Familiäres Mittelmeerfieber

VonGil Amarilyo, MD, Tel Aviv University
Überprüft/überarbeitet Dez. 2023
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Das Familiäre Mittelmeerfieber ist eine vererbte Erkrankung, die durch Fieberschübe mit begleitenden Bauchschmerzen oder seltener Schmerzen im Brustkorb, Gelenkschmerzen oder einem Ausschlag charakterisiert ist.

  • Sie wird durch ein von beiden Eltern ererbtes Gen verursacht.

  • Die meisten Betroffenen haben Schübe von starken Bauchschmerzen und hohem Fieber.

  • Die Diagnose basiert normalerweise auf den Symptomen, Gentests sind jedoch verfügbar.

  • Bei nicht angemessener Behandlung kann eine Amyloidose entstehen.

  • Mit Colchicin können die Schubfrequenz reduziert oder Schübe gestoppt und das Risiko einer Niereninsuffizienz aufgrund einer Amyloidose beseitigt werden.

Das familiäre Mittelmeerfieber ist über alle Altersgruppen hinweg das am häufigsten auftretende hereditäre periodische Fiebersyndrom. Am meisten betroffen sind Menschen aus dem Mittelmeerraum (z. B. Menschen, die von sephardischen Juden, nordafrikanischen Arabern, Armeniern, Griechen, Italienern oder Türken abstammen). Diese Erkrankung tritt jedoch auch bei Menschen mit anderer ethnischer Herkunft auf (z. B. bei Menschen, die von Aschkenasim-Juden, Kubanern oder Japanern abstammen).

Bis zu 50 Prozent der von familiärem Mittelmeerfieber betroffenen Menschen haben Verwandte, meistens Geschwister, welche die Erkrankung haben (Familiengeschichte).

Das familiäre Mittelmeerfieber wird durch ein defektes rezessives Gen verursacht. Damit eine Person erkrankt, muss sie für gewöhnlich zwei Kopien des veränderten Gens haben, eine von jedem Elternteil. Es kann jedoch schon eine Kopie des mutierten Gens ausreichen, um einige Symptome hervorzurufen.

Das veränderte Gen führt zur Produktion einer fehlerhaften Form des Proteins Pyrin, das Entzündungen reguliert. Es gibt eine Reihe verschiedener möglicher Mutationen des Gens, von denen noch nicht alle identifiziert wurden, was möglicherweise erklärt, warum manche Menschen mit einem typischen familiären Mittelmeerfieber keine Mutation im Gen haben. Alternativ können auch nicht-genetische Faktoren vorliegen, die eine Rolle bei der Entwicklung dieses Syndroms spielen.

Symptome des familiären Mittelmeerfiebers

Die Symptome des familiären Mittelmeerfiebers treten meist im Alter zwischen 5 und 15 Jahren auf.

Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Bauchschmerzen und Fieber

Bei rund 95 Prozent der betroffenen Menschen treten in unregelmäßigen Abständen Schübe von Bauchschmerzen auf, die von hohem Fieber bis 40 °C begleitet werden. Diese schmerzhaften Schübe dauern normalerweise 12 bis 72 Stunden, manchmal auch länger und können im Extremfall zweimal pro Woche oder aber auch nur einmal pro Jahr auftreten. Der Schweregrad und die Häufigkeit der Schübe können während einer Schwangerschaft und bei Menschen abnehmen, die eine Amyloidose entwickeln. Manchmal hören die Schübe für mehrere Jahre gänzlich auf, um dann erneut zu beginnen.

Die Bauchschmerzen werden durch eine Bauchfellentzündung (Peritonitis) verursacht. Sie beginnen normalerweise an einer Stelle im Bauch und breiten sich dann im gesamten Bauchraum aus. Die Stärke der Schmerzen kann bei jedem Schub variieren.

Zu den selteneren Symptomen gehören:

  • Schmerzen im Brustkorb: Rund 30 Prozent der betroffenen Menschen haben Schmerzen im Brustkorb. Diese machen sich typischerweise beim Atmen bemerkbar und werden durch eine Brustfellentzündung (Pleuritis) oder seltener durch eine Herzbeutelentzündung (Perikarditis) verursacht.

  • Arthritis: Ungefähr 25 Prozent der Betroffenen leiden unter Entzündungen der großen Gelenke (Arthritis) wie Knie, Knöchel und Hüfte.

  • Ausschlag: In der Nähe der Knöchel kann ein schmerzhafter roter Ausschlag auftreten.

  • Hodenschmerzen: Bei Männern kann der Hodensack (Skrotum), eine beutelartige Hauttasche, die die Hoden enthält und schützt, anschwellen und aufgrund einer Entzündung eines Hodens zu Schmerzen kommen.

Trotz der Schwere der Symptome während der Schübe erholen sich die betroffenen Menschen schnell und bleiben bis zum nächsten Schub krankheitsfrei.

Körperlicher und emotionaler Stress (z. B. körperliche Verletzungen, Infektionen und Menstruation) kann einige der Anfälle auslösen.

Komplikationen durch das familiäre Mittelmeerfieber

Wird das familiäre Mittelmeerfieber nicht angemessen behandelt, kann bei den betroffenen Menschen eine Amyloidose entstehen. Bei der Amyloidose lagert sich ein ungewöhnlich geformtes, als Amyloid bezeichnetes Protein in den Nieren und vielen anderen Organen und Geweben ab und beeinträchtigt deren Funktion.

Ablagerungen des Proteins Amyloid können die Nieren schädigen und schließlich zu Niereninsuffizienz führen. Bei den Betroffenen kann sich Flüssigkeit im Körper ansammeln, sie können sich schwach fühlen und ihren Appetit verlieren.

Bis zu einem Drittel der unbehandelten Frauen mit familiärem Mittelmeerfieber leidet an Unfruchtbarkeit oder hatte eine Fehlgeburt. Die Erkrankung kann zur Bildung von Narbengewebe im Beckenbereich führen. das Empfängnisschwierigkeiten verursachen kann.

Menschen mit familiärem Mittelmeerfieber haben ein erhöhtes Risiko für andere entzündliche Erkrankungen, wie z. B. Spondylitis ankylosans (Morbus Bechertew), Immunglobulin-A-assoziierte Vaskulitis (früher Purpura Henoch-Schönlein), Polyarteriitis nodosa und Morbus Behçet (Behçet-Syndrom).

Diagnose von familiärem Mittelmeerfieber

  • Untersuchung durch den Arzt

  • Genetische Untersuchung

Der Arzt stützt seine Diagnose des familiären Mittelmeerfiebers gewöhnlich auf typische Symptome. Die Bauchschmerzen des Familiären Mittelmeerfiebers sind jedoch praktisch nicht von den Schmerzen bei akutem Abdomen, insbesondere bei einem Blinddarmdurchbruch, zu unterscheiden. Deshalb wird bei manchen Menschen mit dieser Erkrankung eine Notfalloperation durchgeführt, bevor die korrekte Diagnose gestellt wird.

Zwar kann ein routinemäßiger Labortest oder ein bildgebendes Verfahren für sich allein nicht zu Diagnosezwecken genutzt werden, sie können aber nützlich sein, um andere Erkrankungen auszuschließen. Bluttests können das veränderte Gen, das die Erkrankung verursacht, identifizieren und somit manchmal die Diagnose sichern. Einige Menschen mit dem typischen familiären Mittelmeerfieber haben nur eine Kopie des Gens statt der üblichen zwei, oder sie haben keine nachweisbaren Mutationen des Gens, sodass die Testergebnisse negativ ausfallen. In diesen Fällen sollten Menschen eine Genberatung und eine Versorgung von Fachärzten erhalten, die sich mit dem familiären Mittelmeerfieber auskennen.

Behandlung von familiärem Mittelmeerfieber

  • Colchicin

Die tägliche orale Einnahme von Colchicin kann bei ungefähr 95 Prozent der Betroffenen die schmerzhaften Schübe gänzlich stoppen oder die Anzahl der Schübe deutlich reduzieren. Außerdem senkt Colchicin das Risiko für Nierenversagen aufgrund von Amyloidose erheblich. Bei schwangeren Frauen verhindert Colchicin Schübe, die zu einer Fehlgeburt führen könnten.

Wenn Colchicin nicht mehr wirkt oder die Betroffenen es nicht vertragen, können andere Medikamente wie Canakinumab, Anakinra oder Rilonacept, die unter die Haut gespritzt werden, helfen. Diese Medikamente modifizieren die Funktionsweise des Immunsystems und schwächen Entzündungen ab.

Ibuprofen oder Paracetamol können bei Schmerzen und Fieber verabreicht werden.