Schilddrüsenerkrankungen können schon vor einer Schwangerschaft bestanden haben oder sich in ihr entwickeln. Eine Schwangerschaft ändert nichts an den Symptomen von Hypothyreose und Hyperthyreose.
Die Wirkungen auf den Fetus sind, in Abhängigkeit von der Erkrankung und den zur Behandlung eingesetzten Medikamenten, unterschiedlich. Aber im Allgemeinen kann eine unbehandelte oder unzureichend behandelte Hyperthyreose zu Folgendem führen
Unbehandelte Hypothyreose kann Folgendes verursachen
Intellektuelle Defizite bei den Nachkommen
Die häufigsten Ursachen einer mütterlichen Hypothyreose sind die Hashimoto-Thyreoiditis und die Behandlung eines Morbus Basedow.
Wenn die Schwangeren eine Schilddrüsenerkrankung haben oder hatten, sollte während der Schwangerschaft und danach der Funktionszustand der Schilddrüse bei Mutter und Kind engmaschig kontrolliert werden. Struma und Schilddrüsenknoten, die während der Schwangerschaft entdeckt werden, sollten wie bei anderen Patienten abgeklärt werden (siehe Zugang zum Patienten mit einem Schilddrüsenknoten und Einfache ungiftige Struma/Diagnose).
Morbus Basedow
Die Graves-Krankheit der Mutter klinisch und mit Tests auf freies T4 und hochempfindliches Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH) überwacht.
Die Behandlung des Morbus Basedow variiert. Üblicherweise erhalten die Schwangeren die niedrigste mögliche Dosis von oralem Propylthiouracil (50–100 mg alle 8 Stunden). Die therapeutische Wirkung setzt nach 3–4 Wochen ein. Bei Bedarf wird die Dosis dann angepasst. Propylthiouracil passiert die Plazenta und kann beim Fetus zu Struma und Hypothyreose führen. Eine gleichzeitige Anwendung von L-Thyroxin oder L-Trijodthyronin ist kontraindiziert, da diese Hormone bei der Schwangeren möglicherweise die Zeichen einer Überdosierung von Propylthiouracil maskieren und so zu einer Hypothyreose des Feten führen. Methimazol ist eine Alternative für Propylthiouracil. Die Basedow’sche Erkrankung bessert sich im Allgemeinen während des 3. Trimesters und erlaubt oft eine Dosisreduktion oder sogar das Absetzen des Medikaments.
Wenn auch sehr selten, so kann man doch im 2. Trimester, nachdem sich unter der Therapie eine Euthyreose eingestellt hat, in Zentren mit erfahrenen Schilddrüsen-Chirurgen eine Thyreoidektomie in Betracht ziehen. Nach der Thyreoidektomie, beginnend 24 Stunden postoperativ, erhalten die Frauen eine vollständige Substitution durch L-Thyroxin (0,15–0,2 mg 1-mal täglich).
Radioaktives Jod (diagnostisch oder therapeutisch) und Jodidlösungen sind während der Schwangerschaft wegen möglicher Nebenwirkungen auf die Schilddrüse des Feten kontraindiziert. Beta-Blocker kommen nur bei einer thyreotoxischen Krise oder bei ausgeprägten mütterlichen Symptomen zur Anwendung.
Wenn Schwangere einen Morbus Basedow haben oder hatten, kann sich eine Hyperthyreose des Feten entwickeln. Egal, ob diese Frauen klinisch euthyreot, hyperthyreot oder hypothyreot sind, passieren Schilddrüsen-stimulierende Immunglobuline (IgG) und (falls vorhanden) Schilddrüsen-blockierende IgG die Plazenta. Die jeweils aktuelle fetale Schilddrüsenfunktion spiegelt die relative Höhe dieser stimulierenden und blockierenden IgG wider. Eine Hyperthyreose kann eine fetale Tachykardie (> 160 Schläge/Minute), Wachstumsretardierung und eine Struma verursachen; selten führt die Struma dann zur Abnahme der fetalen Schluckbewegungen, Polyhydramnion und Frühgeburt. Die Sonographie dient zur Beurteilung von Größe, Schilddrüse und Herz des Feten.
Kongenitaler Morbus Basedow
Falls schwangere Frauen Propylthiouracil eingenommen haben, kann eine Basedow’sche Erkrankung des Feten bis zu 7–10 Tage nach der Geburt, wenn die Wirkungen des Medikaments abflauen, maskiert bleiben.
Mütterliche Hypothyreose
Frauen mit leichter oder mäßiggradiger Hypothyreose haben oft normale Menstruationszyklen und können schwanger werden.
Während der Schwangerschaft wird die gewohnte L-Thyroxin-Dosis beibehalten. Mit Fortschreiten der Schwangerschaft können kleinere Dosisanpassungen, denen idealerweise TSH-Bestimmungen in mehrwöchigem Abstand zugrunde liegen, notwendig sein.
Wenn eine Hypothyreose erstmals während der Schwangerschaft diagnostiziert wird, wird mit der Verabreichung von L-Thyroxin begonnen; die Dosierung richtet sich nach dem Gewicht. Normalerweise benötigen schwangere Frauen eine höhere Dosis als nicht-schwangere Frauen.
Hashimoto-Thyreoiditis
Die mütterliche Immunsuppression während der Schwangerschaft verbessert oft die Hashimoto-Thyreoiditis; dennoch entwickelt sich manchmal eine therapiebedürftige Hypo- oder Hyperthyreose.
Akute (subakute) Thyreoiditis
Während einer Schwangerschaft bewirkt eine akute Thyreoiditis häufig während oder nach einem Atemwegsinfekt eine leichte Struma. Es kann eine passagere symptomatische Hyperthyreose mit erhöhtem T4 auftreten, die dann zur Fehldiagnose eines Morbus Basedow führt.
Eine Behandlung ist meist nicht nötig.
Postpartale mütterliche Schilddrüsenfunktionsstörung
4–7% der Frauen erleben während der ersten 6 Monate nach der Geburt eine hypo- oder hyperthyreote Funktionsstörung. Die Inzidenz scheint höher zu sein unter schwangeren Frauen mit
Struma
Hashimoto-Thyreoiditis
Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse in der Familienananmnese
Typ 1 (Insulin-abhängiger) Diabetes mellitus
Bei Frauen mit einem dieser Risikofaktoren sollten TSH und die Spiegel des freien T4 während des 1. Trimesters und nach der Geburt bestimmt werden. Die Funktionsstörung ist meist vorübergehend, kann aber einer Therapie bedürfen. Eine Basedow’sche Erkrankung rezidiviert manchmal nach der Geburt passager oder bleibt bestehen.
Bei einer schmerzlosen Thyreoiditis mit kurzzeitiger Hyperthyreose handelt es sich, wie erst vor kurzem erkannte wurde, wahrscheinlich um eine Autoimmunerkrankung. Sie tritt plötzlich in den ersten postpartalen Wochen auf, zeigt nur eine geringe Aufnahme von radioaktivem Jod und ist durch eine lymphozytäre Infiltration charakterisiert. Die Diagnose ergibt sich aus Symptomen, Schilddrüsenfunktionstests und durch Ausschluss anderer Erkrankungen. Diese Erkrankung kann persistieren, vorübergehend rezidivieren oder fortschreiten.