Hantavirus-Infektion

VonThomas M. Yuill, PhD, University of Wisconsin-Madison
Überprüft/überarbeitet Juni 2023
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Kurzinformationen

Hantavirus-Infektion ist eine Viruserkrankung, die von Nagetieren an Personen ausgebreitet wird. Das Virus kann schwere Infektionen der Lunge (mit Husten und Kurzatmigkeit) oder der Nieren (mit Bauchschmerzen und mitunter Nierenversagen) verursachen.

  • Hantaviren werden durch den Kontakt mit infizierten Nagetieren oder ihrem Kot verbreitet.

  • Die Infektion beginnt mit plötzlichem Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen und manchmal abdominalen Symptomen, die von Husten und Kurzatmigkeit oder von Nierenproblemen gefolgt sein können.

  • Bluttests zur Identifizierung des Virus helfen, die Diagnose zu bestätigen.

  • Wenn die Lunge betroffen ist, werden Sauerstoffzufuhr und Medikamente zur Stabilisierung des Blutdrucks benutzt. Wenn die Nieren betroffen sind, kann Dialyse erforderlich werden.

(Siehe auch Überblick über Arbovirus-, Arenavirus- und Filovirus-Infektionen.)

Hantaviren infizieren weltweit unterschiedliche Arten von Nagetieren. Das Virus kommt im Urin und im Kot der Nagetiere vor. Die Infektion breitet sich aus, wenn Menschen in Kontakt mit Nagetieren oder ihrem Kot oder Urin kommen, oder möglicherweise, wenn sie an Stellen mit großen Mengen an Nagerkot Viruspartikel inhalieren. Die meisten Hantaviren breiten sich nicht von Mensch zu Mensch aus. In seltenen Fällen breitet sich das Andes-Hantavirus im südlichen Südamerika bei engem körperlichen Kontakt auch direkt zwischen Menschen aus. Die Häufigkeit von Hantavirus-Infektionen ist am Ansteigen.

Es gibt mehrere Hantavirus-Arten. Je nach Art befällt das Virus unterschiedliche Organe:

  • Die Lunge – es entwickelt sich das Hantavirus-induzierte kardiopulmonale Syndrom (Hantavirus Pulmonary Syndrome, HPS)

  • Die Nieren – es entwickelt sich das hämorrhagische Fieber mit renalem Syndrom (HFRS).

Viele Symptome der beiden Infektionen sind sich allerdings ähnlich.

Das kardiopulmonale Syndrom wurde erstmals 1993 im Südwesten der Vereinigten Staaten diagnostiziert. Bis 2017 sind in den USA, überwiegend in den westlichen Bundesstaaten, etwa 697 Fälle aufgetreten. Einige Fälle sind auch in Kanada sowie in mehreren Ländern in Mittel- und Südamerika aufgetreten.

Das renale Syndrom tritt hauptsächlich in Teilen Europas sowie in Korea, China und Russland auf. Das renale Syndrom wird vom Seoul-Hantavirus verursacht. Dieses Virus wird von der Wanderratte übertragen. Auf diesem Weg konnte es sich auf Schiffen über die ganze Welt ausbreiten. Einige Fälle von Hantavirus-Infektionen, die durch Haus- oder Laborratten übertragen werden, sind in den USA, in Kanada und in Europa aufgetreten.

Symptome einer Hantavirus-Infektion

Die Symptome einer Hantavirus-Infektion beginnen mit plötzlichem Fieber, Kopfschmerzen und Muskelschmerzen, üblicherweise ungefähr 2 Wochen nach der Exposition gegenüber Nagerkot oder -urin. Es können auch Bauchschmerzen, Durchfall oder Erbrechen auftreten.

Diese Symptome dauern ein paar Tage an (gewöhnlich ungefähr 4, aber manchmal bis zu 15 Tage).

Hantavirus-induziertes kardiopulmonales Syndrom

Bei Personen mit kardiopulmonalem Syndrom kommt es anschließend zu Husten und Kurzatmigkeit, die innerhalb von einigen Stunden schlimmer werden können. Es sammelt sich Flüssigkeit um die Lunge herum an und der Blutdruck fällt.

Bei rund 50 Prozent der Patienten führt das kardiopulmonale Syndrom zum Tod. Bei denjenigen, welche die ersten Tage überleben, verbessert sich der Zustand rasch, und innerhalb von etwa zwei bis drei Wochen erholen sie sich vollständig.

Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom

Das hämorrhagische Fieber mit renalem Syndrom umfasst eine Gruppe ähnlicher Erkrankungen, die durch Hantaviren verursacht werden.

Bei manchen Menschen mit hämorrhagischem Fieber mit renalem Syndrom ist die Infektion leicht und verursacht keine Symptome.

Bei anderen setzen plötzlich unbestimmte Symptome (wie hohes Fieber, Muskelschmerzen, Kopfschmerzen und Übelkeit) ein. Patienten mit leichten Symptomen werden wieder vollständig gesund.

Bei anderen verschlimmern sich die Symptome. Bei einigen Patienten sinkt der Blutdruck gefährlich stark ab (Schock). Das führt zu Nierenversagen und zum Einstellen der Urinproduktion (sogenannte Anurie). Manche Patienten haben Blut im Urin und/oder Stuhl und Blutergüsse auf der Haut. Bei 6 bis 15 Prozent der Fälle ist der Verlauf tödlich. Die Überlebenden erholen sich überwiegend innerhalb von 3 bis 6 Wochen, es kann aber auch bis zu 6 Monate dauern.

Diagnose einer Hantavirus-Infektion

  • Bluttests zur Identifizierung des Virus

Der Verdacht auf das Vorliegen einer Hantavirus-Infektion besteht, wenn Menschen, die sich mit dem Virus angesteckt haben könnten, auch spezifische Symptome aufweisen.

Bluttests zur Identifizierung des Virus helfen, die Diagnose zu bestätigen.

Mithilfe anderer Bluttests wird die Funktion der Nieren und anderer Organe untersucht. Bei Verdacht auf Vorliegen des kardiopulmonalen Syndroms wird möglicherweise der Brustkorb geröntgt. Zum Ausschluss anderer Ursachen von Flüssigkeit um die Lunge wird in der Regel eine Echokardiografie (Ultraschalluntersuchung des Herzens) durchgeführt.

Behandlung einer Hantavirus-Infektion

  • Unterstützende Versorgung

  • Beim kardiopulmonalen Syndrom Sauerstoff und Medikamente zur Stabilisierung des Blutdrucks

  • Beim renalen Syndrom Dialyse und Ribavirin

Die Behandlung von Infektionen mit dem Hantavirus ist meist unterstützender Art.

Beim kardiopulmonalen Syndrom sind die wichtigsten Maßnahmen Sauerstoffzufuhr und Medikamente zur Stabilisierung des Blutdrucks. Manchmal ist ein Beatmungsgerät erforderlich, um die Atmung zu unterstützen. In sehr schweren Fällen kann eine Behandlung mit einem Sauerstoffgerät (extrakorporale Membranoxygenation [ECMO]) erforderlich sein.

Beim renalen Syndrom kann eine Dialyse erforderlich und lebensrettend sein. Das intravenös verabreichte antivirale Medikament Ribavirin kann unter Umständen dazu beitragen, die Symptome zu lindern und das Sterberisiko zu senken.