Tuberöse Sklerose

VonM. Cristina Victorio, MD, Akron Children's Hospital
Überprüft/überarbeitet Dez. 2023
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN
Kurzinformationen

Die tuberöse Sklerose ist eine Erbkrankheit, die abnorme Wucherungen im Gehirn, Veränderungen der Haut und manchmal die Entwicklung von Tumoren in lebenswichtigen Organen, wie dem Herzen, den Nieren und der Lunge, verursachen kann.

  • Die tuberöse Sklerose wird durch Mutationen eines Gens verursacht.

  • Kinder können unter abnormen Hautgeschwulsten, Krampfanfällen, einer verzögerten Entwicklung, Lernstörungen, Autismus oder Verhaltensproblemen leiden und geistig behindert sein.

  • Die Diagnose stützt sich auf festgelegte Kriterien, Symptome, bildgebende Verfahren und manchmal auf Gentests.

  • Die Behandlung konzentriert sich auf die Linderung der Symptome.

  • Da die Störung lebenslang bestehen bleibt und neue Probleme entstehen können, müssen die Personen ihr Leben lang überwacht werden.

  • Die Betroffenen haben jedoch eine normale Lebenserwartung.

Die tuberöse Sklerose (Bourneville-Pringle-Syndrom) ist ein neurokutanes Syndrom. Ein neurokutanes Syndrom verursacht Probleme, die das Gehirn, die Wirbelsäule, die Nerven (Neuro) und die Haut (kutan) betreffen.

Bei der tuberösen Sklerose entwickeln sich Tumoren und andere Wucherungen in verschiedenen Organen, darunter Gehirn, Herz, Lunge, Nieren, Augen und Haut. Die Tumoren sind normalerweise gutartig. Die Erkrankung hat ihren Namen von den typischen langen und schmalen Tumoren im Gehirn, die Wurzeln oder Knollen ähneln.

Die tuberöse Sklerose ist normalerweise angeboren, die Symptome davon können aber leicht sein oder sich erst mit der Zeit entwickeln, was eine frühzeitige Erkennung der Krankheit erschwert.

In den meisten Fällen entsteht die Erkrankung durch Mutationen in 1 von 2 Genen. Falls ein Elternteil die Störung hat, wird sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent an die Kinder vererbt. In der Regel ist die tuberöse Sklerose jedoch auf spontane, neue (nicht vererbte) Mutationen in 1 der 2 Gene und nicht auf ein vererbtes verändertes Gen zurückzuführen.

Diese Erkrankung tritt bei 1 von 6.000 Kindern auf.

Symptome einer tuberösen Sklerose

Der Schweregrad der Symptome einer tuberösen Sklerose variiert stark.

Die tuberöse Sklerose kann das Gehirn beeinträchtigen und zu Krampfanfällen, geistiger Behinderung, Autismus, verzögerter Entwicklung der motorischen und sprachlichen Fähigkeiten, Lernstörungen und Verhaltensproblemen (wie Hyperaktivität und Aggression) führen.

Die ersten Symptome der tuberösen Sklerose können infantile Spasmen, eine Art Krampfanfall, sein.

Die Haut ist häufig betroffen, was manchmal zu Entstellungen führt:

  • Helle, eschenblattförmige Flecke können während des Säuglingsalters oder der Kindheit auf der Haut erscheinen.

  • Raue, erhabene Flecken, die an Orangenhaut erinnern (Shagreen-Patches) und normalerweise auf dem Rücken auftreten, können bei der Geburt vorhanden sein oder später entstehen.

  • Mittelbraune, flache, milchkaffeebraune Flecken (Café-au-lait-Flecken) können ebenfalls entstehen.

  • Rote, aus Blutgefäßen und fibrösem Gewebe bestehende Knötchen (Angiofibrome) können später während der Kindheit im Gesicht auftreten (Adenoma sebaceum genannt).

  • Kleine, fleischige Beulen (Fibrome) können irgendwann während der Kindheit oder des frühen Erwachsenenalters um die Zehen- und Fingernägel herum und darunter wachsen (Koenen-Tumoren).

Beispiele für Hautprobleme bei tuberöser Sklerose
Weiße blattförmige Flecken (sog. Ash-Leaf Spots) bei tuberöser Sklerose
Weiße blattförmige Flecken (sog. Ash-Leaf Spots) bei tuberöser Sklerose

Dieses Foto zeigt einen weißen blattförmigen Fleck. Diese Flecken erscheinen bei vielen Menschen mit tuberöser Sklerose.

... Erfahren Sie mehr

Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers. Aus Puduvalli V: Atlas of Cancer. Herausgegeben von M. Markman und R Gilbert. Philadelphia, Current Medicine, 2002.

Angiofibrome (Adenom Sebaceum) bei tuberöser Sklerose
Angiofibrome (Adenom Sebaceum) bei tuberöser Sklerose

Auf diesem Foto sind im Gesicht einer Person mit tuberöser Sklerose Knötchen zu sehen, die aus Blutgefäßen und faserigem Bindegewebe (Angiofibromen) bestehen.

... Erfahren Sie mehr

DR. M. A. ANSARY / SCIENCE PHOTO LIBRARY

Adenom Sebaceum bei tuberöser Sklerose
Adenom Sebaceum bei tuberöser Sklerose

Auf diesem Foto sind in der Mitte des Gesichts einer Person mit tuberöser Sklerose rote Knötchen zu sehen, die aus Blutgefäßen und faserigem Bindegewebe (Angiofibromen) bestehen.

... Erfahren Sie mehr

Foto mit freundlicher Genehmigung von Dr. med. Karen McKoy.

Koenen-Tumoren bei tuberöser Sklerose
Koenen-Tumoren bei tuberöser Sklerose

Dieses Foto zeigt kleine fleischige Beulen (Fibrome), die bei Patienten mit tuberöser Sklerose um und unter den Zehen- und Fingernägeln (Koenen-Tumoren) wachsen.

... Erfahren Sie mehr

© Springer Science+Business Media

Vor der Geburt können gutartige Herztumoren, sog. Rhabdomyome, entstehen. Manchmal verursachen diese Tumoren bei Neugeborenen eine Herzinsuffizienz. Sie verschwinden in der Regel mit der Zeit wieder und verursachen später in der Kindheit oder im Erwachsenenalter keine Symptome.

Bei vielen Kindern sind die bleibenden Zähne höckerig.

Auf der Netzhaut im hinteren Teil des Auges können Flecken und gutartige Tumoren entstehen. Wenn die Flecken oder Tumoren nahe dem Zentrum der Netzhaut zu finden sind, kann die Sehkraft betroffen sein.

Knollenartige Wucherungen im Gehirn können sich zu Tumoren entwickeln, die manchmal bösartig werden und wachsen, was zu Kopfschmerzen führt oder andere Symptome verschlechtert.

Im Erwachsenenalter können bösartige Nierentumoren entstehen. Eine polyzystische Nierenerkrankung kann in jedem Alter auftreten. Diese Krankheiten können zu Bluthochdruck, Bauchschmerzen und Blut im Urin führen können.

Insbesondere bei Mädchen im Jugendalter können erhabene Flächen (Knötchen) in der Lunge entstehen. Dieses Leiden wird als Lymphangioleiomyomatose bezeichnet.

Diagnose einer tuberösen Sklerose

  • Bekannte Kriterien

  • Untersuchung durch den Arzt

  • Magnetresonanztomografie oder Ultraschall

  • Manchmal genetische Tests

Der Arzt kann eine tuberöse Sklerose anhand von bestimmten Kriterien diagnostizieren. Vorher wird jedoch zuerst eine körperliche Untersuchung durchgeführt, um festzustellen, ob die Patienten bestimmte Symptome aufweisen, wie etwa Krampfanfälle, verzögerte Entwicklung oder typische Hautveränderungen.

Manchmal wird eine tuberöse Sklerose vermutet, wenn während der pränatalen Ultraschalluntersuchung ein Tumor des Herzens oder Gehirns festgestellt wird. Mittels Magnetresonanztomografie (MRT) oder Ultraschall werden verschiedene Organe auf Tumoren überprüft.

Es wird eine Augenuntersuchung (einschließlich Ophthalmoskopie) zur Feststellung von Augenschäden durchgeführt.

Genetische Untersuchungen können durchgeführt werden, um:

  • Die Diagnose zu bestätigen, wenn Symptome dafür sprechen

  • Festzustellen, ob Personen, bei denen die Erkrankung in der Familie liegt, die aber keine Symptome haben, ein verändertes Gen in sich tragen

  • Vor der Geburt eine Untersuchung zur Feststellung der Erkrankung durchzuführen (pränatale Diagnose), wenn sie in der familiären Vorgeschichte vorkommt

Behandlung einer tuberösen Sklerose

  • Behandlung von Symptomen und Komplikationen

  • Sirolimus oder Everolimus

Die Behandlung der tuberösen Sklerose ist auf die Linderung der Symptome konzentriert:

  • Bei Krampfanfällen: Es können Antiepileptika eingesetzt werden. Wenn diese Medikamente nicht wirken, wird manchmal ein Tumor oder ein kleiner, für die Krampfanfälle verantwortlicher Teil des Gehirns operativ entfernt.

  • Bei Bluthochdruck: Können blutdrucksenkende Medikamente (Antihypertensiva) eingesetzt und mögliche Nierentumoren operativ entfernt werden.

  • Bei Verhaltensproblemen: Können Techniken zur Verhaltensänderung helfen (darunter Auszeiten und konsequenter Einsatz von angemessenen Konsequenzen und Lob). Manchmal werden Medikamente benötigt.

  • Bei Entwicklungsstörungen: Können Sonderschulen oder Physiotherapie, Ergotherapie oder Sprechtherapie empfohlen werden.

  • Hautgeschwulste: Können mittels Dermabrasion (Abschleifen der obersten Hautschicht mit einem abrasiven Metallinstrument) oder Laser entfernt werden.

  • Bei bösartigen und einigen gutartigen Tumoren: Everolimus oder Sirolimus kann zur Verkleinerung der Tumoren, einschließlich Rhabdomyomen bei Neugeborenen, eingesetzt werden.

Die Forschung untersucht Sirolimus und Everolimus, ob sie einige der Komplikationen der tuberösen Sklerose, wie Hautwucherungen, Krampfanfälle und geistige Behinderung wirksam behandeln oder sogar verhindern können. Bei einigen Menschen haben diese oral einzunehmenden Medikamente nachweislich dazu geführt, dass die Gehirn- und Herztumoren und Wucherungen im Gesicht zurückgingen und Krampfanfälle gemindert wurden. Sirolimus auf die Haut aufgetragen kann bei Hautwucherungen im Gesicht hilfreich sein. Diese Medikamente können eingesetzt werden, um die Abstoßung transplantierter Organe zu verhindern oder um bestimmte Krebsarten zu behandeln.

Betroffenen Personen und Familienmitgliedern wird eine genetische Beratung empfohlen, wenn sie Kinder haben möchten.

Vorsorgeuntersuchungen bezüglich neuer Probleme

Da die tuberöse Sklerose eine lebenslange Erkrankung ist und neue Probleme entstehen können, müssen die betroffenen Personen ein Leben lang überwacht werden.

Die Beobachtung umfasst normalerweise folgende Maßnahmen:

  • MRT des Kopfes

  • Ultraschalluntersuchung der Nieren oder MRT des Abdomens, um auf Nierentumoren zu kontrollieren

  • Regelmäßige Computertomografie (CT) des Brustkorbs bei Frauen ab 18 Jahren

  • Echokardiografie (Aufnahme des Herzens mittels Ultraschall)

  • Eingehende Tests der geistigen Funktion (neuropsychologische Tests) für Kinder, damit für sie ein Plan zur Unterstützung bei der schulischen Förderung und im Verhaltensmanagement erstellt werden kann

Prognose bei tuberöser Sklerose

Wie gut es den Betroffenen gesundheitlich geht, hängt vom Schweregrad der Symptome ab. Wenn die Symptome leicht sind, haben Säuglinge in der Regel gute Aussichten auf ein langes, produktives Leben. Bei ausgeprägten Symptomen können Säuglinge jedoch unter schwerwiegenden Behinderungen leiden.

Dennoch entwickeln sich die meisten Kinder altersgemäß und für gewöhnlich ohne Beeinträchtigung ihrer Lebenserwartung.