Reines vegetatives Versagen

VonElizabeth Coon, MD, Mayo Clinic
Überprüft/überarbeitet Juli 2023
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Reines vegetatives Versagen ist die Dysfunktion mehrerer Prozesse, die vom vegetativen Nervensystem gesteuert werden, z. B. Steuerung des Blutdrucks. Die Störung verläuft nicht tödlich.

  • Das reine vegetative Versagen wird durch die abnorme Anhäufung von Synuclein im Gehirn verursacht.

  • Der Blutdruck kann abfallen, wenn der Betroffene steht, die Schweißproduktion kann vermindert sein, Augentrockenheit, Harnverhalt, Verstopfung oder Stuhlinkontinenz können mögliche Folgen sein.

  • Der Arzt führt eine körperliche Untersuchung und Tests durch, um festzustellen, ob eine autonome Funktionsstörung vorliegt.

  • Die Behandlung konzentriert sich auf die Linderung von Symptomen.

(Siehe auch Überblick über das vegetative Nervensystem.)

Beim reinen vegetativen Versagen (frühere Bezeichnung: idiopathische orthostatische Hypotonie oder Bradbury-Eggleston-Syndrom) sind viele Prozesse funktionsgestört, die vom vegetativen Nervensystem gesteuert werden. Diese Prozesse sind funktionsgestört, weil die Anzahl der Nervenzellen, die sie steuern, abnimmt. Die betroffenen Zellen sind in Haufen (autonomen Ganglien) auf beiden Seiten des Rückenmarks oder in der Nähe oder innerhalb der inneren Organe angesiedelt. Nur die autonomen Ganglien sind betroffen. Weder sind andere Nerven noch das Gehirn oder Rückenmark involviert.

Das reine vegetative Versagen betrifft mehr Frauen als Männer und tritt meist zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr auf. Die Störung verläuft nicht tödlich.

Das reine vegetative Versagen wird durch eine krankhafte Ansammlung von Alpha-Synuclein bewirkt (ein Protein im Gehirn, das bei der Kommunikation von Nervenzellen mitwirkt, dessen Funktion aber noch nicht gänzlich geklärt ist). Alpha-Synuclein häuft sich auch bei Patienten mit Parkinson-Krankheit, Multisystematrophie oder Lewy-Körperchen-Demenz an. Bei einigen Patienten mit reinem vegetativem Versagen entwickelt sich im Laufe der Zeit eine Multisystematrophie oder Lewy-Körperchen-Demenz.

Bei Patienten mit Störungen, bei denen sich Alpha-Synuclein einlagert, einschließlich bei reinem vegetativem Versagen, kann eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung auftreten.

Symptome des reinen vegetativen Versagens

Das häufigste Symptom bei einem reinen vegetativen Versagen ist:

Die Betroffenen schwitzen ggf. weniger und werden hitzeunverträglich.

Die Pupillen erweitern (dilatieren) und verengen sich nicht normal. Unscharfes Sehen kann ebenfalls auftreten.

Die Betroffenen können Probleme beim Entleeren der Blase haben (Harnverhalt). Die Blase kann sich unwillkürlich zusammenziehen, was zu Harninkontinenz (unkontrollierbarem Harnverlust) führen kann. Betroffene können außerdem an Verstopfung leiden oder die Kontrolle über die Darmbewegungen verlieren (Stuhlinkontinenz). Männer haben vielleicht Probleme, eine Erektion herbeizuführen und aufrechtzuerhalten (erektile Dysfunktion).

Diagnose des reinen vegetativen Versagens

  • Untersuchung durch den Arzt

  • Tests, um andere mögliche Ursachen auszuschließen

Mittels körperlicher Untersuchung und spezifischer Tests sucht der Arzt nach Hinweisen auf eine autonome Funktionsstörung.

Bei REM-Schlaf-Verhaltensstörungen und einer orthostatischen Hypotonie aufgrund einer autonomen Funktionsstörung liegt ein reines vegetatives Versagen nahe.

Zu Bestimmung der Noradrenalin-Werte kann ein Bluttest durchgeführt werden. Noradrenalin ist einer der chemischen Botenstoffe (Neurotransmitter), mit dessen Hilfe die Nervenzellen miteinander kommunizieren. Durch diesen Bluttest kann das reine vegetative Versagen von anderen Störungen des vegetativen Nervensystems abgegrenzt werden, die ähnliche Symptome hervorrufen. Niedrige Noradrenalinspiegel deuten auf ein reines vegetatives Versagen hin.

Behandlung des reinen vegetativen Versagens

  • Symptomlinderung

Da es keine spezifische Behandlung gibt, liegt der Schwerpunkt auf der Linderung der Symptome:

  • Orthostatische Hypotonie: Wichtig sind Maßnahmen zur Stabilisierung des Blutdrucks. Eine erhöhte Salz- und Wasseraufnahme kann zur Aufrechterhaltung des Blutvolumens und somit zur Stabilisierung des Blutdrucks beitragen. Langsames Aufstehen kann einem drastischen oder zu schnellen Absinken des Blutdrucks vorbeugen. Das Tragen von Bauchkompressen oder Stützstrümpfen kann ebenfalls hilfreich sein. Solche Kleidungsstücke erhalten den Blutdruck aufrecht, indem sie den Blutfluss von den Beinen zum Herzen fördern und somit einer Blutstauung (Blut-Pooling) in den Beinen vorbeugen. Ein langsames Anheben des Kopfes um ca. 10 cm kann beim Aufstehen einem übermäßigen Blutdruckanstieg vorbeugen. Fludrocortison kann oral verabreicht werden. Es hilft dem Körper, Salz und Wasser einzubehalten, und kann so den Blutdruck erhöhen, was hilfreich ist, wenn der Betroffene steht. Weitere Medikamente, wie z. B. oral verabreichtes Midodrin oder Droxidopa, können ebenfalls helfen.

  • Verstopfung: Eine ballaststoffreiche Ernährung und Stuhlweichmacher werden empfohlen. Wenn die Verstopfung anhält, kann ein Einlauf helfen.

  • Harnverhalt: Erforderlichenfalls kann der Patient lernen, einen Katheter (ein dünner Gummischlauch) selbst in seine Blase einzuführen. Der Katheter wird mehrmals täglich eingeführt. Er wird durch die Harnröhre eingeführt und ermöglicht, dass der Urin aus der Blase herausläuft. Nach der Entleerung der Blase wird der Katheter entfernt. Diese Maßnahme beugt einer Blasendehnung und Infektionen im Harntrakt vor. Händewaschen, den Bereich um die Blasenröhre reinigen und sterile oder saubere Katheter benutzen, kann ebenfalls Infektionen vorbeugen. Mit zunehmenden Koordinationsproblemen wird auch das Einführen des Katheters schwieriger. Bisweilen kommen Medikamente wie Bethanechol zum Einsatz, um die Blase zur Kontraktion zu stimulieren und somit die Entleerung der Blase zu unterstützen.

  • Harninkontinenz: Oral verabreichtes Oxybutynin, Mirabegron, Tamsulosin oder Tolterodin kann zur Entspannung der Muskeln der überaktiven Blase beitragen. Bei anhaltender Inkontinenz kann ein in die Blase eingeführter Katheter helfen. Der Patient kann lernen, ihn selbst einzuführen.

  • Anormales Schwitzen: Wenn zu wenig oder gar kein Schweiß produziert wird, sollte der Patient warme Örtlichkeiten meiden, um einer Überhitzung des Körpers vorzubeugen.

  • Erektile Dysfunktion: Medikamente wie Sildenafil, das bei Bedarf oral eingenommen wird, oder Tadalafil, das einmal täglich oral eingenommen wird, können eingenommen werden, aber diese Medikamente können die orthostatische Hypotonie verschlimmern.