Erkennung von arzneimittelresistenter Tuberkulose – Kommentar

Kommentar05.12.17 Matthew E. Levison, MD, Former Professor, School of Public Health, Drexel University; Adjunct Professor of Medicine, Drexel University College of Medicine

Eine arzneimittelresistente Tuberkulose (TB) stellt nach wie vor eine Bedrohung dar, die alle Bemühungen zur Beseitigung von TB entscheidend erschwert. Der Anstieg der Fälle mit TB-Infektionen in vielen Ländern, die resistent gegenüber mehreren Arzneimitteln sind (MDR-TB), verlangt nach einem schnelleren und akkurateren Schnelltest zur Empfindlichkeitsprüfung (DST) für TB-Antiwirkstoffe sowohl der Erst- als auch der Zweitlinie, der für rasche therapeutische Entscheidungen sorgt. Von einer MDR-TB spricht man, wenn sie gegen die 2 effektivsten TB-Medikamente, Isoniazid (INH) und Rifampin (RIF), resistent ist. Eine extrem arzneimittelresistente TB (XDR TB) ist eine Form von MDR TB, die gegenüber INH und RIF, plus jedem Fluoroquinolone (FQ) und mindestens einer der drei injizierbaren Zweitlinien-Wirkstoffe, Amikacin (AMK), Kanamycin (KAN) oder Capreomycin (CAP) gegenüber resistent ist. 2016 gab es weltweit 600.000 neue Fälle von Resistenz gegen Rifampin (RR-TB), davon 490.000 MDR TB. Nahezu die Hälfte (47 %) dieser Fälle kamen aus Indien, China und Russland.

Eine Arzneimittelresistenz bei M. tuberculosis entsteht ausschließlich durch Mutationen in spezifischen Genen und wurde mit > 20 Mutationen in > 11 Genen und Promoterregionen assoziiert. Eine Resistenz gegen mehrere Arzneimittel entsteht durch Akkumulation mehrfacher Mutationen. Allerdings sind längst nicht alle Mutationen bekannt, die zu einer Resistenz führen.

Mehr als 95 % der RIF-resistenten Stämme von M. tuberculosis weisen Mutationen innerhalb der RIF-Resistenz-bestimmenden Region (RRDR) des rpoB-Gens auf, und es wurden mehrere molekulare Gentests zum Nachweis von RRDR-Mutationen entwickelt.

Empfindlichkeitsprüfungen sind von essenzieller Bedeutung:

  • als Entscheidungshilfe für die Arzneimittelwahl
  • zur Bestimmung, ob ein schlechtes klinisches Ansprechen auf der Bildung einer Resistenz beruht
  • zur Prüfung der Arzneimittelresistenz

Noch gelten phänotypische Testmethoden auf Kulturbasis als Goldstandard für eine DST. Aber diese Methoden haben den wesentlichen Nachteil, dass sie extrem lang brauchen, bis ein Ergebnis vorliegt. Aufgrund des langsamen Wachstums von M. tuberculosis können die Ergebnisse bei Verwendung von soliden Medien sechs bis acht Wochen und bei Flüssigmedien vier bis fünf Wochen auf sich warten lassen. DSTs auf Kulturbasis stellen zudem eine extrem hohe biologische Gefahr dar und dürfen nur unter strengen Sicherheitsauflagen und von geschultem Personal durchgeführt werden.

Um diese Nachteile auszuräumen wurden genetische DST-Schnelltests entwickelt, die den Testdurchlauf von Monaten auf mehrere Stunden herunterkürzen. Diese Schnelldiagnose auf Arzneimittelresistenz mittels molekularer Methoden ist unerlässlich für den sofortigen Beginn einer Antibiotikatherapie und somit für bessere Behandlungsergebnisse und die Reduzierung der Übertragung von MDR TB. Bei aller Schnelligkeit sollten genetische DST aber auch akkurat und – um auch als Ressourcen in armen Ländern, wo die meisten MDR-TB-Patienten leben, verfügbar sein zu können – einfach in der Anwendung und kostengünstig sein.

Der genetische Nachweis einer RIF-Resistenz ist nun in Industrieländern generell verfügbar und findet auch in Entwicklungsländern zunehmend breitere Anwendung. Der von der WHO befürwortete GeneXpert MTB/RIF-Test (Cepheid) ist ein automatisiertes geschlossenes System, das schnelle PCR-Techniken einsetzt, für den Nachweis von DNA-Sequenzen in Sputumproben, die spezifisch für M. tuberculosis sowie für bestimmte Mutationen, die zur RIF-Resistenz führen, sind. Eine RIF-Resistenz wird als Ersatzmarker für eine MDR TB eingesetzt, da 95 % der Stämme, die resistent gegen RIF sind, auch gegen INH resistent sind. Der Test weist eine viel höhere Genauigkeit als der Sputum-Mikroskopie-Test auf. Das Testverfahren ist innerhalb von 2 Stunden abgeschlossen, birgt minimale Biogefahren und kann auch von weniger geschulten Mitarbeitern durchgeführt werden, die dafür nur eine einfache technische Schulung benötigen.

Der GeneXpert MTB/RIF-Test ist über verschiedene geografische Regionen hinweg hoch akkurat und hat für einen Anstieg des Nachweises von RR-TB weltweit gesorgt. Der Test erkennt > 97 % der Patienten mit RIF-Resistenz gemäß Nachweis in Kultur (1) und weist eine Spezifität von nahezu 99 % auf.

Allerdings hinkt der DST-Schnelltest bei Zweitlinien-Wirkstoffen hinterher. Ein DST-Schnelltest für FQs und die injizierbaren Zweitlinien-Wirkstoffe AMK, KAN und CAP wird daher für den Nachweis von XDT-TB dringend benötigt. Auf Basis der GeneXpert-Plattform wurde ein Assay im Prüfstadium für einen Schnelltest von Genen in Zusammenhang mit einer Resistenz gegen INH, FQs (Moxifloxacin und Ofloxacin) und Aminoglykoside (Amikacin und Kanamycin) entwickelt.

Eine kürzlich durchgeführte Studie im New England Journal of Medicine beurteilte die diagnostische Genauigkeit dieses Prüf-Assays bei Patienten in China und Südkorea (2). Bei Einsatz einer DNA-Sequenzierung als Referenzstandard, erreichte das Prüf-Assay das Ziel von 95 % Sensitivität der WHO für INH, die FQs und AMK und verfehlte das Sensitivitätsziel für KAN um ca. 2 Prozentpunkte. Bei Einsatz eines Kultur-basierten Standards war die Sensitivität des Prüf-Assays zur Erkennung einer Resistenz niedriger – 83,3 % für INH, 88,4 % und 87,6 % für Ofloxacin bzw. Moxifloxacin; und 71,4 % und 70,7 % für Kanamycin bzw. Amikacin. Die Spezifität lag allerdings im Vergleich zum WHO-Ziel von 98 % zwischen 94,3 und 99,6 %.

Einschränkungen und Aspekte

Diese Studie evaluierte nicht die Resistenz gegen CAP, obgleich Aussagen zufolge die, mittels Assay nachgewiesene rrs-Mutation die „Mehrzahl“ der CAP-Resistenzen ausmachte. Zudem wurde hier auch nicht die Resistenz gegen andere Erstlinien-Wirkstoffe, wie Streptomycin, Ethambutol und Pyrazinamid (PZA) getestet, die bei MDR TB von Nutzen sein könnten. Eine weitere Beschränkung dieser Studie war die begrenzte geografische Repräsentation durch die Teilnehmer und Stämme von M. tuberculosis. Aber es ist zu erwarten, dass sich der Test in zukünftigen Studien auf globaler Ebene als nützlich erweisen wird.

Die Übereinstimmung zwischen den Befunden genetischer DST und kultur-basierter DST ist bekanntlich nicht immer nahe 100 %. Gentests weisen nur die Mutationen nach, die gerade geprüft werden und einige resistente Stämme umfassen entweder bekannte Mutationen, die nicht im Assay enthalten sind oder unbekannte Mutationen. Daher sollten idealerweise kulturbasierte DST zur Bestätigung der mittels Gen-DST nachgewiesenen Empfindlichkeit verwendet werden. In der Zukunft könnte sich die Sensitivität des Prüf-Assays durch Aufnahme weiterer Mutationen verbessern, die mit Resistenzen assoziiert sind. Man hofft, dass durch den breiteren Zugang zu molekularen Schnelltests, besonders in Gemeinden mit Ressourcenknappheit, ein größerer Anteil von Patienten mit MDR TB diagnostiziert und ordnungsgemäß mit effektiven Kombinationstherapien behandelt werden können.

Quellen

 1. Boehme CC, Nabeta P, Hillemann D, et al: Rapid molecular detection of tuberculosis and rifampin resistance. N Engl J Med 363:1005–1015, 2010.

2. Xie YL, Chakravorty S, Armstrong DT, et al: Evaluation of a rapid molecular drug-susceptibility test for tuberculosis. N Engl J Med 377:1043–1054, 2017. doi: 10.1056/NEJMoa1614915.

Matthew Levison, MD