Perinatale Tuberkulose

VonBrenda L. Tesini, MD, University of Rochester School of Medicine and Dentistry
Überprüft/überarbeitet Juli 2022
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Tuberkulose kann während der Neugeborenenperiode erworben werden. Symptome und Befunde sind unspezifisch. Die Diagnose wird durch Kultur und manchmal Röntgenaufnahme oder Biopsie gestellt. Die Behandlung erfolgt mit Isoniazid und anderen Antituberkulotika.

( See also page Tuberkulose bei Erwachsenen und Übersicht über Infektionen des Neugeborenen.)

Kleinkinder können Tuberkulose (TB) auf folgendem Weg erwerben:

  • Transplazentare Verbreitung durch die Nabelschnur zu der fetalen Leber

  • Aspiration oder Verschlucken von infiziertem Fruchtwasser

  • Tröpfcheninfektion von engen Kontakten (Familienmitglieder oder Stationspersonal)

Über 50% der Kinder einer Mutter mit aktiver Lungentuberkulose erkranken während des ersten Lebensjahres, sofern sie nicht prophylaktisch behandelt wurden oder keine Bacille Calmette-Guérin (BCG)-Impfung erfolgt ist.

Symptome und Anzeichen einer perinatalen TB

Das klinische Erscheinungsbild einer neonatalen Tuberkulose ist unspezifisch und meistens durch Beteiligung multipler Organsysteme gekennzeichnet. Das Neugeborene kann akut oder chronisch krank aussehen und es können Fieber, Lethargie, Atemnot oder nicht behandelbare Pneumonie, Hepatosplenomegalie oder Gedeihstörung auftreten.

Diagnose der perinatalen Tuberkulose

  • Kultur von Trachealaspirat, Magensekret, Urin und Liquor

  • Thorax-Röntgenaufnahme

  • Manchmal Hauttests

Bei allen Neugeborenen mit Verdacht auf angeborene Tuberkulose und bei Säuglingen von Müttern mit aktiver Tuberkulose sollte eine Thorax-Röntgenaufnahme und eine Kultur des Trachealaspirats, Magensekret und Urin auf säurefeste Bazillen erfolgen. Eine Lumbalpunktion sollte gemacht werden, um Zellanzahl, Glukose und Protein zu messen und um eine Kultur des Liquors zu anzulegen. Die Plazenta sollte untersucht und es sollte von ihr eine Kultur angelegt werden. Hauttests sind nicht sehr empfindlich, besonders anfänglich, aber sie sollten durchgeführt werden. Tuberkulose-spezifische Interferon-Gamma-Freisetzungstests, die bei Erwachsenen nützlich sind, sind wegen ihrer geringen Empfindlichkeit nicht für die Anwendung bei Säuglingen zugelassen. Eine Biopsie der Leber, der Lymphknoten, der Lunge oder Pleura kann notwendig sein, um die Diagnose zu bestätigen. Der Säugling sollte auf HIV getestet werden.

Gesund wirkende Neugeborene, deren Mütter einen positiven Hauttest, aber keinerlei Anzeichen einer aktiven Krankheit und einen negativen Röntgenthorax haben, sollten bald erneut untersucht werden. Auch alle Familienmitglieder sollten untersucht werden. Wenn keine Exposition zu einem Fall von aktiver Tuberkulose vorhanden ist, braucht das Neugeborene keine Behandlung oder Labortests. Wenn eine signifikante Exposition zu einem Fall mit aktiver Tuberkulose in der Umgebung des Neugeborenen nach der Geburt erkannt wird, sollte das Neugeborene mit Verdacht auf Tuberkulose untersucht werden wie oben beschrieben.

Tipps und Risiken

  • Hauttest sind nicht sehr empfindlich für perinatale Tuberkulose, vor allem anfangs, aber sie sollten durchgeführt werden.

Behandlung der perinatalen Tuberkulose

  • Isoniazid (INH) bei positivem Hauttest oder hohem Risiko einer Exposition

  • Die Zugabe von anderen Medikamenten (z. B. Rifampicin, Ethambutol, Ethionamid, Pyrazinamid, ein Aminoglykosid) ist indiziert, wenn Tuberkulose vorhanden ist

Die Behandlung hängt davon ab, ob es eine aktive Tuberkuloseerkrankung oder nur ein positiver Hauttest ist (von Mutter, Säugling oder beiden), was auf eine Infektion ohne Krankheit hinweist.

Schwangere mit einem positiven Tuberkulintest

Frauen werden auf aktive Tuberkulose untersucht. Wenn eine aktive Erkrankung ausgeschlossen ist, kann eine Behandlung mit Isoniazid auf nach der Geburt verschoben werden, weil die Hepatotoxizität von Isoniazid sich in der Schwangerschaft erhöht. Außerdem ist das Risiko, Tuberkulose von einer Mutter mit positivem Tuberkulintest übertragen zu bekommen für Neugeborene höher als für den Fetus. Jedoch wenn die Frau erst vor kurzem einen Kontakt mit einer tuberkulösen Person hatte (in diesem Fall der Nutzen die Risiken also überwiegt) kann eine Behandlung über 9 Monate erfolgen, begleitet von ergänzendem Pyridoxin. Eine Behandlung der schwangeren Frau, die einer ansteckenden Tuberkulose ausgesetzt war, sollte aufgeschoben werden, bis das 1. Trimester abgeschlossen ist.

Neugeborene mit einem positiven Tuberkulintest

Sofern keine klinischen oder radiologischen Befunde für eine Krankheit sprechen, sollte das Neugeborene Isoniazid 10–15 mg/kg p.o. einmal täglich über 9 Monate erhalten und engmaschig überwacht werden. Ausschließlich gestillte Neugeborene sollte Pyridoxin 1–2 mg/kg einmal täglich verabreicht werden.

Schwangere mit einer aktiven Tuberkulose

Isoniazid, Ethambutol und Rifampicin, in den empfohlenen Dosierungen angewendet, haben während der Schwangerschaft keine teratogene Wirkung auf den Fetus gezeigt. Das in den USA empfohlene initiale orale Therapieschema umfasst Isoniazid (300 mg p.o.), Ethambutol (15–25 mg/kg, maximal 2,5 g) und Rifampicin (600 mg p.o.). Alle schwangeren und stillenden Frauen, die mit Isoniazid behandelt werden, sollen auch Pyridoxin (25–30 mg p.o.) einnehmen. All diese Medikamente können einmal täglich eingenommen werden. Die Therapie dauert im Normalfall 9 Monate. Im Falle einer Resistenz sollte ein Spezialist hinzugezogen werden. Womöglich kann die Ausdehnung der Therapie auf 18 Monate erforderlich werden.

Streptomycin ist potenziell ototoxisch für den Fetus und darf während der Frühschwangerschaft nicht verordnet werden, sofern Rifampicin nicht kontraindiziert ist. Wenn möglich, sollten andere Antituberkulotika aufgrund ihrer Teratogenität (z. B. Ethionamid) oder wegen des Mangels an Erfahrungen mit diesem Medikament in der Schwangerschaft vermieden werden.

Das Stillen ist für Mütter unter tuberkulostatischer Therapie nicht kontraindiziert, sofern sie nicht infektiös sind.

Patienten mit aktiver Tuberkulose sind meldepflichtig. Mütter mit aktiver Tuberkulose sollten auf HIV getestet werden.

Asymptomatische Neugeborene, deren Mutter oder enge Kontakte aktive Tuberkulose haben

Das Neugeborene wird wie oben beschrieben auf angeborene Tuberkulose untersucht und wird normalerweise nur solange von der Mutter getrennt, bis die Behandlung von Mutter und Kind Wirksamkeit zeigt. Wenn eine angeborenen Tuberkulose ausgeschlossen wird und sobald das Neugeborene Isoniazid erhält, ist eine Trennung nicht mehr erforderlich, es sei denn die Mutter (oder ein Familienmitglied) hat resistente Erreger in sich oder hält sich nicht an die vorgeschriebene Behandlung (z. B. indem sie mit aktiver Tuberkulose keinen Mundschutz trägt) und eine kontrollierte Behandlung nicht möglich ist. Es empfiehlt sich, Personen mit engem Kontakt zur Familie zu untersuchen, um eine bisher nicht diagnostizierte Tuberkulose zu entdecken, bevor das Kind entlassen wird.

Wenn die Einhaltung der Behandlung einigermaßen gesichert ist und die Familie nicht tuberkulös ist (d. h. wenn die Mutter behandelt wird und keine anderen Ansteckungsmöglichkeiten vorhanden sind), kann das Neugeborene einer Behandlung mit Isoniazin 10–15 mg/kg p.o. 1-mal täglich erhalten und zur üblichen Zeit entlassen werden. Ausschließlich gestillte Säuglinge sollten 1–2 mg/kg einmal täglich Pyridoxin erhalten.

Hauttests sollten im Alter von 3 oder 4 Monaten erfolgen. Wenn das Neugeborene Tuberkulin-negativ ist und der anfängliche infektiöse Kontakt konsequent und erfolgreich behandelt wird, kann die Isoniazid-Behandlung eingestellt werden. Wenn der Hauttest positiv ist, werden Thorax-Röntgenaufnahmen und Kulturen für säurefeste Bazillen durchgeführt, wie zuvor beschrieben. Wenn eine akute Erkrankung ausgeschlossen wird, kann die Behandlung mit Isoniazid für insgesamt 9 Monate fortgesetzt werden. Wenn Kulturen positiv auf Tuberkulose reagieren, wird das Neugeborene für akute Tuberkulose behandelt.

Wenn eine gute Compliance in einer nichttuberkulösen Umgebung nicht sichergestellt werden kann, sollte eine Bacille Calmette-Guérin-Impfung erwogen und eine INH-Therapie frühestmöglich begonnen werden. (Obwohl Isoniazid die Vermehrung der Calmette-Guérin-Bazillus-Vakzinen-Erreger hemmt, ist die Kombination einer Bacille Calmette-Guérin-Impfung und Isoniazid-Behandlung durch klinische Studien und Erfahrungsberichte belegt.) Die Bacille Calmette-Guérin-Impfung schützt nicht vor einer Ansteckung oder der Entwicklung einer Tuberkulose, sie bietet jedoch einen gewissen Schutz gegen schwere und disseminierte Infektionen (z. B. tuberkulöse Meningitis). Bacille Calmette-Guérin sollte nur gegeben werden, wenn Haut und HIV Testergebnisse des Neugeborenen negativ sind. Diese Kinder sollten insbesondere im ersten Lebensjahr engmaschig auf die Entwicklung einer tuberkulösen Krankheit untersucht werden.

(CAVE: Die Bacille Calmette-Guérin-Impfung ist bei immunsupprimierten Patienten und solchen mit Verdacht auf eine HIV-Infektion kontraindiziert. Allerdings empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation [anders als die American Academy of Pediatrics] bei asymptomatischen HIV-infizierten Kindern die Bacille Calmette-Guérin-Impfung bei oder kurz nach der Geburt.)

Neugeborene mit einer aktiven Tuberkulose

Die American Academy of Pediatrics empfiehlt die Behandlung mit Isoniazid (10–15 mg/kg p.o.), Rifampicin 10–20 mg/kg p.o., Pyrazinamid (30–40 mg/kg p.o.) und Aminoglykosid (z. B. Amikacin —siehe Tabelle Empfohlene Dosierung ausgewählter oraler Antibiotika für Neugeborene). Dieser Behandlungsplan sollte entsprechend den Testergebnissen auf Resistenzen modifiziert werden. Pyridoxin wird gegeben, wenn das Neugeborene ausschließlich gestillt wird. Ethambutol wird in der Regel vermieden, da es okulare Toxizität verursacht, die bei Neugeborenen nicht zu beurteilen ist.

Für Tuberkulose, die nach der Geburt erworben wurde, besteht die empfohlene Behandlung in einer Gabe von Isoniazid 10–15 mg/kg p.o. mit Rifampicin 10–20 mg/g p.o. und Pyrazinamid 30–40 mg/kg einmal täglich. Ein viertes Medikament wie Ethambutol 20–25 mg/kg p.o. 1-mal täglich, Ethionamid 7,5–10 mg/kg p.o. 2-mal täglich (oder 5–6,67 mg/kg p.o. 3-mal täglich) oder ein Aminoglykosid sollte hinzugefügt werden, wenn eine Arzneimittelresistenz oder tuberkulöse Meningitis vermutet wird oder das Kind in einem Gebiet lebt, wo die HIV-Prävalenz unter Tuberkulosepatienten bei ≥ 5% liegt. Nach den ersten 2 Monaten der Behandlung werden Isoniazid und Rifampicin fortgesetzt, um eine 6–12 Monate-Behandlung (je nach Krankheitskategorie) zu Ende zu bringen. Andere Medikamente können abgesetzt werden. Gestillte Kinder sollten zusätzlich auch Pyridoxin erhalten.

Bei einer ZNS-Beteiligung sollte die initiale Therapie auch Kortikosteroide umfassen (Prednison 2 mg/kg p.o.1-mal täglich [maximal 60 mg/Tag] über 4–6 Wochen, dann ausschleichend). Andere Therapien werden so lange fortgeführt, bis die Symptome einer Meningitis verschwunden und zwei aufeinander folgende, im Abstand von einer Woche entnommene Liquorkulturen negativ sind. Danach kann die Therapie mit Isoniazid und Rifampicin einmal täglich oder zweimal wöchentlich für weitere 10 Monate fortgesetzt werden. Kortikosteroide können auch für Säuglinge und Kinder mit schwerer miliarer Krankheit, Pleura- oder Perikarderguss oder endobronchialer Krankheit oder Säuglinge mit Bauchtuberkulose in Betracht gezogen werden.

Eine Tuberkulose bei Kindern, die nicht kongenital erworben wurde, keine ZNS-, Knochen- oder Gelenkbeteiligung zeigt und von medikamentensensitiven Erregern herrührt, kann erfolgreich mit einer 6–9-monatigen Behandlung therapiert werden. Die von der Mutter oder dem Kind angezüchteten Bakterien sollten auf ihre Erregerempfindlichkeit gegenüber verschiedenen Medikamenten getestet werden. Hämatologische, hepatische und otologische Symptome werden regelmäßig zur Bestimmung des Therapieerfolgs und der Medikamententoxizität überwacht. Häufige Laboruntersuchungen sind meistens nicht notwendig.

Die Strategie der Directly Observed Therapy wird wann immer möglich angewendet, um die Compliance zu verbessern und den Therapieerfolg zu sichern. Die meisten Antituberkulotika stehen nicht in einer Dosierung für Kinder zur Verfügung. Wenn möglich, sollte erfahrenes Personal den Kindern diese Medikamente verabreichen.

Prävention von perinataler TB

Eine routinemäßige Bacille Calmette-Guérin-Impfung ist bei Neugeborenen in entwickelten Ländern nicht indiziert, könnte aber die Erkrankungshäufigkeit bei Kindern senken und die Schwere der Erkrankung in anfälligen Risikogruppen mindern.

Wichtige Punkte

  • Tuberkulose kann transplazentar erworben werden, durch Aspiration von infiziertem Fruchtwasser oder durch respiratorische Übertragung nach der Geburt.

  • Symptome neonataler Tuberkulose sind unspezifisch, aber in der Regel sind mehrere Organe (einschließlich Lungen, Leber und/oder Zentralnervensystem) beteiligt.

  • Röntgenthorax und Tuberkulosekultur, Trachealaspirat, Magensekret, Urin und Liquor werden zur Diagnostik eingesetzt.

  • Verabreichen Sie Isoniazid (INH) bei positivem Hauttest oder hoher Risikoexposition.

  • Zusätzlich sollten andere Medikamente (z. B. Rifampicin, Ethambutol, Pyrazinamid, Ethionamid, ein Aminoglykosid) bei aktiver Tuberkulose eingesetzt werden.