Eine Hypervitaminose A kann, meist nach versehentlicher Einnahme durch Kinder, akut entstehen oder auch chronisch verlaufen. Beide Typen verursachen Kopfschmerzen und erhöhen den Hirndruck. Eine akute Intoxikation führt zu Übelkeit und Erbrechen. Bei chronischer Vergiftung verändern sich Haut, Haare und Nägel, Lebertests liefern anomale Ergebnisse, bei Feten kommt es zu Fehlbildungen. Die Diagnose wird in der Regel klinisch gestellt. Mit Ausnahme von kindlichen Fehlbildungen erfolgt bei angepasster Dosis fast immer eine vollständige Genesung.
Vitamin A ist für die Bildung des Pigments Rhodopsin erforderlich, das als Photorezeptor in der Retina fungiert (siehe Tabelle Quellen, Funktionen und Wirkungen von Vitaminen). Vitamin A hilft bei der Erhaltung des Epithelgewebes und ist wichtig für die Lysosomenstabilität und die Glykoproteinsynthese.
Zu den Nahrungsquellen für vorgeformtes Vitamin A gehören Fischleberöle, Leber, Eigelb, Butter und mit Vitamin A angereicherte Milchprodukte. Die Leber speichert 80–90% des Vitamins A im Körper. Um Vitamin A zu verwerten, setzt der Körper es gebunden an Präalbumin (Transthyretin) und an das Retinol-bindende Protein frei. Beta-Carotin und weitere Provitamin-Carotinoide, die in grünem Blattgemüse, gelbem Gemüse, Karotten und in kräftig oder bunt gefärbtem Obst enthalten sind, werden in Vitamin A umgewandelt. Carotinoide aus Gemüse werden besser resorbiert, wenn sie gekocht oder homogenisiert und mit Fetten (z. B. Ölen) verzehrt werden.
Die Bezeichnung "Retinol activity equivalent" (RAE) wurde eingeführt, weil Provitamin-A-Carotinoide weniger Vitamin-A-Aktivität haben als vorgebildetes Vitamin A; 1 mcg Retinol = 3,33 Einheiten
Synthetische Vitaminanaloga (Retinoide) werden zunehmend in der Dermatologie verwendet. Ob Beta-Carotin und Retinoide vor Epithelkarzinomen schützen, wird derzeit in Studien untersucht.
In Form von Nahrungsergänzungsmitteln wird Beta-Carotin mit einem erhöhten Krebs- und Herz-Kreislauf-Risiko in Verbindung gebracht; das Risiko scheint sich nicht zu erhöhen, wenn die Carotinoide in Obst und Gemüse verzehrt werden.
(Siehe auch Überblick über Vitamine.)
Ätiologie der Vitamin-A-Toxizität
Eine akute Vitamin-A-Intoxikation bei Kindern kann nach der meist versehentlichen Einnahme einer hohen Dosis (> 300.000 Einheiten [> 100.000 RAE]) entstehen. Bei Erwachsenen trat eine akute Vergiftung auf, als arktische Forscher die Leber eines Eisbären oder Seehunds zu sich nahmen, die mehrere Millionen Einheiten von Vitamin A enthalten.
Eine chronische Vitamin-A-Toxizität entwickelt sich bei älteren Kindern und Erwachsenen nach der Aufnahme von täglich > 100.000 Einheiten (> 30.000 RAE)/Tag über mehrere Monate. Auch eine extrem hochdosierte Therapie stellt eine mögliche Ursache dar, genauso extrem hohe tägliche Dosierungen (150.000–350.000 Einheiten [50.000–120.000 RAE]) von Vitamin A oder seiner Metaboliten, die bei nodulärer Akne oder anderen Hautkrankheiten verordnet werden. Erwachsene, die täglich > 4500 Einheiten (> 1500 RAE) an Vitamin A zu sich nehmen, können an Osteoporose erkranken. Bei Säuglingen, die in Wasser lösliches Vitamin A in extrem hoher Dosis täglich (18.000–60.000 Einheiten [6.000–20.000 RAE])/Tag erhalten, entwickeln sich innerhalb weniger Wochen Vergiftungserscheinungen. Fehlbildungen entstehen bei Kindern von Frauen, die während der Schwangerschaft Isotretinoin, ein Vitamin-A-ähnliches Präparat, zur Behandlung von Akne einnehmen. Megadosen von Vitamin A können Lebertoxizität verursachen.
Obwohl Carotin im Körper in Vitamin A umgewandelt wird, verursacht die übermäßige Zufuhr von Carotin keine Vitamin-A-Intoxikation, sondern erhöht die Carotinblutwerte. Eine Carotinämie verläuft im Normalfall asymptomatisch, kann jedoch zu einer Carotinosis führen, bei der sich die Haut gelb färbt.
Symptome und Anzeichen von Vitamin-A-Toxizität
Obwohl die Symptome einer Vitamin-A-Toxizität variieren, treten bei akuter oder chronischer Hypervitaminose A Kopfschmerzen und Rötungen auf.
Eine akute Intoxikation erhöht den Hirndruck. Benommenheit, Reizbarkeit, Abdominalschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sind häufig, manchmal schält sich die Haut.
Die Frühsymptome einer chronischen Intoxikation sind unauffällig: trockenes Haar, Alopezie der Augenbrauen, raue Haut, trockene Augen und aufgesprungene Lippen. Später kommt es zu starken Kopfschmerzen, idiopathischer intrakranieller Hypertonie (Pseudotumor cerebri) und allgemeiner Schwäche. Eine Hyperostosis corticalis des Knochens und Gelenkschmerzen entstehen besonders bei Kindern. Bei älteren Menschen treten rasch Knochenfrakturen auf. Kinder leiden bei einer Vitamin-A-Intoxikation unter Pruritus, Anorexie und Entwicklungsverzögerungen. Zudem entwickeln sich eine Hepatomegalie und eine Splenomegalie.
Im Falle einer Carotinosis färbt sich die Haut der Handflächen und Fußsohlen tiefgelb, nicht jedoch die Sklera.
Diagnose von Vitamin-A-Toxizität
Klinische Untersuchung
Die Diagnose von Vitamin-A-Toxizität wird klinisch erstellt. Die Blutvitaminspiegel korrelieren kaum mit einer Intoxikation. Ist die klinische Diagnose nicht eindeutig, tragen Labortests zur Klärung bei. Bei einer Vitamin-A-Intoxikation steigen die Serumretinolspiegel von normalen 28–86 mcg/dl (1–3 Mikromol/l) auf über 100 mcg/dl (> 3,49 Mikromol/l), manchmal auf über 2000 mcg/dl (> 69,8 Mikromol/l) an. Eine Hyperkalzämie ist häufig.
Die Vitamin-A-Intoxikation von anderen Erkrankungen zu differenzieren kann schwierig sein. Ein Carotinosis tritt auch bei schwerem Hypothyreoidismus und Anorexia nervosa auf, da Carotin dann langsamer in Vitamin A umgewandelt wird.
Prognose für Vitamin-A-Toxizität
Eine vollständige Genesung erfolgt in der Regel, wenn Vitamin A nicht mehr zugeführt wird. Die Symptome einer chronischen Intoxikation verschwinden gewöhnlich in 1–4 Wochen. Jedoch sind Fehlbildungen eines Feten irreversibel, dessen Mutter während der Schwangerschaft überdosiertes Vitamin A eingenommen hat.
Behandlung der Vitamin-A-Toxizität
Die Zufuhr von Vitamin A wird gestoppt.
Wichtige Punkte
Eine Vitamin-A-Intoxikation kann durch die Einnahme hoher Dosen von Vitamin A entstehen - akut (in der Regel versehentlich bei Kindern) oder chronisch (z. B. als Megavitamintherapie oder bei der Behandlung von Hauterkrankungen).
Eine akute Intoxikation verursacht Hautausschlag, Bauchschmerzen, erhöhten intrakraniellen Druck und Erbrechen.
Eine chronische Intoxikation verursacht Hautausschlag, erhöhten intrakraniellen Druck dünnes und widerspenstiges Haar, trockene und raue Haut sowie Gelenkschmerzen; das Risiko von Knochenbrüchen ist erhöht, vor allem bei älteren Menschen.
Die Diagnose erfolgt aufgrund von klinischen Kriterien.
Wenn die Vitamin-A-Zufuhr gestoppt wird, verschwinden die Symptome (außer Geburtsfehler) in der Regel innerhalb von 1–4 Wochen.