einnahme des Arzneimittels entdeckt und hängt nicht mit der Dosis zusammen. In seltenen Fällen führt eine solche Schädigung zu einer schweren Störung der Leber.

Heilkräuter und die Leber

Einige Heilkräuter (Teile von Pflanzen, die für ihre heilende Wirkung verwendet werden) enthalten Substanzen, welche die Leber schädigen können. Die Leber ist eine ideale Zielscheibe, weil sie alles abbaut, das durch den Mund in den Körper gelangt und geschluckt wird.

Pyrrolizidinalkaloide: Hunderte von Kräutern enthalten Pyrrolizidinalkaloide, welche die Leber schädigen können. Dazu gehören Kräuter wie Borretsch, Beinwell und gewisse chinesische Heilkräuter, wie z. B. Zi Cao (Steinsamen), Kuan Dong Hua (Huflattich), Qian Li Guang (Kreuzkraut) und Pei Lan (Wasserdost). Auch manche Kräuter in Tees enthalten Pyrrolizidinalkaloide. Manchmal sind Produkte wie Milch, Honig und Getreide mit Pyrrolizidinalkaloiden verunreinigt, die dann unbewusst eingenommen werden.

Pyrrolizidinalkaloide können die Leber allmählich schädigen, wenn kleine Mengen über längere Zeit eingenommen werden. Die Schäden treten rascher ein, wenn eine große Menge eingenommen wird. Die Lebervenen können sich verengen und den Blutausfluss aus der Leber behindern.

Betroffene leiden unter Bauchschmerzen und müssen möglicherweise erbrechen. Flüssigkeit sammelt sich in Bauch und Beinen an. Schließlich kann es zu Narbenbildung in der Leber (Zirrhose), Leberversagen und sogar zum Tod kommen.

Andere Kräuter: Leberschäden können auch durch Kräuter wie das Gummi-Spindelkraut, die Teepflanze Camellia sinensis (die für Grün- und Schwarztee verwendet wird), Schöllkraut (aus der Familie der Mohngewächse), den Kreosotbusch, Garcinia Cambogia (ein Nahrungsergänzungsmittel zur Unterstützung der Gewichtsabnahme), Grüntee-Extrakt (zur Gewichtsabnahme und Vorbeugung von Krankheiten), Gamander, Jin Bu Huan (gezähnter Bärlapp), Kava, Ma Huang (Meerträubel), Misteln, das Öl der Polei-Minze (das für Tees verwendet wird) und Sho-Saiko-To (eine Kräutermischung) hervorgerufen werden.

Aufgrund der fehlenden Sicherheitsuntersuchungen durch die US-amerikanische Arzneimittelbehörde Food and Drug Administration (FDA) und der Tatsache, dass viele dieser Substanzen selbst bei Personen ohne eine bereits bestehende Lebererkrankung zu einer Leberschädigung und sogar Leberversagen führen können, empfehlen Fachärzte für Leberkrankheiten generell, alle pflanzlichen Ergänzungsmittel zu vermeiden.

Risikofaktoren

Ganz allgemein erhöht sich das Risiko eines Leberschadens durch Arzneimittel wahrscheinlich in folgenden Fällen:

  • Alter (ab 18 Jahren)

  • Adipositas

  • Schwangerschaft

  • Alkoholkonsum

  • Erbgut, das Betroffene empfindlicher für die Wirkungen von Arzneimitteln macht

Alkoholkonsum erhöht das Risiko eines Leberschadens, weil Alkohol selbst die Leber schädigt und dadurch ihre Fähigkeit zum Abbau von Arzneimitteln verändert. Außerdem senkt Alkohol die körpereigene Produktion eines Antioxidans zum Schutz der Leber.

Klassifizierung

Medikamenteninduzierte Leberschädigungen werden auf verschiedene Arten kategorisiert, z. B. danach, wie das Arzneimittel die Leber schädigt, wie die Leberzellen angegriffen werden und welche Auffälligkeiten bei Leberenzymen in Bluttests entdeckt werden. Arzneimittel können die Leber beispielsweise schädigen, indem sie den Leberzellen selbst Schaden zufügen (hepatozellulär), indem sie den Gallenfluss aus der Leber behindern (cholestatisch) oder beides.

Tabelle
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Symptome einer arzneimittelbedingten Leberschädigung

Die Symptome der Lebererkrankung reichen von allgemeinen (wie z. B. Müdigkeit, allgemeines Unwohlsein, Übelkeit, Juckreiz und Appetitlosigkeit) bis hin zu schwereren Symptomen (wie z. B. Gelbsucht, Lebervergrößerung, Schmerzen im rechten Oberbauch, Verwirrtheit, Desorientierung und verminderte Aufmerksamkeit).

Diagnose einer arzneimittelbedingten Leberschädigung

  • Untersuchung durch den Arzt

  • Tests zu Leberwerten im Blut

Nachdem das mutmaßlich für die Schädigung verantwortliche Arzneimittel abgesetzt wurde, werden die Lebertests wiederholt. Ein starker Abfall der Leberenzymwerte stützt die Diagnose eines medikamenteninduzierten Leberschadens.

Durch Arzneimittel verursachte Leberschädigung

Wenn Leberschädigungen durch Arzneimittel rasch erkannt werden, ist die Prognose für Betroffene besser.

Bei der Anamnese wird danach gefragt, welche Arzneimittel eingenommen werden, um beurteilen zu können, ob diese einen Leberschaden verursachen können. Außerdem werden Blutuntersuchungen durchgeführt, um die Werte spezifischer Leberenzyme zu messen und um zu beurteilen, wie gut die Leber ihre Funktionen wahrnimmt und ob sie geschädigt ist (Lebertests). Eine medikamenteninduzierte Leberschädigung (DILI) ist wahrscheinlich, wenn die Ergebnisse dieser Lebertests typisch für Leberschäden sind, die üblicherweise durch die eingenommenen Arzneimittel verursacht werden. Medikamente verursachen manchmal selbst bei niedriger Dosis nach dem Absetzen eine Schädigung und bisweilen kann es mehrere Monate dauern, bis sich eine DILI verbessert. Daher ist es manchmal schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, zu bestimmen, ob ein bestimmtes Arzneimittel die Ursache war.

Leberschädigung aufgrund anderer Ursachen

Da es keinen Test zur Bestätigung der Diagnose gibt, wird auch nach anderen möglichen Ursachen für die Leberschädigung gesucht. So werden Blutuntersuchungen auf Hepatitis, Autoimmunerkrankungen und andere Ursachen vorgenommen. Durch Druck auf den Oberbauch kann die Größe der Leber bestimmt werden, und bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder Computertomographie (CT) können bei der Feststellung anderer Ursachen für die Leberschädigung ebenfalls hilfreich sein.

Behandlung der arzneimittelbedingten Leberschädigung

  • Absetzen des Medikaments

  • Verabreichung eines Gegenmittels, falls verfügbar

  • Manchmal Kortikosteroide

  • Manchmal Lebertransplantation

In der Regel hat ein Absetzen dieser Arzneimittel eine Besserung zur Folge. Symptomlindernde Arzneimittel können z. B. gegen Juckreiz eingesetzt werden.

Es gibt nur für wenige Arzneimittel ein Gegenmittel (Antidot). Beispielsweise kann N-Acetylcystein eingesetzt werden, wenn jemand eine Überdosis Paracetamol eingenommen hat. In einigen Fällen können Kortikosteroide angebracht sein.

Bei einer schweren Schädigung müssen Patienten eventuell an einen Facharzt verwiesen werden. Eine Lebertransplantation kann angezeigt sein.

Vorbeugung einer arzneimittelbedingten Leberschädigung

Bei der Anwendung einiger Arzneimittel, welche die Leber schädigen können (wie z. B. Statine), werden bisweilen regelmäßig Blutuntersuchungen durchgeführt, um die Leberenzymwerte zu überwachen. Durch solche Beobachtungen können Probleme früh erkannt werden, sodass Leberschäden vermieden werden können. Bei den meisten Arzneimitteln erfolgt allerdings keine Überwachung der Leberenzymwerte.

Weitere Informationen

Die folgenden Quellen in englischer Sprache können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MANUAL nicht für den Inhalt dieser Quelle verantwortlich ist.

  1. Food and Drug Administration (US-amerikanische Behörde für Lebensmittel- und Arzneimittelsicherheit): Sometimes Drugs and the Liver Don't Mix: Patienten-Informationen darüber, wie sich die potenziell toxischen Wirkungen von Medikamenten auf die Leber verhindern lassen.