Einführung in Verletzungen im Brustbereich

VonThomas G. Weiser, MD, MPH, Stanford University School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Apr. 2024
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Verletzungen im Brustbereich betreffen meist die Rippen, den Oberbauchbereich, die Lunge, Blutgefäße, das Herz, Muskeln, Weichgewebe und das Brustbein. Mitunter treten auch Verletzungen der Speiseröhre, der Schlüsselbeine oder der Schulterblätter auf.

In den USA machen Verletzungen im Brustbereich etwa 25 % der Todesfälle infolge schwerer Verletzungen aus. Viele der Verletzungen, die bereits nach einigen Minuten oder Stunden zum Tod führen, können notfallmedizinisch behandelt oder stabilisiert werden, ohne dass ein größerer chirurgischer Eingriff notwendig ist.

Ursachen für Verletzungen im Brustbereich

Der Brustbereich kann durch stumpfe Krafteinwirkung (z. B. bei Fahrzeugkollisionen, Stürzen und Sportverletzungen) oder durch einen penetrierenden Gegenstand (z. B. ein Geschoss oder Messer) verletzt werden.

Verletzungen im Brustbereich sind häufig gravierend oder unmittelbar lebensbedrohend, weil sie Auswirkungen auf die Atmung oder den Blutkreislauf haben. Bei manchen Verletzungen werden die Rippen und die Brustmuskulatur (die Brustwand) so stark geschädigt, dass sich die Lunge nicht mehr normal mit Luft füllen kann.

Eine direkte Verletzung der Lunge beeinträchtigt den Gasaustausch, also die Hauptfunktion der Lunge, bei der Sauerstoff aufgenommen und Kohlendioxid abgegeben wird.

Verletzungen im Brustbereich können auch Probleme im Zusammenhang mit dem Blutkreislauf verursachen, wenn starke Blutungen auftreten. Häufig tritt die Blutung in der Brustwand auf, was die Atmung beeinträchtigt. Auch eine Verletzung des Herzens kann sich auf den Blutkreislauf auswirken, da die Pumpleistung des Herzens beeinträchtigt ist.

Die folgenden Verletzungen im Brustbereich treten häufig auf oder können schwerer Art sein:

Wussten Sie ...

  • Einfache Behandlungen, wie etwa das Einführen von Nadeln oder Schläuchen zur Behandlung bestimmter Verletzungen im Brustbereich, können lebensrettend sein.

Symptome von Verletzungen im Brustbereich

Der verletzte Bereich ist meist berührungsempfindlich oder schmerzt. Der Schmerz verstärkt sich beim Einatmen. Unter Umständen liegt eine Brustkorbprellung vor. Manchmal kommt es zur Kurzatmigkeit. Bei einer schweren Verletzung können die Betroffenen in schwere Atemnot geraten, benommen oder verwirrt sein und die Haut kann kalt, mit Schweiß bedeckt und bläulich verfärbt sein. Solche Symptome können auftreten, wenn die Lungenfunktion stark beeinträchtigt ist (Ateminsuffizienz) oder der Betroffene einen Kreislaufschock erleidet. Bei einem Schock kommt es üblicherweise zu einem sehr niedrigen Blutdruck und zu Herzrasen.

Die sonstigen Symptome hängen von der jeweils vorliegenden Brustverletzung ab. Bei Personen mit Pneumothorax sammelt sich zum Beispiel mitunter Luft unter der Haut an. Die betroffenen Hautstellen machen bei Berührung ein rasselndes Geräusch und fühlen sich rissig an. Manchmal sind die Halsvenen vergrößert, wenn sich Blut oder Flüssigkeit im Herzbeutel ansammelt und die Pumpleistung des Herzens beeinträchtigt (sogenannte Herztamponade) oder sich ein Spannungspneumothorax entwickelt.

Diagnose von Verletzungen im Brustbereich

  • Untersuchung durch den Arzt

  • Bildgebende Verfahren

Eine Verletzung des Brustbereichs ist meist nicht zu übersehen. Die Schwere von solchen Verletzungen lässt sich jedoch nur durch eine ärztliche Untersuchung feststellen.

Zunächst wird mithilfe eines Stethoskops festgestellt, ob alle Teile der Lunge mit Luft versorgt werden, und Hals, Nacken und Brust werden sorgfältig auf Verletzungen untersucht. Bei Atembeschwerden klemmt der Arzt einen Sensor an die Fingerspitze des Betroffenen (Pulsoximeter), um den Sauerstoffgehalt im Blut zu messen. In manchen Fällen wird der Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalt im Blut mit Hilfe eines Bluttests gemessen (arterielle Blutgasanalyse).

Fast immer wird eine Röntgenaufnahme des Brustkorbs durchgeführt. Auf den Röntgenaufnahmen des Brustkorbs sind die meisten Fälle von Pneumothorax, Hämothorax und Schlüsselbeinfrakturen sowie manche Rippenfrakturen zu erkennen. Um Herz und Lunge zu untersuchen, ist jedoch in der Regel ein schneller Ultraschallscan erforderlich. Dieses Verfahren namens E-FAST (Extended Focused Assessment With Sonography in Trauma) wird in Traumazentren und Notaufnahmen eingesetzt. Bei Verdacht auf eine Verletzung der Aorta wird eine Computertomographie (CT), eine Ultraschalluntersuchung und/oder eine Aortographie (Angiographie der Aorta) durchgeführt.

Mitunter werden auch Bluttests und eine Elektrokardiographie (EKG) durchgeführt.

Behandlung von Verletzungen im Brustbereich

  • Unterstützung von Atmung und Kreislaufsystem

  • Behandlung der konkreten Verletzung

Verletzungen, die unmittelbar lebensbedrohlich sind, werden so schnell wie möglich behandelt. Die konkrete Behandlung hängt von der Verletzung ab.

Bei jeder Verletzung werden Maßnahmen zur Unterstützung von Atmung und Kreislaufsystem getroffen, sofern dies notwendig ist. Die Verletzten erhalten Sauerstoff (beispielsweise durch Nasenkanülen, eine Gesichtsmaske oder einen Atemschlauch) und intravenöse Flüssigkeit, mitunter auch Bluttransfusionen. Personen mit schweren Verletzungen im Brustbereich werden stationär im Krankenhaus behandelt.

Unter Umständen werden zur Schmerzlinderung Schmerzmittel (Analgetika) verabreicht.

Bei manchen Verletzungen muss ein Schlauch in den Brustkorb eingeführt werden (Thorakotomie oder Einführen einer Thoraxdrainage), um Blut (bei einem Hämothorax) oder Luft (bei einem Pneumothorax) aus dem Brustkorb abzuleiten. Damit können sich die kollabierten Lungenflügel leichter wieder mit Luft füllen. In der Regel ist zum Einführen nur ein lokales Betäubungsmittel erforderlich.