Vitamin-D-Mangel

(Rachitis; Osteomalazie)

VonLarry E. Johnson, MD, PhD, University of Arkansas for Medical Sciences
Überprüft/überarbeitet Aug. 2024
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Zu wenig Sonnenlicht führt am häufigsten zu einem Vitamin-D-Mangel. Manche Erkrankungen können auch diesen Mangel verursachen.

  • Die häufigste Ursache ist ein Mangel an Sonnenlicht. Doch auch bestimmte Krankheiten können einen Mangel an Vitamin D verursachen.

  • Bei unzureichender Versorgung mit Vitamin D kommt es zu Muskel- und Knochenschwäche mit Schmerzen.

  • Bei Säuglingen entwickelt sich Rachitis: Der Schädel ist weich, die Knochen wachsen nicht normal, die Säuglinge beginnen mit Verzögerungen zu sitzen und zu krabbeln.

  • Zur Bestätigung der Diagnose werden Bluttests, manchmal auch Röntgenaufnahmen durchgeführt.

  • Stillkinder sollten von Geburt an Vitamin-D-Präparate erhalten, da Muttermilch nur wenig Vitamin D enthält.

  • Oral eingenommene oder injizierte Vitamin-D-Präparate ermöglichen normalerweise eine vollständige Erholung.

(Siehe hierzu auch Vitamine im Überblick.)

Vitamin D existiert in zwei für die Ernährung wichtigen Formen:

  • Vitamin D2 (Ergocalciferol): Diese Form wird aus Pflanzen und Hefevorstufen synthetisiert. Sie wird in der Regel auch in hochdosierten Ergänzungspräparaten verwendet.

  • Vitamin D3 (Cholecalciferol): Diese Form ist Vitamin D in seiner aktivsten Form. Es wird in der Haut gebildet, wenn sie direktem Sonnenlicht ausgesetzt ist. Die häufigste Lebensmittelquelle sind angereicherte Nahrungsmittel, hauptsächlich Getreide- und Milchprodukte. Vitamin D3 kommt auch in Fischleberölen, fettem Fisch, Eigelb und Leber vor und ist die häufigste Form, die in Ergänzungspräparaten verwendet wird.

Vitamin D wird hauptsächlich in der Leber gespeichert. Vitamin D2 und D3 sind im Körper nicht aktiv. Beide Formen müssen von der Leber und den Nieren in eine aktive Form umgewandelt (verstoffwechselt) werden, das aktive Vitamin D oder Calcitriol. Diese aktive Form fördert die Resorption von Kalzium und Phosphor aus dem Darm. Die Mineralstoffe Kalzium und Phosphor werden in die Knochen eingebaut, um sie zu stärken und zu verdichten. Dieser Prozess wird als „Mineralisierung“ bezeichnet. Calcitriol ist somit notwendig für Bildung, Wachstum und Reparatur von Knochen.

Vitamin D kann zur Behandlung von Schuppenflechte (Psoriasis), Hypoparathyreoidismus und renaler Osteodystrophie eingesetzt werden. Es hat keine Wirksamkeit bei der Vorbeugung von Leukämie und Brust-, Prostata-, Darm- oder anderen Krebsarten demonstriert. Vitamin-D-Präparate behandeln oder verhindern Depressionen oder Herzerkrankungen nicht effektiv und haben nur wenig Auswirkungen auf die Vorbeugung akuter Atemwegsinfektionen (wie Lungenentzündung oder Erkältung). Die kombinierte empfohlene Zufuhr von Vitamin D und Kalzium kann das Risiko für Stürze bei Personen, die einen Vitamin-D-Mangel haben, leicht reduzieren, insbesondere bei Personen, die in einem Heim untergebracht sind. Allerdings können zu hohe Dosen von Vitamin D das Frakturrisiko erhöhen.

Der Bedarf an Vitamin D steigt mit zunehmendem Alter.

Vitamin D ist wie Vitamin A, E und K ein fettlösliches Vitamin, das sich in Fett auflöst und am besten aufgenommen (resorbiert) wird, wenn es mit etwas Fett verzehrt wird.

Ein Vitamin-D-Mangel ist weltweit verbreitet. Bei vorliegendem Vitamin-D-Mangel resorbiert der Körper weniger Kalzium und Phosphat. Da dann nicht ausreichend Kalzium und Phosphat zur Verfügung stehen, um gesunde Knochen aufrechtzuerhalten, kann sich der Vitamin-D-Mangel in einer Knochenkrankheit namens Rachitis bei Kindern oder Osteomalazie bei Erwachsenen äußern. Bei Osteomalazie nimmt der Körper nicht ausreichend Kalzium und andere Mineralstoffe in den Knochen auf, was zu brüchigen Knochen führt.

Bei einer schwangeren Frau überträgt sich ein Vitamin-D-Mangel auf den Fötus, beim Neugeborenen besteht dann ein hohes Risiko, an Rachitis zu erkranken. Gelegentlich ist der Mangel so schwerwiegend, dass bei der Frau eine Osteomalazie entsteht. Ein Vitamin-D-Mangel verstärkt eine bestehende Osteoporose.

Ein Vitamin-D-Mangel führt zu einem niedrigen Kalziumgehalt im Blut. Der Körper kann versuchen, den niedrigen Blutkalziumspiegel durch die verstärkte Bildung von Parathormon zu erhöhen. Steigt jedoch der Parathormonspiegel zu hoch an (ein Zustand, der als Hyperparathyreoidismus bezeichnet wird), dann entzieht das Hormon den Knochen Kalzium, um den Kalziumspiegel im Blut ansteigen zu lassen. Das Parathormon führt außerdem dazu, dass mehr Phosphat über den Urin ausgeschieden wird. Kalzium und Phosphat sind beide notwendig, um die Knochen gesund zu halten. Deshalb werden dadurch die Knochen geschwächt.

Wussten Sie ...

  • Zu wenig Sonnenlicht kann zu einem Vitamin-D-Mangel führen.

Ursachen für Vitamin-D-Mangel

Ein Vitamin-D-Mangel tritt in der Regel bei Personen auf, die selten in die Sonne kommen und nicht ausreichend Vitamin D über die Nahrung aufnehmen. Natürliche, nicht angereicherte Lebensmittel liefern allein selten ausreichend Vitamin D, um einem Mangel vorzubeugen. Mit Vitamin D angereicherte Lebensmittel und Ergänzungspräparate können bei unzureichendem Sonnenlicht einen Mangel verhindern.

zu wenig Sonnenlicht

Die häufigste Ursache für einen Vitamin-D-Mangel ist:

  • zu wenig Sonnenlicht

Daher tritt ein Vitamin-D-Mangel meist bei Personen auf, die nicht viel Zeit im Freien verbringen: ältere Menschen und Menschen, die in Einrichtungen wie Pflegeheimen leben. Der Mangel kann auch in Wintern nördlicher und südlicher Breitengrade oder bei Personen wie muslimischen Frauen auftreten, die ihren Körper ständig bedeckt halten.

Da Muttermilch nur kleine Mengen von Vitamin D enthält, besteht für Stillkinder, die nicht ausreichend in Kontakt mit Sonnenlicht kommen, das Risiko eines Mangels und letztlich einer Erkrankung an Rachitis.

Experten empfehlen, Arme und Beine oder das Gesicht, die Arme und die Hände mindestens 3 Mal pro Woche 5 bis 15 Minuten lang direktem Sonnenlicht auszusetzen. Jedoch brauchen Menschen, die beispielsweise eine dunklere Haut haben oder älter sind, mehr Sonnenlicht. Allerdings sprechen sich viele Dermatologen gegen mehr Sonnenbestrahlung aus, da hierdurch das Risiko für Hautkrebs steigt.

Andere Ursachen

Wenn die Haut lange genug Sonnenlicht ausgesetzt ist, bildet der Körper ausreichend Vitamin D. Bestimmte Umstände erhöhen jedoch trotz Kontakt mit Sonnenlicht das Risiko für einen Vitamin-D-Mangel:

  • Die Haut bildet bei einer bestimmten Gruppe von Menschen als Reaktion auf Sonnenlicht weniger Vitamin D. Zu dieser Gruppe gehören dunkelhäutige Menschen, ältere Menschen und Anwender von Sonnencremes.

  • Der Körper kann nicht ausreichend Vitamin D aus der Nahrung aufnehmen. Bei Malabsorption kann Fett nicht normal aufgenommen werden. Da Vitamin D ein fettlösliches Vitamin ist, das mit Fetten im Dünndarm resorbiert wird, wird es bei einer Malabsorption nicht resorbiert. Mit zunehmendem Alter wird immer weniger Vitamin D über den Darm aufgenommen.

  • Der Körper kann Vitamin D nicht mehr in eine aktive Form umwandeln. Bestimmte Nieren- und Leberkrankheiten sowie einige seltene Erbkrankheiten (wie etwa die Phosphatdiabetes) als auch manche Medikamente wie Antiepileptika und Rifampin greifen in diese Umwandlung ein.

Symptome von Vitamin-D-Mangel

Ein Vitamin-D-Mangel kann bei Menschen jeden Alters Muskel- und Knochenschmerzen sowie Schwäche verursachen.

Bei Säuglingen sind oft Muskelkrämpfe (Tetanie) das erste Anzeichen von Rachitis. Diese Krämpfe entstehen durch einen niedrigen Kalziumspiegel im Blut, der bei Menschen mit schwerem Vitamin-D-Mangel vorliegt. Bei Schwangeren mit einem Vitamin-D-Mangel können deren Neugeborene an Krämpfen leiden. Die Krämpfe können im Gesicht, an Händen und Füßen auftreten. Sind die Krämpfe sehr stark, können sie zu Anfällen führen.

Bei sehr kleinen Säuglingen, die unter Rachitis leiden, kann der gesamte Schädelknochen sehr weich sein.

Ältere Säuglinge brauchen unter Umständen sehr lange, bis sie sitzen und krabbeln; die Fugen zwischen den Schädelknochen (Fontanellen) schließen sich nur langsam.

Bei Kindern zwischen 1 und 4 Jahren kann es zur Verwachsung der Knochen kommen, sodass die Wirbelsäule verkrümmt ist (Skoliose) und sich O- und X-Beine ausbilden. Diese Kinder lernen nur schwer Gehen.

Älteren Kindern und Jugendlichen bereitet das Gehen Schmerzen. Ein schwerer Vitamin-D-Mangel kann O-Beine oder X-Beine verursachen. Die Beckenknochen können abflachen und bei Mädchen den Geburtskanal verengen.

Bei Erwachsenen werden die Knochen, vor allem die Wirbelsäule, das Becken und die Beine, schwach. Die betroffenen Bereiche sind manchmal berührungsempfindlich, und es kann zu Knochenbrüchen (Frakturen) kommen.

Bei älteren Menschen können Knochenbrüche, besonders Hüftfrakturen, bereits bei leichten Erschütterungen oder einem unbedeutenden Sturz auftreten.

Diagnose eines Vitamin-D-Mangels

  • Bluttests

  • Manchmal Röntgenaufnahmen

Ob Personen ohne Symptome eines Vitamin-D-Mangels untersucht (gescreent) werden sollten, ist umstritten. Forschungsergebnisse stützen solche Tests bei Menschen bis zum Alter von 74 Jahren nicht eindeutig.

Ärzte hegen bei folgenden Personen einen Verdacht auf Vitamin-D-Mangel:

  • Patienten, die sich nach eigenen Angaben schlecht ernähren oder zu wenig in die Sonne gehen

  • Neugeborene mit Tetanie (eine Art von Muskelspasmen)

  • Kinder mit Anzeichen für eine Rachitis

  • Ältere Erwachsene, besonders mit geringerer Knochendichte (z. B. bei Osteoporose) oder Knochenbrüchen

Vitamin-D-Bluttests können den Mangel bestätigen. Die Kalzium- und Phosphatspiegel werden gemessen. Die Spiegel anderer Substanzen können gemessen werden, um andere Ursachen für eine niedrigere Knochendichte auszuschließen.

Es können Röntgenaufnahmen gemacht werden. Die charakteristischen Veränderungen im Knochen sind auf den Röntgenbildern zu erkennen, bevor Symptome auftreten.

Die Diagnose einer Rachitis oder Osteomalazie aufgrund von Vitamin-D-Mangel stützt sich auf die Symptome, auf das charakteristische Bild der Knochen in den Röntgenaufnahmen und den Nachweis zu geringer Mengen an Vitamin D im Blut.

Behandlung eines Vitamin-D-Mangels

  • Vitamin-D-Nahrungsergänzungspräparate

  • Manchmal Kalzium- und Phosphatpräparate

Die Behandlung mit Vitamin D besteht in der täglichen oralen Einnahme von hochdosiertem Vitamin D über etwa 1 Monat. Nach 1 Monat wird die Dosis in der Regel langsam auf die übliche empfohlene Dosis reduziert.

Im Falle von auftretenden Muskelkrämpfen oder bei Verdacht auf Kalziummangel werden auch Kalziumpräparate verabreicht. Falls ein Phosphatmangel vorliegt, werden Phosphatpräparate verabreicht. Normalerweise führt diese Behandlung zu einer vollständigen Genesung.

Menschen mit einer chronischen Leber- oder Nierenerkrankung brauchen möglicherweise spezielle Aufbereitungen von Vitamin-D-Präparaten.

Vorbeugung gegen Vitamin-D-Mangel

Viele Menschen müssen Vitamin-D-Ergänzungspräparate einnehmen. Es ist teilweise schwierig, sich in ausreichendem Maß Sonnenlicht auszusetzen, da die Haut ja auch vor UV-Strahlung geschützt werden muss. Natürliche Lebensmittel enthalten selten genügend Vitamin D, um einen Mangel an Sonnenlicht zu kompensieren.

Vitamin-D-Ergänzungspräparate sind besonders wichtig für Menschen mit einem Risiko für einen Mangel, zum Beispiel ältere, ans Haus gefesselte oder in Pflegeeinrichtungen lebende Menschen. Um einen Mangel auszugleichen, sollten ältere Menschen (z. B. Personen ab einem Alter von 70 Jahren) gewöhnlich täglich 20 Mikrogramm (800 Einheiten) Vitamin D aus Ergänzungspräparaten einnehmen. Selten werden höhere Dosen benötigt.

Im Handel erhältliche Milch, nicht jedoch Käse oder Joghurt, ist in den USA und in Kanada mit Vitamin D angereichert. Zahlreiche andere Länder reichern Milch nicht mit Vitamin D an. Auch Frühstückszerealien sind teilweise angereichert.

Für Stillkinder ist der Beginn der Verabreichung von Vitamin-D-Präparaten ab dem Zeitpunkt der Geburt besonders wichtig, da Muttermilch wenig Vitamin D enthält. Ergänzungspräparate werden bis zum 6. Lebensmonat der Säuglinge verabreicht, bis sie beginnen, eine abwechslungsreichere Kost zu verzehren. Säuglinge, die mit handelsüblicher Flaschenmilch ernährt werden, erhalten ausreichend Vitamin D.

Der Alterungsprozess im Visier: Vitamin-D-Mangel

Ältere Menschen können aus mehreren Gründen eher einen Vitamin-D-Mangel entwickeln:

  • Ihr Bedarf ist höher als derjenige jüngerer Menschen.

  • Sie verbringen oft weniger Zeit draußen, sind daher zu wenig Sonnenlicht ausgesetzt.

  • Das kann daran liegen, dass sie an das Haus gefesselt sind, in Pflegeeinrichtungen leben oder lange Zeit im Krankenhaus bleiben müssen.

  • Wenn sie sich im Sonnenlicht aufhalten, bildet die Haut älterer Menschen nicht mehr so viel Vitamin D.

  • Es ist möglich, dass sie so wenig Vitamin D in der Nahrung verzehren, dass auch beispielsweise mit 10 Mikrogramm (400 Einheiten) pro Tag niedrig dosierte Vitamin-D-Ergänzungen den Mangel nicht verhindern können.

  • Sie leiden unter Krankheiten oder nehmen Medikamente ein, die den Vitamin-D-Stoffwechsel beeinflussen.

Ältere Menschen (ab einem Alter von 70 Jahren) sollten täglich 20 Mikrogramm (800 Einheiten) Vitamin D einnehmen, um ihre Knochen gesund zu halten.

Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass Vitamin D Krebs oder anderen Krankheiten bei älteren Menschen vorbeugt. Es wird laufend nach weiteren Vorteilen durch Vitamin D geforscht.

Ältere Menschen, die große Mengen Vitamin D über Ergänzungspräparate einnehmen, müssen regelmäßig ihre Blutwerte auf Kalzium, Vitamin D und das Parathormon überprüfen lassen.