Scheidung und Kinder

VonSteven D. Blatt, MD, State University of New York, Upstate Medical University
Überprüft/überarbeitet Dez. 2023
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

    Trennung und Scheidung der Eltern sowie die Ereignisse, die dazu führen, beeinträchtigen die Stabilität und Verlässlichkeit, die Kinder brauchen. Eine Scheidung ist, neben dem Tod eines nahen Angehörigen, die größte Belastung, die eine Familie erleben kann. Kinder können sowohl einen großen Verlust als auch Angst, Wut und Trauer empfinden, wenn ihre bisher vertraute Welt aufhört zu existieren. Häufig fürchtet das Kind, dass seine Eltern es verlassen oder nicht mehr lieb haben werden. Aus vielerlei Gründen lassen die Kompetenzen der Eltern während der Scheidung häufig nach. In der Regel sind sie mit sich selbst beschäftigt und empfinden Wut und Feindseligkeit dem Partner gegenüber. Kinder können sich schuldig fühlen, wenn sie glauben, dass sie in irgendeiner Weise an der Scheidung Schuld tragen. Kinder, die von den Eltern vernachlässigt oder nur sporadisch und unregelmäßig besucht werden, fühlen sich zurückgewiesen.

    Die Scheidung oder die Trennung der Eltern ist für Kinder ein schwieriges Ereignis. Viele Familien haben jedoch eine andere Struktur als Vater-Mutter-Kind. Es gibt viele verschiedene Familienstrukturen, zum Beispiel Alleinerziehende mit Kind, Patchwork-Familie mit Eltern und Kindern aus früheren Beziehungen oder Großeltern oder andere Familienmitgliedern oder erwachsene Betreuungspersonen, die die Kinder aufziehen.

    Stadien der Anpassung

    Haben die Eltern einmal beschlossen, auseinanderzugehen, durchläuft die Familie mehrere Stadien der Anpassung.

    Im akuten Stadium (der Phase, in der die Eltern den Beschluss fassen, sich zu trennen, einschließlich der Zeit vor der Scheidung) ist das Durcheinander am größten. Diese Phase kann bis zu 2 Jahre dauern.

    Während des Übergangsstadiums (den Wochen kurz vor und nach der eigentlichen Scheidung) passt sich das Kind der neuen Beziehung der Eltern, dem Besuchsrecht und der neuen Wohnsituation an.

    Nach der Scheidung (Stadium nach der Scheidung) entwickelt sich mit der Zeit eine andere Art von Stabilität.

    Auswirkungen auf Kinder

    Während der Scheidung erscheint den Kindern und Jugendlichen die Schule häufig unwichtig, und die schulischen Leistungen lassen nach. Viele Kinder träumen davon, dass ihre Eltern sich wieder vertragen. Die Auswirkungen auf die Kinder hängen vom Alter und Entwicklungsstand ab:

    • Kinder zwischen 2 und 5 Jahren: Können Schlafschwierigkeiten, Wutanfälle und Trennungsangst haben. Bettnässen kann wieder vorkommen.

    • Kinder zwischen 5 und 12 Jahren: Empfinden häufig Trauer, Schmerz, ausgeprägte Wut und irrationale Ängste (Phobien).

    • Jugendliche: Fühlen sich häufig unsicher, einsam und bedrückt. Einige von ihnen legen bewusst Risikoverhalten wie Diebstahl und Gewalt an den Tag und flüchten sich in Sex, Alkohol und Drogen. Andere entwickeln Essstörungen, werden trotzig, schwänzen die Schule oder schließen sich Gleichaltrigen mit Risikoverhalten an (siehe Einführung zu Störungen bei Jugendlichen).

    Den Kindern helfen

    Kinder müssen die Möglichkeit haben, ihre Gefühle einem Erwachsenen gegenüber zu offenbaren, der aufmerksam zuhört. In Beratungsstellen können Kinder Hilfe von Erwachsenen erhalten, die anders als ihre Eltern über ihre Gefühle nicht aufgebracht sind.

    Kinder finden sich am besten zurecht, wenn die Eltern an einem Strang ziehen und die Bedürfnisse des Kindes in den Vordergrund stellen. Die Eltern dürfen nicht vergessen, dass eine Scheidung nur das Ende ihrer Beziehung als Ehepartner bedeutet, nicht das Ende ihrer elterlichen Fürsorge für ihre Kinder. Sie sollten sich bemühen, nicht zu weit auseinanderzuziehen, sich in Gegenwart des Kindes respektvoll zu behandeln, die Rolle, die der andere Elternteil im Leben des Kindes spielt, zu akzeptieren und die Wünsche des Kindes bei der Besuchsregelung zu berücksichtigen. Älteren Kindern und Jugendlichen sollte zunehmend ein Mitspracherecht bei der Wahl ihres Wohnorts eingeräumt werden. Die Kinder sollten sich nicht für einen Elternteil entscheiden müssen, und die Eltern sollten sich den Kindern gegenüber nie abschätzig über den anderen Elternteil äußern.

    Mit ihren Kindern sollten Eltern

    • Probleme offen, ehrlich und ruhig besprechen

    • Weiterhin liebevoll umgehen

    • Weiterhin konsequent sein

    • Normale Erwartungen bezüglich Haus- und Schularbeiten beibehalten

    Die Eltern können eine offene Kommunikation fördern, indem sie die Kinder ermutigen, ihre Gefühle auszudrücken. Wenn das Kind zum Beispiel seiner Verärgerung über die Scheidung Luft macht, können die Eltern antworten „Die Scheidung macht dich also wütend“ oder „Erklär mir das bitte genauer“. Indem man fragt, wie sich das Kind fühlt, kann man eine Diskussion über wichtige Gefühle oder Ängste anstoßen.

    Wenn Eltern über ihre eigenen Gefühle sprechen, machen sie dem Kind Mut, seine Ängste und Sorgen einzugestehen. Bezüglich einer anstehenden Scheidung könnten die Eltern sagen: „Ich bin auch traurig darüber, dass wir uns scheiden lassen. Aber ich weiß auch, dass es für uns das Beste ist. Auch wenn wir nicht mehr zusammenleben können, werden wir dich immer lieb haben und uns um dich kümmern.“ Auf diese Weise können Eltern über ihre eigenen Gefühle sprechen, das Kind beruhigen und ihm erklären, dass die Scheidung die richtige Entscheidung ist. Vor allem kleinen Kindern müssen solche Botschaften oft mehrmals vermittelt werden.

    Die meisten Kinder gewinnen das Gefühl von Sicherheit und Unterstützung nach etwa einem Jahr im Anschluss an die Scheidung wieder, sofern die Eltern sich anpassen und den Bedürfnissen der Kinder entgegenkommen.

    Auswirkungen einer neuen Beziehung

    Wenn alle beteiligten Erwachsenen sich richtig verhalten, kann das Umfeld für die Kinder nach wie vor stabil sein, wenn beide Elternteile mit einem neuen Partner zusammenleben oder wieder heiraten. Manche Kinder meinen, sich einem Elternteil gegenüber nicht loyal zu verhalten, wenn sie den neuen Partner des anderen Elternteils akzeptieren.