Eine postpartale Blutung ist ein Blutverlust von > 1000 ml oder ein Blutverlust, der mit Symptomen oder Anzeichen einer Hypovolämie innerhalb von 24 Stunden nach der Entbindung einhergeht. Die Diagnose wird klinisch gestellt. Die Behandlung richtet sich nach der Ätiologie der Blutung.
Ätiologie der postpartalen Blutung
In den meisten Fällen einer postpartalen Blutung ist
Uterusatonie
Risikofaktoren für Uterusatonie beinhalten
Uterine Überblähung (verursacht durch Mehrlingsschwangerschaft, Polyhydramnion, Anomalie des Fetus oder einen ungewöhnlich großen Feten)
Verlängerung der Wehentätigkeit oder Störungen der Wehentätigkeit
Grand-Multiparität (Entbindung von ≥ 5 lebensfähigen Föten)
relaxante Anästhetika
Schnelle Wehen
Intraamniale Infektion (Chorioamnionitis)
Zu anderen Ursachen für eine postpartale Blutung gehören
Verletzungen des Genitaltrakts
Weiterreißen einer Episiotomie
Retention von Plazentagewebe
Hämatom
Intraamniale Infektion
Subinvolution (unvollständige Rückbildung) der Plazentahaftfläche (die gewöhnlich früh auftritt, sich aber auch bis zu einem Monat nach der Geburt ereignen kann).
Uterusmyome können zur Entstehung von postpartalen Blutungen beitragen. Eine postpartale Blutung in der Vorgeschichte kann auf ein erhöhtes Risiko hinweisen.
Diagnose der postpartalen Blutung
Klinische Schätzung des Blutverlusts
Überwachung der Vitalparameter
Es gibt verschiedene Assessment-Tools (z. B. Checklisten), die Geburtshelfer und Gesundheitseinrichtungen dabei unterstützen, Wege zu entwickeln, um postpartale Blutungen schnell zu erkennen und zu behandeln (1, 2). Diese Instrumente sind weithin verfügbar und können an die Bedürfnisse der jeweiligen Patientengruppe angepasst werden.
Literatur zur Diagnose
1. California Maternal Quality Care Collaborative Hemorrhage Task Force: OB hemorrhage toolkit V 2.0. Aufgerufen am 2.11.23
2. American College of Obstetricians and Gynecologists’ Committee on Practice Bulletins—Obstetrics: Practice Bulletin No. 183: Postpartum hemorrhage. Obstet Gynecol 130:e168–186, 2017. doi:10.1097/AOG.0000000000002351
Behandlung von postpartalen Blutungen
Volumenersatz und manchmal Transfusion
Uterusmassage
Entfernung von zurückgebliebenem Plazentagewebe
Reparatur von Genitaltraktrisswunden
Uterotonika (z. B. Oxytocin, Prostaglandine, Methylergonovin)
Gelegentlich chirurgische Eingriffe
Das intravasale Volumen wird mit bis zu 2 l 0,9%iger NaCl-Lösung IV wieder aufgefüllt. Wenn dieses Volumen an NaCl-Lösung unzureichend ist, erfolgt eine Bluttransfusion.
Procedure by Kate Barrett, MD and Will Stone, MD, Walter Reed National Military Medical Center Residency in Obstetrics and Gynecology; Barton Staat, MD, Uniformed Services University; and Shad Deering, COL, MD, Chair, Department of Obstetrics and Gynecology, Walter Reed National Military Medical Center Residency in Obstetrics and Gynecology; Assisted by Elizabeth N Weissbrod, MA, CMI, Eric Wilson, 2LT, and Jamie Bradshaw at the Val G. Hemming Simulation Center an der Uniformed Services University.
Verfahren von Kate Leonard, MD, und Will Stone, MD, Walter Reed National Military Medical Center Residency in Obstetrics and Gynecology; und Shad Deering, COL, MD, Vorsitzender, Department of Obstetrics and Gynecology, Uniformed Services University. Unterstützt von Elizabeth N. Weissbrod, MA, CMI, Eric Wilson, 2LT und Jamie Bradshaw im Val G. Hemming Simulation Center an der Uniformed Services University.
Procedure by Kate Barrett, MD and Will Stone, MD, Walter Reed National Military Medical Center Residency in Obstetrics and Gynecology; Barton Staat, MD, Uniformed Services University; and Shad Deering, COL, MD, Chair, Department of Obstetrics and Gynecology, Uniformed Services University and Walter Reed National Military Medical Center. Unterstützt von Elizabeth N Weissbrod, MA, CMI, Eric Wilson, 2LT und Jamie Bradshaw am Val G. Hemming Simulation Center an der Uniformed Services University.
Blutstillung wird über eine bimanuelle Massage des Uterus und eine Oxytocininfusion IV zu erreichen versucht. Eine Oxytocinlösung als Infusion (10 oder 20 [bis zu 80] I.E./1000 ml der Infusionslösung) in 125–200 ml/h gegeben. Das Medikament wird so lange gegeben, bis der Uterus fest ist, dann reduziert oder abgesetzt. Oxytocin sollte nicht als IV Bolus verabreicht werden, da es zu schwerer Hypertonie führen kann.
Zudem muss der Uterus auf Verletzungen und zurückgehaltenes Plazentagewebe untersucht werden. Zervix und Vagina werden ebenfalls untersucht; Verletzungen sind zu versorgen. Blasendrainage via Katheter kann gelegentlich eine Uterusatonie reduzieren.
15-Methylprostaglandin F2-Alpha (250 mcg i.m. alle 15–90 Minuten bis zu 8-mal) oder alle 2–4 Stunden Methylergonovin (0,2 mg i.m., evtl. gefolgt von 0,2 mg p.o., 3–4-mal/Tag über insgesamt 1 Woche), wenn während der Oxytocininfusion eine exzessive Blutung fortbesteht. Während eines Kaiserschnittes können diese Medikamente direkt in das Myometrium injiziert werden. 10 Einheiten Oxytocin können auch direkt in das Myometrium injiziert werden. Wenn kein Oxytocin verfügbar ist, kann stattdessen hitzestabiles Carbetocin i. m. verabreicht werden. Frauen mit Asthma sollten keine Prostaglandine erhalten, Frauen mit Bluthochdruck kein Methylergonovin. In einigen Fällen kann mit Misoprostol (800–1000 mcg rektal) der Uterustonus erhöht werden.
Durch Auffüllung oder Platzierung eines Bakri-Ballons im Uterus kann manchmal eine Tamponade erreicht werden. Dieser Silikon-Ballon kann bis zu 500 ml aufnehmen und einem inneren und äußeren Druck von bis zu 300 mmHg widerstehen. Kann keine Blutstillung erreicht werden, können chirurgische Platzierung einer B-Lynch-Naht (Naht zur Kompression des unteren Uterussegments über mehrere Insertionen), Ligatur der A. hypogastrica oder Hysterektomie erforderlich werden. Eine Uterusruptur muss chirurgisch versorgt werden.
Es kann eine intrauterine vakuuminduzierte Blutungskontrollvorrichtung verwendet werden. Es wird ein schwacher Sog erzeugt, um Gebärmutterkontraktionen auszulösen, wodurch die Gebärmutter in sich zusammenfällt; infolgedessen verengen sich die Blutgefäße in der Gebärmutterschleimhaut und die Blutung wird schnell gestoppt (1). Das Gerät besteht aus einer Intrauterinschlinge, einer dehnbaren Dichtung, die mit steriler Flüssigkeit gefüllt ist und die Zervix blockiert, um das Vakuum aufrechtzuerhalten, und einem Vakuumanschluss, der an einem Schlauch befestigt ist, der mit einer Vakuumquelle verbunden ist. Die Absaugung wird 1 Stunde lang durchgeführt, nachdem die Blutung gestillt ist.
Blutprodukte werden bei Bedarf, abhängig vom Grad des Blutverlusts und klinischer Anzeichen eines Schocks, transfundiert. Massive Transfusion von gefüllten Erythrozyten, frischem gefrorenem Plasma und Blutplättchen im Verhältnis 1:1:1 kann nach Rücksprache mit der Blutbank in Betracht gezogen werden (2).
Tranexamsäure kann auch verwendet werden, wenn die anfängliche medizinische Behandlung unwirksam ist (1 g intravenös über 10 Minuten).
Literatur zur Therapie
1. D’Alton ME, Rood KM, Smid M C, et al: Intrauterine vacuum-induced hemorrhage-control device for rapid treatment of postpartum hemorrhage. Obstet Gynecol 136 (5):1–10, 2020. doi: 10.1097/AOG.0000000000004138
Prävention der postpartalen Blutung
Prädisponierende Faktoren (z. B. Leiomyome des Uterus, Polyhydramnion, Mehrlingsschwangerschaft, eine mütterliche Blutungsstörung, purerperale Blutung oder postpartale Blutung in der Anamnese) müssen vor der Geburt erkannt und, soweit möglich, therapiert werden.
Wenn Frauen eine ungewöhnliche Blutgruppe haben, wird das für die Transfusion verfügbare Blut, das für diese Blutgruppe geeignet ist, im Voraus zur Verfügung gestellt. Ziel sollte immer eine sorgfältige, ruhige Geburt mit einem Minimum an Interventionen sein.
Mit Oxytocin 10 I.E. i.m. oder in einer Infusion gelöst (10–20 I.E. in 1000 ml einer IV Lösung, 125–200 ml/h über 1–2 h) sind nach der Lösung der Plazenta normalerweise eine gute Uteruskontraktion und ein verminderter Blutverlust zu erreichen.
Nach ihrer Ausstoßung muss die Plazenta sorgfältig auf Vollständigkeit untersucht werden. Ist sie unvollständig, wird der Uterus manuell ausgetastet, und zurückgehaltene Teile der Plazenta werden entfernt. Selten muss eine Kürettage erfolgen.
Der Uterustonus und die Menge des vaginalen Blutverlustes müssen bis 1 h nach Beendigung der 3. Geburtsphase beobachtet werden.
Wichtige Punkte
Vor der Enbindung sollte das Risiko für postpartale Blutungen, einschließlich der Identifikation von vorgeburtlichen Risikofaktoren (z. B. Blutungsstörungen, Mehrlingsschwangerschaft, Polyhydramnion, ungewöhnlich großer Fetus, hohe Multiparität), beurteilt werden.
Instrumente zur Beurteilung postpartaler Blutungen sind weithin verfügbar und können an die jeweilige Patientengruppe angepasst werden.
Intravaskuläres Volumen sollte aufgefüllt, genitale Verletzungen versorgt und zurückgehaltenes Plazentagewebe entfernt werden.
Der Uterus sollte massiert und Uterotonika (z. B. Oxytocin, Prostaglandine, Methylergonovin) bei Bedarf gegeben werden.
Wenn die Blutung anhält, ziehen Sie die Verwendung eines intrauterinen Vakuumgerätes, intrauterine Ballontamponade, Verpackung, chirurgische Verfahren und Transfusion von Blutprodukten in Betracht.
Frauen mit erhöhtem Risiko sollten langsam und ohne unnötige Eingriffe entbinden.