Schwellungen in der Spätschwangerschaft

VonEmily E. Bunce, MD, Wake Forest School of Medicine;
Robert P. Heine, MD, Wake Forest School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Juli 2023
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Im Verlauf der Schwangerschaft kann sich Flüssigkeit im Gewebe ansammeln, gewöhnlich in den Füßen, Knöcheln und Unterschenkeln. Dadurch wirken die Beine dick und geschwollen. Eine Flüssigkeitsansammlung während der Schwangerschaft ist normal, insbesondere während des 3. Trimesters. Dieses Leiden wird als Ödem bezeichnet. Gelegentlich sind auch die Finger leicht geschwollen. Wenn die Schwellung in den Händen mehr als leicht ist oder das Gesicht angeschwollen ist, sollte die Frau von einem Arzt untersucht werden.

Während der Schwangerschaft kommt es zu Flüssigkeitsansammlungen, da die Nebennieren mehr von den Hormonen produzieren, die den Körper dazu anregen, Flüssigkeiten zurückzuhalten (Aldosteron und Cortisol). Ein weiterer Grund für die Ansammlung von Flüssigkeiten ist die vergrößerte Gebärmutter, die den Blutfluss von den Beinen zum Herzen beeinträchtigt. Folglich fließen die Flüssigkeiten wieder zurück in die Beinvenen und sickern in das umliegende Gewebe.

Ursachen für Schwellungen in der Spätschwangerschaft

Häufige Ursachen

In der Regel sind die Schwellungen in der Schwangerschaft folgendermaßen einzustufen:

  • Normales, schwangerschaftsbedingtes Ödem

Seltenere Ursachen

Weniger häufig kommt es aufgrund einer Erkrankung zu Schwellungen während der Schwangerschaft (siehe Tabelle mit einigen Ursachen und Merkmalen von Schwellungen in der Spätschwangerschaft). Solche Erkrankungen können schwerwiegend sein. Hierzu zählt Folgendes:

Bei einer Präeklampsie, einer Erkrankung, die nur während einer Schwangerschaft entsteht, steigen der Blutdruck und der Eiweißgehalt im Urin während der Schwangerschaft an. Es kann zu Flüssigkeitsansammlungen kommen, die zu Schwellungen im Gesicht und an Händen oder Füßen sowie zu zusätzlicher Gewichtszunahme führen. Die meisten, jedoch nicht alle Frauen mit Präeklampsie haben Schwellungen. Bei einer schweren Präeklampsie können Organe geschädigt werden, z. B. das Gehirn, die Nieren, Lunge oder die Leber. Dies kann auch Komplikationen bei dem Kind hervorrufen.

Bei einer tiefen Venenthrombose bilden sich Blutgerinnsel in den tief im Körper liegenden Venen, häufig in den Beinen. Durch die Schwangerschaft wird das Risiko dieser Erkrankung auf verschiedene Weisen erhöht. Während der Schwangerschaft produziert der Körper mehr Proteine, die die Blutgerinnung fördern (Gerinnungsfaktoren). Dies soll womöglich verhindern, dass zu starke Blutungen während der Geburt auftreten. Auch die Veränderungen während einer Schwangerschaft können einen Blutstau in den Venen verursachen und dadurch die Bildung von Gerinnseln fördern. Kann sich die schwangere Frau nicht mehr so viel bewegen, besteht sogar eine noch größere Wahrscheinlichkeit eines Blutstaus in den Venen und der Bildung eines Blutgerinnsels. Die Blutgerinnsel können den Blutfluss beeinträchtigen. Wenn sich ein Blutgerinnsel löst, kann es unter Umständen über die Blutbahn in die Lunge gelangen und dort den Blutfluss blockieren. Eine solche Blockade (sogenannte Lungenembolie) kann tödlich ausgehen.

Peripartale Kardiomyopathie ist eine seltene, aber schwere Erkrankung, die zu Kurzatmigkeit und Müdigkeit sowie Schwellungen führt.

Risikofaktoren

Das Risiko einer Präeklampsie, tiefen Venenthrombose und peripartalen Kardiomyopathie wird durch verschiedene Bedingungen begünstigt (Risikofaktoren).

Hochrisikofaktoren für eine Präeklampsie sind unter anderem:

  • Präeklampsie während einer vorherigen Schwangerschaft

  • Eine Schwangerschaft mit mehreren Föten

  • Bluthochdruck, der bereits vor der Schwangerschaft aufgetreten ist

  • Diabetes

  • Nierenerkrankung

  • Autoimmunerkrankungen

  • Blasenmole (abnormes Plazentawachstum mit oder ohne Fötus aufgrund einer abnormalen befruchteten Eizelle)

Mittelschwere Risikofaktoren für eine Präeklampsie sind unter anderem:

  • Erstschwangerschaft

  • Adipositas

  • Präeklampsie in der Familiengeschichte

  • Afrikanische Abstammung

  • Geringeres Einkommen

  • Über 35 Jahre alt

  • In-vitro-Fertilisation

  • Faktoren in der persönlichen Vorgeschichte (z. B. vorherige Entbindung von Babys mit niedrigem Geburtsgewicht, oder die zu klein für das Gestationsalter waren, vorheriger negativer Schwangerschaftsverlauf, mehr als 10 Jahre zwischen den Schwangerschaften)

Zu den Risikofaktoren für eine tiefe Venenthrombose gehört unter anderem Folgendes:

  • Ein früheres Auftreten einer tiefen Venenthrombose

  • Erbliche Blutgerinnungsstörungen

  • Verletzung einer Beinvene, die den normalen Blutfluss verhindert

  • Eine Erkrankung, die das Risiko von Blutgerinnseln erhöht, wie Krebs oder Nieren- oder Herzprobleme

  • Rauchen von Zigaretten

  • Unbeweglichkeit, die sich nach einer Krankheit oder Operation einstellt

  • Adipositas

Die Risikofaktoren für eine peripartale Kardiomyopathie umfassen Folgendes:

  • Über 30 Jahre alt

  • Bestehende Diagnose einer Kardiomyopathie oder anderer Herzprobleme

  • Afrikanische Abstammung

  • Eine Schwangerschaft mit mehreren Föten

  • Präeklampsie

  • Bluthochdruck, der bereits vor der Schwangerschaft aufgetreten ist

Beurteilung von Schwellungen in der Spätschwangerschaft

Bevor ein physiologisch normales Ödem diagnostiziert werden kann, müssen die Ärzte eine tiefe Venenthrombose, Präeklampsie, Herzerkrankung und andere mögliche Ursachen ausschließen können.

Warnsignale

Bei schwangeren Frauen mit geschwollenen Beinen sind die folgenden Symptome Ursache zur Besorgnis:

  • Mittelstarke oder starke Schwellung der Hände (die Hände wirken stark aufgedunsen und/oder ein Ring kann nicht von einem Finger abgezogen werden)

  • Schwellungen, die plötzlich in irgendeinem Körperteil stärker werden

  • Schwellung von nur einem Bein bzw. nur einer Wade, insbesondere wenn die Stelle heiß, rot und/oder druckempfindlich ist oder ein Fieber auftritt

  • Blutdruck von 140/90 mmHg oder höher

  • Schwere anhaltende Kopfschmerzen, Sehstörungen, Verwirrtheit, starke Oberbauchschmerzen oder Atemnot – Symptome, die auf eine Präeklampsie hindeuten können

  • Schmerzen im Brustkorb oder Atembeschwerden – Symptome, die auf eine tiefe Venenthrombose hindeuten können

Wann ein Arzt zu konsultieren ist:

Frauen, auf die einer der nachstehenden Faktoren zutrifft, sollten unverzüglich ein Krankenhaus aufsuchen:

Frauen ohne Warnsignale sollten einen Arzt aufsuchen, jedoch kann in der Regel ein paar Tage gewartet werden, ohne dass für die Frau eine Gefahr besteht.

Was der Arzt unternimmt:

Zunächst stellen die Ärzte Fragen zur Schwellung und zu anderen Symptomen sowie zur Krankengeschichte. Darauf folgt eine körperliche Untersuchung. Die Befunde in der Krankengeschichte und bei der körperlichen Untersuchung deuten häufig auf eine Ursache der Schwellung und auf die eventuell erforderlichen Untersuchungen hin (siehe Tabelle mit einigen Ursachen und Merkmalen von Schwellungen in der Spätschwangerschaft).

Ärzte fragen:

  • Wann die Schwellung zuerst aufgetreten ist

  • Wie lange der Haarausfall schon besteht

  • Ob sie durch bestimmte Aktivitäten (z. B. auf der linken Seite liegen) schwächer oder schlimmer wird

Außerdem fragen die Ärzte nach Bedingungen, die das Risiko für eine tiefe Venenthrombose, Präeklampsie und peripartale Kardiomyopathie erhöhen können.

Das Auftreten anderer Symptome spielt ebenfalls eine Rolle und kann auf eine Ursache hinweisen. Sie werden gefragt, ob sie bereits früher einmal eine tiefe Venenthrombose, Lungenembolie, Präeklampsie, hohen Blutdruck oder Herzprobleme wie beispielsweise eine Kardiomyopathie hatten.

Bei der körperlichen Untersuchung suchen die Ärzte nach einem schwerwiegenden Grund für die Schwellung. Um nach den Symptomen für eine Präeklampsie zu suchen, müssen die Ärzte den Blutdruck messen, Herz und Lunge abhören und unter Umständen die Reflexe der Frau testen und sich den Augenhintergrund der Frau mit einem Augenspiegel (ein Handgerät, das wie eine kleine Taschenlampe aussieht und Ophthalmoskop genannt wird) ansehen. Ärzte suchen auch nach Bereichen mit Schwellungen, insbesondere in Beinen, Händen und Gesicht. Geschwollene Bereiche werden überprüft, um zu sehen, ob sie gerötet, warm oder druckempfindlich sind.

Tabelle
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Tests

Wenn eine Präeklampsie vermutet wird, wird der Proteinspiegel in einer Urinprobe gemessen, und es werden ein großes Blutbild erstellt, der Elektrolythaushalt bestimmt und Tests der Nieren- und Leberfunktion durchgeführt. Neu einsetzender Bluthochdruck zusammen mit einer hohen Eiweißmenge im Urin weist auf eine Präeklampsie hin. Kann keine klare Diagnose gestellt werden, wird die Frau gebeten, ihren Urin 24 Stunden lang zu sammeln. Von dieser gesammelten Urinmenge wird dann der Eiweißgehalt gemessen. Bluthochdruck mit Kopfschmerzen, Veränderungen des Sehvermögens, Bauchschmerzen oder auffällige Blut- oder Urintests können ebenfalls auf Präeklampsie hinweisen.

Bei Verdacht auf eine tiefe Venenthrombose wird eine Doppler-Ultraschalluntersuchung des betroffenen Beins durchgeführt. Diese Untersuchung kann Störungen im Blutfluss aufzeigen, die von Blutgerinnseln in den Venen der Beine verursacht werden.

Bei Verdacht auf eine peripartale Kardiomyopathie werden ein Elektrokardiogramm, Röntgenaufnahmen des Brustkorbs, ein Echokardiogramm und Bluttests zur Überprüfung der Herzfunktion durchgeführt.

Behandlung von Schwellungen in der Spätschwangerschaft

Ist die Schwellung auf eine Erkrankung zurückzuführen, erfolgt eine Behandlung der Erkrankung.

Die Schwellungen, die gewöhnlich während einer Schwangerschaft auftreten, können mit Hilfe der folgenden Maßnahmen reduziert werden:

  • Durch das Liegen auf der linken Seite wird die Gebärmutter von der großen Vene wegbewegt, die das Blut zum Herzen befördert (untere Hohlvene)

  • Häufiges Hochlegen der Beine

  • Tragen elastischer Stützstrümpfe

  • Das Tragen locker sitzender Kleidung, die den Blutfluss nicht bremst, insbesondere den Blutfluss in den Beinen (z. B. keine Socken oder Strümpfe zu tragen, die einen engen Bund haben, der sich in das Fußgelenk oder die Wade schneidet)

Wichtigste Punkte

  • Ein paar Schwellungen in den Beinen und Fußgelenken während der Schwangerschaft sind normal (physiologisch) und treten während des 3. Trimesters auf.

  • Die Ärzte können ernstzunehmende Ursachen von Schwellungen mithilfe der Ergebnisse einer körperlichen Untersuchung, der Messung des Blutdrucks, Blut- und Urintests sowie unter Umständen eines Ultraschalls feststellen.

  • Werden die Schwellungen von der Schwangerschaft verursacht, können diese reduziert werden, indem sich die Frau auf ihre linke Seite legt, die Beine von Zeit zu Zeit hoch lagert und Stützstrümpfe sowie Kleidung trägt, welche die Durchblutung nicht einschränkt.