Hämophilie

VonMichael B. Streiff, MD, Johns Hopkins University School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Sept. 2023
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Kurzinformationen

Die Bluterkrankheit (Hämophilie) ist eine erbliche Blutungsstörung und wird durch den Mangel an einem von zwei Gerinnungsfaktoren (Faktor VIII oder Faktor IX) verursacht.

  • Mehrere verschiedene Genanomalien können die Krankheit verursachen.

  • Patienten können überraschend oder nach geringfügigen Verletzungen bluten.

  • Für die Diagnose sind Blutuntersuchungen erforderlich.

  • Es werden Transfusionen verabreicht, um die fehlenden Gerinnungsfaktoren zu ersetzen.

Gerinnungsfaktoren sind Proteine im Blut, die zusammenarbeiten, um die Blutgerinnung zu unterstützen und so Blutungen zu stillen. Es gibt viele verschiedene Gerinnungsfaktoren (siehe auch Wie gerinnt Blut).

Es gibt zwei Hauptformen der Hämophilie.

  • Die Hämophilie A, zu der 80 Prozent aller Fälle zählen, basiert auf einem Mangel des Gerinnungsfaktors VIII.

  • Hämophilie B entsteht durch einen Mangel an Gerinnungsfaktor IX.

Die Blutungsmuster und die Folgen dieser zwei Arten von Hämophilie sind ähnlich.

Hämophilie wird durch verschiedene genetische Störungen verursacht. Diese werden durch das X-Chromosom in der Eizelle vererbt (geschlechtsgebundene Vererbung), betreffen aber fast ausschließlich Jungen und Männer (siehe auch x-chromosomale Vererbung).

Wussten Sie ...

  • Im Vergleich zu Männern erkranken Frauen nur äußerst selten an der Hämophilie.

Symptome der Hämophilie

Das Hauptsymptom sind übermäßige Blutungen. Die Blutungen können in Gelenken oder Muskeln sowie im Bauchraum oder Kopf auftreten. Sie können auch durch Hautschnitte, Zahnbehandlungen oder Operationen verursacht werden. Ein Kind mit Hämophilie neigt übermäßig zu Blutergüssen.

Wie schwer die Blutungen ausfallen, hängt davon ab, wie intensiv sich die defekten Gene auf die Funktion der Gerinnungsfaktoren VIII und IX auswirken.

  • Leichte Hämophilie: Gerinnungsaktivität beträgt 5 bis 49 % des Normalwerts.

  • Mittelschwere Hämophilie: Gerinnungsaktivität beträgt 1 bis 5 % des Normalwerts.

  • Schwere Hämophilie: Gerinnungsaktivität beträgt weniger als 1 % des Normalwerts.

Leichte Hämophilie

Eine leichte Hämophilie wird bei Patienten möglicherweise nicht diagnostiziert. Bei diesen Personen können jedoch nach einer Operation, beim Zähneziehen oder bei schweren Verletzungen ungewöhnlich starke Blutungen auftreten.

Mittelschwere Hämophilie

Manchmal tritt bei Patienten mit mittelschwerer Hämophilie eine Blutung ohne erkennbare Ursache auf, jedoch können Operationen und Verletzungen zu unkontrollierbaren und tödlichen Blutungen führen. Bei einer mittelschweren Hämophilie treten die ersten Blutungen normalerweise auf, bevor das Kind 18 Monate alt ist. Nach einer leichten Verletzung kann es zu Blutungen kommen.

Schwere Hämophilie

Im Fall einer schweren Hämophilie treten nach leichten Verletzungen oder ohne erkennbare Ursache wiederholt schwere Blutungen auf.

Bei schwerer Hämophilie tritt die erste Blutungsepisode häufig während oder direkt nach der Entbindung auf. Bei dem Säugling tritt eventuell eine Ansammlung des Blutes unter der Kopfhaut auf (Kephalhämatom) oder er blutet extrem viel während der Beschneidung.

Schon der Stich mit einer Spritze in einen Muskel kann einen umfangreichen Bluterguss und eine Ansammlung von Blut (Hämatom) entstehen lassen. Wiederholte Blutungen in den Gelenken und Muskeln können langfristig zu lähmenden Missbildungen führen. Blutungen können den hinteren Teil der Zunge so stark anschwellen lassen, dass dadurch die Luftröhre verschlossen wird und erhebliche Atembeschwerden auftreten. Ein leichter Schlag auf den Kopf kann eine heftige innere Blutung im Gehirn oder zwischen Gehirn und Schädel verursachen, zu Hirnschäden oder zum Tod führen.

Diagnose der Hämophilie

  • Bluttests

Der Arzt kann eine Hämophilie beispielsweise bei einem Kind (besonders, wenn es ein Junge ist) vermuten, bei dem Blutungen ohne ersichtlichen Grund auftreten oder wenn es nach Verletzungen zu stärkeren Blutungen neigt.

Eine Blutuntersuchung kann bestimmen, ob die Gerinnungsfähigkeit eines Patienten außergewöhnlich niedrig ist. In diesem Fall können weitere Blutuntersuchungen auf die Werte von Faktor VIII und IX die Diagnose der Hämophilie bestätigen und ihre Art und Schwere bestimmen.

Laboruntersuchung

In manchen Fachzentren können Gentests für Frauen, die möglicherweise Trägerinnen der Genmutation sind, sowie pränatale Untersuchungen des Fötus durchgeführt werden.

Behandlung der Hämophilie

  • Ersatz des fehlenden Gerinnungsfaktors

Personen mit Hämophilie müssen Situationen meiden, in denen eine Blutung auftreten kann, und sie dürfen keine Medikamente (z. B. Aspirin und vermutlich auch keine nichtsteroidalen Antirheumatika) einnehmen, die sich auf die Funktion der Blutplättchen auswirken. Sie sollten gewissenhaft ihre Zähne pflegen, damit ihnen kein Zahn gezogen werden muss. Wenn sich Patienten mit leichter Hämophilie einer Operation unterziehen müssen, können sie vorher ε-Aminocapronsäure oder Desmopressin verabreicht bekommen, um die Gerinnung vorübergehend zu unterstützen, damit keine Transfusion erforderlich wird.

Gewöhnlich gehören zur Behandlung Bluttransfusionen, mit denen der fehlende Gerinnungsfaktor ersetzt wird. Diese Faktoren befinden sich gewöhnlich in dem flüssigen Bestandteil des Blutes (Plasma). Die Gerinnungsfaktoren können aus Blutspenden gewonnen werden. Dafür werden diese aus dem Plasma konzentriert oder gereinigt. Aus dem Plasma gereinigte Gerinnungsfaktoren werden so behandelt, dass die meisten möglicherweise in den Blutspenden vorhandenen Viren inaktiviert werden.

Gerinnungsfaktoren können auch mit einer speziellen Technologie im Labor hergestellt werden. Diese hergestellten Gerinnungsfaktoren werden als hochgereinigte rekombinante Faktorkonzentrate bezeichnet. Erhältlich sind rekombinante Formen von sowohl Faktor VIII als auch Faktor IX. Da sie nicht von menschlichen Spendern stammen, besteht das geringe Infektionsrisiko, das bei Faktoren aus gespendetem Blut vorhanden ist, hier nicht.

Dosis, Häufigkeit und Dauer der Behandlung hängen von der Stelle und der Heftigkeit der Blutung ab. Gerinnungsfaktoren können auch vorbeugend gegen Blutungen bei Operationen oder beim ersten Anzeichen einer Blutung eingesetzt werden.

Hämophilie A kann mit Emicizumab behandelt werden, einem Medikament, das so an die Faktoren IX und X bindet, dass das Blut ohne Faktor VIII gerinnen kann.

Zur Behandlung von Hämophilie B wurde vor Kurzem eine Art der Gentherapie verfügbar. Ein ähnliches Medikament wird für die Behandlung von Hämophilie A untersucht.

Einige Menschen mit Hämophilie entwickeln Antikörper gegen die übertragenen Gerinnungsfaktoren, die diese Faktoren zerstören. Dadurch wird die Faktorersatztherapie weniger effektiv. Falls Antikörper im Blut eines Menschen mit Hämophilie entdeckt werden, kann entweder die Dosis des rekombinanten Faktors oder Plasmakonzentrats erhöht werden oder es werden andere Gerinnungsfaktoren bzw. Medikamente zur Verringerung des Antikörperspiegels verabreicht.

Vorbeugung von Hämophilie

Familienmitglieder sollten untersucht werden, um zu sehen, ob sie Träger des veränderten Gens sind.

Weitere Informationen

Die folgenden Quellen in englischer Sprache können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MANUAL nicht für den Inhalt dieser Quelle verantwortlich ist.

  1. National Bleeding Disorders Foundation: Umfassende Informationen zu Blutungsstörungen, einschließlich Aufklärungsprogrammen, Forschung, Interessensgruppen und vor Ort vorhandenen Ressourcen