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Arzneimittel-Wechselwirkungen

VonShalini S. Lynch, PharmD, University of California San Francisco School of Pharmacy
Überprüft vonEva M. Vivian, PharmD, MS, PhD, University of Wisconsin School of Pharmacy
Überprüft/überarbeitet März 2025
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Quellen zum Thema

Die Wirkung eines Medikaments auf eine Person kann anders als erwartet ausfallen, weil es wechselwirkt mit:

  • einem anderen eingenommenen Medikament (Arzneimittel-Wechselwirkung),

  • Nahrungsmitteln, Getränken oder Nahrungsergänzungsmitteln (Wechselwirkung zwischen Arzneimittel und Nährstoffen) oder

  • einer weiteren Erkrankung des Patienten (Wechselwirkung zwischen Arzneimittel und Erkrankung).

Arzneimittel-Wechselwirkungen sind normalerweise unerwünscht und manchmal gefährlich. Wechselwirkungen können

  • die Wirkung eines oder mehrerer Medikamente verstärken, was zu Nebenwirkungen oder Toxizität führt

  • die Wirkung eines oder mehrerer Medikamente schwächen, was zu einem Therapieversagen führt

Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln

Wechselwirkungen können bei verschreibungspflichtigen oder nicht verschreibungspflichtigen (rezeptfreien) Arzneimitteln auftreten. Zu den Arten von Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln zählen die Dopplung, die Aufhebung (Antagonismus) der Wirkung sowie die Veränderung des Umgangs des Körpers mit einem oder beiden Arzneimitteln.

Dopplung

Wenn zwei Medikamente mit der gleichen Wirkung eingenommen werden, können deren Nebenwirkungen verstärkt werden. Eine Dopplung der Wirkung kann auftreten, wenn Patienten versehentlich zwei Arzneimittel (von denen mindestens eines in der Regel ein rezeptfreies Medikament ist) mit dem gleichen Wirkstoff einnehmen. Zum Beispiel können Patienten ein Mittel gegen Erkältung und ein Schlafmittel nehmen, die beide Diphenhydramin enthalten, oder ein Erkältungsmittel und ein Schmerzmittel, die beide Paracetamol enthalten. Diese Art der Dopplung kann bei Anwendung von Medikamenten mit mehreren Wirkstoffen vorkommen oder bei unter Markennamen gehandelten Medikamenten (die zwar verschieden aussehen, aber eigentlich die gleichen Bestandteile enthalten).

Wissen, was in einem Medikament enthalten ist, ist genauso wichtig wie die Überprüfung neuer Medikamente, um eine Dopplung der Wirkung zu verhindern. Zum Beispiel enthalten viele Schmerzmittel ein Opioid plus Paracetamol. Wer ein solches Produkt nimmt und dessen Bestandteile nicht kennt, wendet vielleicht zur weiteren Schmerzlinderung frei verkäufliches Paracetamol an und riskiert so eine toxische Wirkung.

Zu ähnlichen Problemen einer Dopplung kann es kommen, wenn zwei verschiedene Medikamente mit der gleichen Wirkung eingenommen werden. Dies geschieht am häufigsten, wenn jemand mehrere Ärzte aufsucht, rezeptpflichtige Produkte von mehr als einer Apotheke bezieht oder beides tut. Ärzte, die nicht wissen, was andere Ärzte verschrieben haben, können versehentlich gleichartige Medikamente verschreiben. Zum Beispiel kann es zu übermäßiger Sedierung und Schwindelgefühl kommen, wenn zwei Ärzte ein Schlafmittel verschreiben oder einer ein Schlafmittel und der andere ein anderes Medikament (z. B. gegen Angstzustände) mit ähnlich beruhigender Wirkung verschreibt.

Man kann das Risiko dieser Art von Doppelung verringern, wenn man jeden Arzt über sämtliche eingenommene Medikamente informiert und all seine Rezepte bei der gleichen Apotheke vorlegt. Hilfreich ist es, wenn man eine aktualisierte Liste aller eingenommenen Medikamente führt und diese zu jedem Arztbesuch mitbringt. Man sollte auch kein früher verschriebenes Medikament (etwa Schlaftabletten oder Schmerzmittel) nehmen, ohne vorher beim Arzt oder Apotheker nachzufragen, denn dieses Medikament kann die Wirkung derzeit eingenommener Medikamente verdoppeln oder auf andere Weise mit ihnen in Wechselwirkung treten.

Aufhebung der Wirkung (Antagonismus)

Zwei Medikamente mit gegensätzlicher Wirkung können die Wirkung des einen oder beider Mittel herabsetzen. Zum Beispiel können zur Schmerzlinderung angewendete nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen den Körper zum Binden von Salzen und Flüssigkeit veranlassen. Diuretika wie Hydrochlorothiazid und Furosemid unterstützen hingegen die Ausscheidung von überschüssigem Salz und Flüssigkeit. Wenn jemand beide Arten von Medikamenten einnimmt, kann das NSAR die Wirksamkeit des Diuretikums vermindern. Bestimmte Betablocker (wie Propranolol), die gegen Bluthochdruck und Herzerkrankungen eingenommen werden, setzen die Wirkung von beta-adrenergen Stimulanzien wie Salbutamol (ein Asthmamittel) herab. Beide Medikamente zielen zwar auf Beta-2-Rezeptoren (siehe Ziele im Körper: Zellrezeptoren), aber das eine blockiert sie, während das andere sie anregt.

Veränderung der Wirkung

Ein Medikament kann die Aufnahme, Verteilung, Verstoffwechselung und Ausscheidung eines anderen Medikaments durch den Körper verändern (siehe Verabreichung und Kinetik von Arzneimitteln).

Säurehemmende Medikamente wie Histamin-2-(H2)-Blocker und Protonenpumpenhemmer erhöhen den pH-Wert im Magen und verringern die Aufnahme mancher Medikamente wie Ketoconazol, ein Mittel gegen Pilzinfektionen.

Viele Medikamente werden durch bestimmte Enzyme in der Leber abgebaut und deaktiviert (verstoffwechselt). Diese Leberenzyme werden von manchen Medikamenten beeinflusst, indem sie ihre Wirkung entweder verstärken oder abschwächen, was dazu führen kann, dass ein anderes Medikament schneller oder langsamer als üblich deaktiviert wird. Durch eine erhöhte Aktivität von Leberenzymen verursachen zum Beispiel Barbiturate wie Phenobarbital eine schnellere Inaktivierung des gerinnungshemmenden Mittels Warfarin, was bei einer Einnahme im gleichen Zeitraum dessen Wirksamkeit senkt. Im Gegensatz dazu können Medikamente wie Erythromycin und Ciprofloxacin bei Herabsetzung der Aktivität des Enzymsystems die Wirkung von Warfarin verstärken, wodurch es zu Blutungen kommen kann. Wenn Patienten, die Warfarin nehmen, Medikamente erhalten, die Leberenzyme beeinflussen, überwachen die Ärzte diese Patienten engmaschig und stellen die Warfarin-Dosis entsprechend ein, um diese Wirkung auszugleichen. Die Warfarin-Dosis wird nach Absetzen der anderen Medikamente erneut angepasst. Viele andere Medikamente wirken sich auf Leberenzyme aus.

Chemikalien im Zigarettenrauch können die Aktivität mancher Leberenzyme erhöhen. Infolgedessen verringert Rauchen die Wirksamkeit mancher Medikamente, darunter Theophyllin (ein als Bronchodilatator bezeichnetes Mittel zur Erweiterung der Atemwege).

Manche Arzneimittel haben einen Einfluss darauf, wie schnell die Nieren ein anderes Arzneimittel ausscheiden. Hochdosiertes Vitamin C erhöht beispielsweise den Säuregrad des Urins und kann so die Ausscheidungsgeschwindigkeit und Aktivität bestimmter Medikamente verändern. Die Ausscheidung säurehaltiger Medikamente wie Aspirin kann verlangsamt werden, die von basischen Medikamenten, wie Pseudoephedrin, hingegen beschleunigt.

Wegen der vielen Arzneimittel-Wechselwirkungen verringern viele Ärzte und Apotheker das Risiko von Problemen, indem sie beim Verschreiben von Medikamenten oder bei der Abgabe zusätzlicher Medikamente Nachschlagewerke und Computersoftware zu Rate ziehen. In den meisten Apotheken werden Bestellungen von Medikamenten und Rezepte mit einem Computersystem automatisch auf Arzneimittel-Wechselwirkungen geprüft.

Verringerung des Risikos von Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln

  • Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker, bevor Sie neue Medikamente, unter anderem auch rezeptfreie Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel wie Heilkräuter einnehmen.

  • Führen Sie eine Liste mit allen eingenommenen Medikamenten. Besprechen Sie diese Liste von Zeit zu Zeit mit Ihrem Arzt oder Apotheker.

  • Führen Sie eine Liste aller Erkrankungen. Besprechen Sie diese Liste von Zeit zu Zeit mit Ihrem Arzt.

  • Wählen Sie eine Apotheke mit einem umfassenden Dienstleistungsangebot (darunter Prüfung auf mögliche Wechselwirkungen), die jedem Kunden ausreichend Informationen zum Medikament geben kann. Lösen Sie alle Rezepte in dieser Apotheke ein.

  • Machen Sie sich mit dem Zweck und den Wirkungen aller verschriebenen Medikamente vertraut.

  • Erkundigen Sie sich nach möglichen Nebenwirkungen des Medikaments.

  • Informieren Sie sich, wie man die Medikamente einnimmt, zu welcher Tageszeit sie genommen werden sollten und ob sie zusammen mit anderen Medikamenten eingenommen werden können.

  • Besprechen Sie die Verwendung von rezeptfreien Medikamenten mit Ihrem Apotheker. Sprechen Sie über bestehende Erkrankungen und alle eingenommenen verschreibungspflichtigen Medikamente.

  • Nehmen Sie die Medikamente gemäß den Anweisungen ein.

  • Teilen Sie Ihrem Arzt oder Apotheker alle Symptome mit, die mit der Anwendung des Medikaments zusammenhängen könnten.

  • Sorgen Sie bei Behandlung durch mehrere Ärzte dafür, dass jeder Arzt über alle derzeit eingenommenen Medikamente Bescheid weiß.

Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Nährstoffen

Zu Nährstoffen zählen Nahrungsmittel, Getränke (einschließlich Alkohol) und Nahrungsergänzungsmittel. Der Konsum dieser Substanzen kann die Wirkungen eingenommener Medikamente verändern.

Nahrungsmittel

Über den Mund eingenommene Medikamente müssen wie Nahrungsmittel durch die Schleimhaut im Magen oder Dünndarm aufgenommen werden. Entsprechend kann das Vorhandensein von Nahrungsmitteln im Verdauungstrakt die Aufnahme eines Medikaments herabsetzen. Oft können solche Wechselwirkungen dadurch verhindert werden, dass man das Medikament 1 Stunde vor oder 2 Stunden nach dem Essen einnimmt.

Nahrungsergänzungsmittel

Nahrungsergänzungsmittel, einschließlich Heilkräuter, sind (mit Ausnahme von Tabak) Produkte, die beispielsweise ein Vitamin, Mineral, Kraut oder eine Aminosäure enthalten und als Ergänzung zur normalen Ernährung gedacht sind. Ergänzungsmittel fallen unter die Regelungen für Nahrungsmittel, nicht für Arzneimittel, und werden daher nicht so umfassend getestet. Allerdings können sie zu Wechselwirkungen mit verschreibungspflichtigen oder rezeptfreien Medikamenten führen. Wer Nahrungsergänzungsmittel nimmt, sollte dies seinem Arzt oder Apotheker mitteilen, damit Wechselwirkungen vermieden werden können.

Alkohol

Obwohl viele Menschen Alkohol nicht zu den Nährstoffen zählen, beeinflusst er die Prozesse im Körper und verursacht Wechselwirkungen mit vielen Medikamenten. Zum Beispiel kann Alkohol in Kombination mit dem Antibiotikum Metronidazol Hautrötung, Kopfschmerzen, Herzklopfen sowie Übelkeit und Erbrechen auslösen. Ärzte und Apotheker können Fragen zu Alkohol und möglichen Wechselwirkungen mit Medikamenten beantworten.

Tabelle
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Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Erkrankungen

Manchmal sind Medikamente, die gegen eine Krankheit helfen, schädlich bei einer anderen Krankheit. Manche Betablocker gegen Herzerkrankungen und Bluthochdruck können Asthma verschlimmern oder es Patienten mit Diabetes erschweren, festzustellen, wann ihr Blutzuckerspiegel zu niedrig ist. Manche zur Behandlung von Erkältung eingenommene Medikamente können ein Glaukom verschlimmern. Man sollte dem Arzt alle über alle vorliegenden Erkrankungen informieren, bevor er einem ein neues Medikament verschreibt. Das ist bei Patienten mit Diabetes, hohem oder niedrigem Blutdruck, einem Geschwür, einem Glaukom, einer vergrößerten Prostata, schlechter Blasenkontrolle und Schlafstörungen besonders wichtig, weil in diesen Fällen Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Erkrankungen wahrscheinlicher sind.

Wechselwirkungen zwischen Medikamenten und Erkrankungen können in jeder Altersgruppe auftreten, sind aber unter älteren Erwachsenen, die in der Regel unter mehreren Erkrankungen leiden, häufiger möglich (siehe Arzneimittel im Alter).