Delir

VonJuebin Huang, MD, PhD, Department of Neurology, University of Mississippi Medical Center
Überprüft/überarbeitet Feb. 2023
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Ein Delir ist eine plötzlich eintretende, wechselnde und meist reversible Störung des Geisteszustands. Sie ist gekennzeichnet durch Konzentrationsschwierigkeiten, Desorientierung, die Unfähigkeit, klar zu denken, und Aufmerksamkeitsschwankungen (Bewusstseinszustand).

  • Ein Delir kann durch viele Erkrankungen, Medikamente, Freizeitdrogen und Gifte hervorgerufen werden.

  • Ärzte stellen die Diagnose basierend auf Symptomen und Ergebnissen einer körperlichen Untersuchung und die Ursache wird mithilfe von Blut- und Urinproben und bildgebenden Verfahren eruiert.

  • Eine prompte Behandlung der Ursache des Delirs heilt es zumeist.

(Siehe auch Überblick über Delir und Demenz.)

Ein Delir ist ein abnormer Geisteszustand und keine Krankheit. Es existiert zwar eine genaue medizinische Definition zu diesem Begriff, die Bezeichnung wird aber oft verwendet, um Verwirrtheit allgemein zu beschreiben.

Auch wenn Delir und Demenz beide das Denken beeinträchtigen, sind sie doch unterschiedlich.

  • Ein Delir beeinträchtigt hauptsächlich die Aufmerksamkeit. Die Demenz beeinträchtigt das Gedächtnis.

  • Ein Delir beginnt plötzlich und oftmals zu einem bestimmbaren Zeitpunkt. Demenz entwickelt sich in der Regel allmählich, ohne bestimmbaren Zeitpunkt (siehe Tabelle zum Vergleich zwischen Delir und Demenz).

Ein Delir ist niemals ein normaler Zustand und deutet oft auf eine ernste, neu entwickelte Störung hin, vor allem bei älteren Menschen. Menschen mit Delir bedürfen sofortiger medizinischer Hilfe. Wird die Ursache des Delirs schnell ermittelt und behoben, kann es normalerweise geheilt werden.

Da Delir einen vorübergehenden Zustand darstellt, ist es schwer, zu bestimmen, wie viele Menschen davon betroffen sind. 15 bis 50 Prozent der Patienten entwickeln während eines Krankenhausaufenthalts ein Delir.

Ein Delir kann in jedem Alter auftreten, ältere Menschen sind allerdings häufiger betroffen. Menschen in Altersheimen entwickeln häufig ein Delir. Bei jüngeren Menschen ist ein Substanzgebrauch (rezeptpflichtige oder rezeptfreie Medikamente, Drogen) oder eine lebensbedrohliche Erkrankung häufige Gründe für ein Delir.

Was ist Verwirrtheit?

Verwirrtheit kann verschiedene Bedeutungen haben. Mediziner beschreiben mit dem Begriff einen Zustand, bei dem Menschen Information nicht normal verarbeiten können.

Verwirrte Menschen sind nicht in der Lage,

  • einer Unterhaltung zu folgen

  • Fragen vernünftig zu beantworten

  • zu verstehen, wo sie sich befinden

  • zu entscheiden, ob etwas für sie sicher ist oder nicht

  • sich an wichtige Tatsachen zu erinnern

Verwirrtheit kann viele Gründe haben, unter anderem die Einnahme gewisser Substanzen (rezeptpflichtige oder rezeptfreie Medikamente und Drogen) sowie ein breites Spektrum von Störungen. Delir und Demenz können, obwohl es sehr unterschiedliche Störungen sind, zu Verwirrtheit führen.

Der Arzt versucht den Grund für die Verwirrtheit herauszufinden, vor allem, ob Delir oder Demenz die Ursache ist.

Wenn sich Verwirrtheit plötzlich entwickelt oder verschlimmert, könnte ein Delir die Ursache sein. Dann muss sofort eingegriffen werden, weil das Delir von einer ernsten gesundheitlichen Störung hervorgerufen worden sein kann. Zudem verschwindet das Delir häufig, sobald die zugrundeliegende Ursache beseitigt worden ist.

Wenn sich die Verwirrtheit langsam entwickelt, kann Demenz die Ursache sein. Diese muss auch behandelt werden, aber nicht so dringend. Eine Behandlung kann den geistigen Abbau bei Demenzkranken möglicherweise verlangsamen, in der Regel aber nicht stoppen.

Ursachen für ein Delir

Die Entwicklung bzw. Verschlimmerung vieler Erkrankungen kann zum Delir führen. Jeder, der schwer krank ist oder Medikamente oder Drogen nimmt, die das Gehirn beeinflussen (psychoaktive Medikamente oder Drogen), kann ins Delir fallen.

Allgemein sind die häufigsten Ursachen für ein Delir die folgenden:

Andere Ursachen sind unter anderem ein Krankenhausaufenthalt, eine Operation, Drogenentzug oder Entzug eines Medikaments, das über längere Zeit eingenommen wurde, bestimmte Erkrankungen und Vergiftungen. Ein Delir entwickelt sich bei Demenzkranken häufig während eines Krankenhausaufenthalts.

Bei älteren Menschen und solchen, deren Gehirn durch einen Schlaganfall, Demenz, Parkinson-Krankheit oder eine andere Störung vorgeschädigt ist, kann ein Delir auch bei weniger schweren Krankheiten entstehen. Weniger schwere Erkrankungen, die ein Delir auslösen können, sind unter anderem:

  • Leichte Erkrankungen (wie eine Harnwegsinfektion)

  • Schwere Konstipation

  • Schmerzen

  • Verwendung eines Blasenkatheters (eine dünne Röhre, mit der Urin aus der Blase entleert wird)

  • Dehydratation

  • Längerer Schlafentzug

  • Mangel an sinnlichen Empfindungen (einschließlich sozialer Isolation und fehlender Seh- oder Hörhilfen)

Bei einigen Menschen kann keine Ursache festgestellt werden.

Krankenhausaufenthalt

Ein Aufenthalt in einer unvertrauten Umgebung, wie beispielsweise in einem Krankenhaus und insbesondere auf einer Intensivstation (ITS), kann zu einem Delir beitragen oder eines auslösen.

Auf Intensivstationen werden Menschen in Räumen isoliert, die normalerweise keine Fenster oder Uhren haben. Dadurch erleben Menschen einen Mangel an Sinnesempfindungen und werden möglicherweise orientierungslos. Der Schlaf wird durch Personal gestört, das Patienten in der Nacht aufweckt, um sie zu beobachten und zu behandeln, sowie durch laut piepsende Monitore, Sprechanlagen, Stimmen im Korridor und Alarme. Außerdem leiden die meisten Menschen auf Intensivstationen an schwerwiegenden Erkrankungen und werden mit Medikamenten behandelt, die ein Delir noch wahrscheinlicher machen.

Menschen auf Intensivstationen können Krampfanfälle bekommen, die keine Konvulsionen verursachen (nichtkonvulsive Krampfanfälle). Diese Krampfanfälle können zu einem Delir führen, wobei die Krampfanfälle möglicherweise nicht festgestellt werden, da sie keine Konvulsionen oder andere typische Symptome von Krampfanfällen verursachen. Wenn die Krampfanfälle unbemerkt bleiben, kann es sein, dass sie nicht richtig und rechtzeitig behandelt werden.

Operation

Ein Delir ist auch nach einer Operation sehr häufig, wahrscheinlich wegen des Operationsstresses, der Narkosemittel (Anästhetika) und der Schmerzmittel (Analgetika), die während bzw. nach der Operation angewendet werden.

Ein Delir kann auch entstehen, wenn Patienten, bei denen eine Operation ansteht, eine Substanz nicht erhalten, die sie sonst einnehmen, wie eine Freizeitdrogen, Alkohol oder Tabak. Wenn die Einnahme einer solchen Substanz unterbrochen wird, können die Betroffenen Entzugssymptome bekommen, wie Delir.

Medikamenten- und Drogenkonsum

Der häufigste umkehrbare Grund für ein Delir ist die Verwendung von Medikamenten und Freizeitdrogen. Bei jüngeren Menschen sind der Konsum von Freizeitdrogen und eine akute Vergiftung durch Alkohol häufige Gründe. Bei älteren Menschen sind verschreibungspflichtige Medikamente meist die Ursache.

Psychoaktive Substanzen wirken direkt auf die Nervenzellen im Gehirn und lösen manchmal ein Delir aus. Hierzu zählen folgende:

Es können auch viele andere Arzneimittel ein Delir verursachen. Einige Beispiele:

  • Medikamente mit anticholinerger Wirkung, zu denen auch rezeptfreie Antihistaminika gehören

  • Amphetamine und Kokain, die Aufputschmittel sind

  • Cimetidin

  • Blutdrucksenkende Medikamente (Antihypertensiva, einschließlich Betablocker)

  • Kortikosteroide

  • Digoxin und bestimmte andere Medikamente zur Behandlung von Herzerkrankungen

  • Levodopa

  • Muskelrelaxanzien

Drogenentzug

Ein Delir kann auch durch das plötzliche Absetzen eines Medikaments oder einer Droge nach langer Einnahme erfolgen – zum Beispiel bei einem Beruhigungsmittel (wie Benzodiazepine oder Barbiturate) oder bei einem opioiden Schmerzmittel.

Personen mit einer Alkoholkrankheit, die abrupt mit dem Trinken aufhören (Delirium tremens), und Personen mit einer Heroinkonsumstörung, die die Droge plötzlich absetzen, fallen ebenfalls oft ins Delir.

Erkrankungen

Ungewöhnliche Konzentrationen von Elektrolyten, wie Kalzium, Natrium oder Magnesium, können den Stoffwechsel von Nervenzellen stören und zu einem Delir führen. Hervorgerufen werden solche ungewöhnlichen Elektrolytspiegel z. B. durch Entwässerungsmittel, Dehydratation und Störungen wie Niereninsuffizienz oder eine ausgedehnte Krebserkrankung.

Extrem hohe (Hyperglykämie) bzw. niedrige (Hypoglykämie) Blutzuckerspiegel verursachen häufig ein Delir.

Eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) führt zu einem Delir mit Teilnahmslosigkeit (Lethargie). Eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) führt zu einem Delir mit Überaktivität.

Falls sich Leberversagen oder eine Niereninsuffizienz entwickelt und nicht diagnostiziert wird, kann ein Medikament nach langer Einnahme ein Delir auslösen, auch wenn es davor keine Probleme verursacht hat. Bei diesen Störungen ist die normale Verarbeitung und Ausscheidung von Medikamenten durch Leber oder Nieren nicht gegeben. Als Folge können sich die Medikamente im Blut ansammeln und ins Hirn gelangen, was ein Delir verursacht.

Bei jüngeren Menschen (nach Ausschluss von Drogen und Alkohol) ist die Ursache für ein Delir in der Regel:

  • Eine Erkrankung, die das Gehirn direkt betrifft, zum Beispiel eine Infektion des Gehirns wie Meningitis oder Enzephalitis

Bei älteren Menschen ist die Ursache häufig

Solche Infektionen können das Gehirn direkt in Mitleidenschaft ziehen.

Wernicke-Enzephalopathie entsteht durch einen starken Mangel des B-Vitamins Thiamin und kann Verwirrtheit und ein Delir bewirken. Falls sie unbehandelt bleibt, kann die Wernicke-Enzephalopathie zu schweren Gehirnschäden, Koma oder zum Tod führen.

Einige Erkrankungen (wie z. B. Schlaganfälle, Hirntumoren, oder Hirnabszesse) verursachen Symptome eines Delirs, indem sie das Gehirn direkt schädigen.

Ein Delir kann bei älteren Menschen mit einer Viruserkrankung wie COVID-19 das erste Symptom sein.

Gifte

Bei jüngeren Menschen ist die Einnahme von Giften wie Desinfektionsalkohol oder Frostschutzmittel eine häufige Ursache für ein Delir.

Der Alterungsprozess im Visier: Delir

Ältere Menschen sind häufiger von einem Delir betroffen. Familienmitglieder älterer Menschen suchen deshalb häufig einen Arzt oder ein Krankenhaus auf. Ungefähr 15 bis 50 Prozent älterer Menschen erleiden ein Delir während eines Krankenhausaufenthalts.

Ursachen

Bei älteren Menschen kann ein Delir durch jede Störung entstehen, die auch bei jüngeren Menschen ein Delir auslöst. Aber es kann auch durch weniger schwerwiegende Ereignisse entstehen, wie zum Beispiel:

  • Dehydratation

  • Eine Störung, welche die Denkprozesse normalerweise nicht beeinflusst, wie eine Harnwegsinfektion, Grippe oder ein Mangel an Thiamin oder Vitamin B12

  • Schmerzen

  • Harnverhalt oder schwere Obstipation

  • Mangel an sinnlichen Empfindungen durch soziale Isolation oder wenn Menschen ihre Seh- oder Hörhilfen nicht tragen

  • Schlafentzug

  • Stress (jede Art)

  • Verwendung eines Blasenkatheters (eine dünne Röhre, mit der Urin aus der Blase entleert wird)

Bestimmte altersbedingte Veränderungen machen ältere Menschen anfälliger für ein Delir. Diese Veränderungen sind unter anderem:

  • Eine erhöhte Sensitivität gegenüber Medikamenten und Drogen

  • Veränderungen im Gehirn

  • Das Vorliegen von Umständen, die das Risiko eines Delirs erhöhen

Arzneimittel: Ältere Menschen reagieren auf viele Medikamente und Substanzen empfindlicher. Bei älteren Menschen sind Arzneimittel, die die Gehirnfunktion beeinflussen, wie zum Beispiel Beruhigungsmittel, die häufigste Ursache eines Delirs. Allerdings kann es auch durch Substanzen, die normalerweise keinen Einfluss auf die Gehirnfunktion haben, einschließlich vieler nicht verschreibungspflichtiger Medikamente (vor allem Antihistaminika), ausgelöst werden. Ältere Menschen reagieren auf die anticholinerge Wirkung vieler dieser Medikamente empfindlicher. Eine dieser Reaktionen ist Verwirrtheit.

Altersbezogene Veränderungen des Gehirns: Ein Delir tritt häufiger bei älteren Menschen auf, da sie durch altersbedingte Veränderungen im Gehirn anfälliger sind. Ältere Menschen haben zum Beispiel meist weniger Gehirnzellen und einen niedrigeren Acetylcholinspiegel – eine Substanz, die es den Gehirnzellen ermöglicht, miteinander zu kommunizieren. Jeglicher Stress (aufgrund eines Medikaments, einer Störung oder einer Situation), der den Acetylcholinspiegel weiter absinken lässt, kann die Gehirnfunktion erschweren. Folglich können solche Belastungen bei älteren Menschen häufig ein Delir auslösen.

Andere Faktoren: Ältere Menschen leiden ebenfalls häufig an anderen Erkrankungen, die sie für ein Delir anfälliger machen, wie zum Beispiel:

  • Schlaganfall

  • Demenz

  • Parkinson-Krankheit

  • Andere Erkrankungen, die Nervenschädigungen verursachen

  • Einnahme von drei oder mehr Medikamenten

  • Dehydratation

  • Unterernährung

  • Unbeweglichkeit

Ein Delir ist meist das erste Anzeichen für eine andere, manchmal ernste Erkrankung. Ein Delir kann beispielsweise bei älteren Menschen mit COVID-19 das erste Symptom sein, bisweilen ohne dass andere Symptome einer COVID-19-Erkrankung bestehen.

Symptome

Ein Delir hält bei älteren Menschen meist länger an.

Verwirrtheit, das offensichtlichste Symptom, kann bei älteren Menschen schwerer erkennbar sein. Jüngere Menschen mit Delir können aufgebracht sein, sehr alte Menschen werden meist ruhiger und ziehen sich zurück. In solchen Fällen ist es noch schwieriger, ein Delir zu erkennen.

Ein Delir erhöht außerdem das Risiko, dass ältere Menschen mit COVID-19 auf einer Intensivstation behandelt werden müssen, nach der Entlassung aus dem Krankenhaus eine Reha-Klinik aufsuchen und/oder sterben.

Falls sich bei älteren Menschen psychotisches Verhalten entwickelt, deutet dies meist auf ein Delir oder auf Demenz hin. Eine Psychose aufgrund einer psychiatrischen Störung setzt selten im fortgeschrittenen Alter ein.

Ältere Menschen leiden häufiger an Demenz, was ein Delir schwerer erkennbar macht. Beide verursachen Verwirrtheit. Der Arzt versucht die beiden abzugrenzen, indem er bestimmt, wie schnell die Verwirrtheit eingesetzt hat und wie gut die geistigen Funktionen des Menschen davor waren. Der Arzt stellt der Person auch eine Reihe an Fragen, die verschiedene Aspekte der Denkprozesse testen (Untersuchung der geistigen Verfassung). Daher werden Menschen, deren geistiger Zustand sich plötzlich verschlechtert – selbst wenn sie unter Demenz leiden –, gewöhnlich bis zum Beweis des Gegenteils so behandelt, als wären sie im Delir. Demenz erhöht das Risiko für ein Delir, und einige Menschen haben beides.

Behandlung

Das Delir selbst sowie der erforderliche Krankenhausaufenthalt können viele andere Probleme verursachen wie Unterernährung, Dehydratation und Druckgeschwüre. Diese Probleme können bei älteren Menschen schwerwiegende Folgen haben. Aus diesem Grund können ältere Menschen von einer Behandlung durch ein interdisziplinäres Team profitieren, welches einen Arzt, einen Physio- und Beschäftigungstherapeuten, Pflegepersonal und Sozialarbeiter umfasst.

Vorbeugung

Um ein Delir bei einer älteren Person während eines Krankenhausaufenthalts zu verhindern, können Familienangehörige das Krankenhauspersonal um Unterstützung bitten, indem:

  • Die Person regelmäßig zu Bewegung ermutigt wird

  • Eine Uhr und ein Kalender im Zimmer sind

  • Störungen und Geräusche in der Nacht minimiert werden

  • Sichergestellt wird, dass die Person genug isst und trinkt

Familienangehörige können den Patienten besuchen und sich mit ihm unterhalten, damit er nicht die Orientierung verliert. Menschen im Delir können verängstigt sein und die bekannte Stimme eines Familienangehörigen kann eine beruhigende Wirkung haben.

Symptome eines Delirs

Ein Delir beginnt gewöhnlich plötzlich und entwickelt sich im Verlauf von Stunden oder Tagen. Die Betroffenen verhalten sich unterschiedlich, aber meist ähnlich wie jemand, der zunehmend stärkere Vergiftungserscheinungen hat.

Kennzeichnend für ein Delir ist:

  • Die Aufmerksamkeitsstörung

Die Betroffenen können sich nicht konzentrieren, und daher keine neuen Informationen verarbeiten, und sich nicht an Ereignisse erinnern, die kurze Zeit zurückliegen. Als Folge sind sie nicht in der Lage zu verstehen, was um sie herum geschieht. Sie werden orientierungslos. Plötzliche Verwirrtheit in Bezug auf Zeit und oftmals auch auf den Ort (wo sie sich befinden), kann ein frühes Zeichen für ein Delir sein. Falls das Delir schwerwiegend ist, wissen Menschen möglicherweise nicht, wer sie oder andere Menschen sind. Die Gedankengänge von Menschen mit Delir sind verworren, sie schweifen ab und reden wirr.

Ihr Bewusstseinszustand kann schwanken. Das bedeutet, dass Menschen plötzlich von Überaktivität in Teilnahmslosigkeit verfallen können. Symptome verändern sich häufig innerhalb von Minuten und sind zum Abend hin häufig schlimmer (dieses Phänomen wird als „Sundowning“ bezeichnet).

Menschen mit Delir schlafen häufig ruhelos oder kehren ihren Schlaf-Wach-Rhythmus um, d. h., sie schlafen tagsüber und bleiben nachts wach.

Sie können bizarre, furchteinflößende optische Halluzinationen haben, bei denen sie Dinge und Menschen sehen, die nicht da sind. Manche Menschen entwickeln Paranoia (das unbegründete Gefühl, verfolgt zu werden) oder haben Wahnvorstellungen (Denkstörungen, bei denen Wahrnehmungen oder Erfahrungen falsch interpretiert werden).

Persönlichkeit und Stimmung können sich ändern. Manche Betroffene werden sehr ruhig und ziehen sich zurück, sodass sie ihre Umgebung ihr Delir gar nicht bemerken. Andere werden reizbar, aufgeregt, unruhig und laufen hin und her. Menschen, die ein Delir aufgrund der Einnahme von Beruhigungsmitteln entwickeln, werden meist schläfrig und ziehen sich zurück. Jene, die Amphetamine eingenommen oder Beruhigungsmittel abgesetzt haben, können aggressiv und hyperaktiv werden. Einige Menschen schwanken zwischen diesen beiden Verhaltenstypen.

Ein Delir kann Stunden, Tage und länger anhalten, abhängig von der Schwere und der Ursache. Wird die Ursache des Delirs nicht rasch identifiziert und behandelt, kann es sein, dass der Betroffene zunehmend schläfrig und nicht ansprechbar wird und es starker Reize bedarf, um ihn aufzurütteln (eine Störung, die Stupor genannt wird). Stupor kann zu Koma und Tod führen.

Wussten Sie ...

  • Psychotisches Verhalten, das im fortgeschrittenen Alter einsetzt, weist meist auf Delir oder Demenz hin.

Diagnose des Delirs

  • Untersuchung durch den Arzt

  • Untersuchung der geistigen Verfassung

  • Blut- und Urinproben und bildgebende Verfahren, um mögliche Ursachen zu finden

Der Arzt vermutet ein Delir aufgrund von Symptomen, besonders, wenn Menschen nicht aufmerksam sind und wenn sie ihre Fähigkeit, aufmerksam zu sein, von einer Minute auf die andere verlieren. Ein leichtes Delir ist unter Umständen schwer zu erkennen. Ärzte können ein Delir bei Menschen im Krankenhaus übersehen.

Die meisten Menschen, bei denen ein Delir vermutet wird, werden ins Krankenhaus eingeliefert, damit sie untersucht werden können und um sie davor zu schützen, sich selbst oder andere zu verletzen. Im Krankenhaus können diagnostische Verfahren schnell und sicher durchgeführt und alle festgestellten Störungen schnell behandelt werden.

Da ein Delir durch eine ernste Krankheit hervorgerufen werden kann (die möglicherweise schnell zum Tod führen), bemüht sich der Arzt, so schnell wie möglich die Ursache zu ergründen. Wird die Ursache behoben, vergeht das Delir häufig.

Zunächst versucht der Arzt, eine Geisteskrankheit auszuschließen. Dazu werden so viele Informationen wie möglich über die Krankengeschichte des Patienten erhoben sowie eine körperliche Untersuchung und Tests durchgeführt.

Krankengeschichte

Man bittet Freunde, Familienangehörige oder andere Beobachter um Informationen, da Menschen im Delir meist nicht in der Lage sind, Antworten zu geben. Folgende Fragen werden gestellt:

  • Wie die Verwirrtheit eingesetzt hat (plötzlich oder allmählich)

  • Wie schnell sie fortgeschritten ist

  • Wie die körperliche und geistige Gesundheit der betroffenen Person war

  • Welche Substanzen (einschließlich Alkohol und Freizeitdrogen, vor allem, wenn es sich um einen jungen Menschen handelt) und Nahrungsergänzungsmittel (einschließlich Heilkräuter) die betroffene Person einnimmt

  • Ob vor Kurzem neue Arzneimittel angewendet oder abgesetzt wurden

Hinweise erhält man auch aus Krankenakten, von der Polizei und Rettungspersonal oder man findet leere Tablettenfläschchen und bestimmte Dokumente. Dokumente wie ein Scheckbuch, kürzliche Briefe oder Mahnungen für unbezahlte Rechnungen oder nicht eingehaltene Termine können auf eine Veränderung des Geisteszustands hindeuten.

Falls ein Delir gemeinsam mit Erregungszuständen und Halluzinationen, Wahnvorstellungen oder Paranoia auftritt, muss es von einer Psychose aufgrund einer psychiatrischen Störung abgegrenzt werden, wie einer manisch-depressiven Erkrankung oder Schizophrenie. Menschen mit einer Psychose aufgrund einer psychischen Störung leiden üblicherweise nicht an Verwirrtheit oder Gedächtnisverlust, und ihr Bewusstseinszustand ändert sich nicht. Psychotisches Verhalten, das im fortgeschrittenen Alter einsetzt, weist meist auf Delir oder Demenz hin.

Tabelle
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Körperliche Untersuchung

Während der körperlichen Untersuchung wird nach Anzeichen von Störungen geprüft, die ein Delir verursachen können gesucht, wie Infektionen oder Dehydratation. Es wird auch eine neurologische Untersuchung durchgeführt.

Untersuchung der geistigen Verfassung

Menschen, die möglicherweise an einem Delir leiden, werden einem Test unterzogen, der ihre geistige Verfassung beurteilt. Zunächst werden ihnen Fragen gestellt, um herauszufinden, ob das Hauptproblem eine Aufmerksamkeitsstörung ist. Ihnen wird zum Beispiel eine kurze Liste vorgelesen, die sie wiederholen sollen. Der Arzt stellt fest, ob der Patient das ihm Vorgelesene aufnehmen (registrieren) kann. Menschen im Delir sind dazu nicht in der Lage. Die Untersuchung der geistigen Verfassung umfasst zudem Fragen und Aufgaben wie Tests des Kurzzeit- und Langzeitgedächtnisses, das Benennen von Gegenständen, das Schreiben von Sätzen und das Abzeichnen von Formen. Menschen im Delir können zu verwirrt, erregt oder zurückgezogen sein, um auf diese Untersuchung zu reagieren.

Tests

Blut- und Urinproben werden meist entnommen und auf Erkrankungen untersucht, die möglicherweise ein Delir verursachen. Häufige Ursachen für ein Delir sind zum Beispiel abweichende Zucker- und Elektrolytspiegel im Blut sowie Leber- und Nierenerkrankungen. Deswegen führt der Arzt meist Bluttests durch, um den Zucker- und Elektrolytspiegel im Blut zu messen und zu untersuchen, wie gut die Leber und Nieren funktionieren. Wenn eine Schilddrüsenstörung vermutet wird, können Tests durchgeführt werden, um die Funktion der Schilddrüse zu untersuchen. Sollte der Arzt vermuten, dass bestimmte Medikamente die Ursache sind, können Tests durchgeführt werden, um die Konzentration des Medikaments im Blut zu messen. Diese Tests können dabei helfen, festzustellen, ob die Konzentrationen im Blut hoch genug sind, um schädlich zu sein und ob eine Überdosis genommen wurde.

Kulturen können angelegt werden, um nach Infektionen zu suchen. Eine Röntgenaufnahme des Brustkorbs kann durchgeführt werden, um festzustellen, ob eine Lungenentzündung die Ursache für das Delir sein könnte, insbesondere bei älteren Menschen, die schnell atmen, und zwar unabhängig davon, ob sie Fieber haben oder husten.

Eine Computertomografie (CT) oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns wird gewöhnlich durchgeführt.

Manchmal wird ein Test durchgeführt, der die elektrische Aktivität des Gehirns aufzeichnet (Elektroenzephalogramm oder EEG), um festzustellen, ob das Delir von einer Anfallkrankheit ausgelöst wurde.

Ein Elektrokardiogramm (EKG), Pulsoxymetrie (Messung der Sauerstoffkonzentration im Blut mithilfe eines Sensors) und eine Röntgenaufnahme des Brustbereichs können durchgeführt werden, um die Funktion von Herz und Lunge zu untersuchen.

Bei Patienten mit Fieber oder Kopfschmerzen kann eine Spinalpunktion (Lumbalpunktion) durchgeführt werden, um Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit für eine Laboruntersuchung zu gewinnen. Mithilfe derartiger Analysen kann der Arzt Infektionen oder Blutungen im Gehirn- und Rückenmarksbereich als mögliche Ursachen ausschließen.

Behandlung des Delirs

  • Behandlung der Krankheitsursache

  • Allgemeine Maßnahmen

  • Maßnahmen zur Bewältigung von Erregungszuständen

Die meisten Menschen mit Delir werden ins Krankenhaus eingewiesen. Wenn die Ursache des Delirs aber leicht korrigierbar ist (wie zum Beispiel bei einem niedrigen Blutzuckerspiegel), werden Patienten für einen kurzen Zeitraum in der Notaufnahme beobachtet und können dann nach Hause gehen.

Behandlung der Krankheitsursache

Sobald die Ursache festgestellt ist, kann sie schnell korrigiert und behandelt werden. Beispielsweise behandelt man Infektionen mit Antibiotika, Dehydratation mit intravenösen Flüssigkeits- und Elektrolytgaben und ein Delir nach Alkoholentzug mit Benzodiazepinen (sowie Maßnahmen, die dem Patienten helfen sollen, mit dem Trinken aufzuhören).

Eine sofortige Behandlung der Störung, die das Delir verursacht, verhindert meist bleibende Gehirnschäden und kann zu einer vollständigen Genesung führen.

Sämtliche Medikamente, die das Deliri eventuell verschlimmern, werden, falls möglich abgesetzt.

Allgemeine Maßnahmen

Allgemeine Maßnahmen sind ebenfalls wichtig.

Die Umgebung sollte so ruhig und still wie möglich sein. Gute Beleuchtung sollte vorhanden sein, damit Betroffene in der Lage sind, zu erkennen, wer und was sich in ihrem Zimmer befindet und wo sie sind. Uhren, Kalender und Fotos von Familienangehörigen im Zimmer können bei der Orientierung helfen. Bei jeder Gelegenheit sollten Personal und Familienmitglieder den Betroffenen beruhigen und ihm helfen, sich an Zeit und Ort zu erinnern. Vorgänge und Abläufe sollten im Voraus und, während sie passieren, erklärt werden. Personen, die Brillen oder Hörhilfen benötigen, sollten Zugang zu diesen haben.

Delirante Menschen sind anfällig für viele Probleme wie Dehydratation, Unterernährung, Inkontinenz, Stürze und Druckgeschwüre. Dem vorzubeugen, erfordert sorgfältige Aufmerksamkeit und Pflege. Aus diesem Grund können Betroffene, besonders, wenn sie älter sind, von einer Behandlung durch ein interdisziplinäres Team profitieren, das einen Arzt, einen Physio- und Beschäftigungstherapeuten, Pflegepersonal und Sozialarbeiter umfasst.

Behandlung von Erregungszuständen

Wenn die Betroffenen äußerst erregt sind oder Halluzinationen haben, können sie sich selbst oder die sie betreuenden Personen verletzen. Die folgenden Maßnahmen können solchen Verletzungen vorbeugen:

  • Familienangehörige sollten beim Betroffenen bleiben.

  • Der Betroffene sollte sich in einem Zimmer in der Nähe des Schwesternstützpunktes befinden.

  • Das Krankenhaus kann eine Aufsichtsperson zur Verfügung stellen, die beim Betroffenen bleibt.

  • Die Medikation des Betroffenen wird so stark vereinfacht wie möglich.

  • Vorrichtungen wie intravenöse Katheter, Blasenkatheter oder gepolsterte Gürtel sollten, wenn möglich nicht verwendet werden, da sie den Betroffenen noch mehr verwirren und aufregen könnten und somit das Verletzungsrisiko erhöhen.

Allerdings müssen während eines Krankenhausaufenthalts manchmal gepolsterte Gürtel verwendet werden, z. B., um zu verhindern, dass sich Patienten intravenöse Katheter herausreißen oder stürzen. Haltevorrichtungen werden von ausgebildetem Personal vorsichtig angebracht, in regelmäßigen Abständen geöffnet und so bald wie möglich entfernt, da sie den Patienten aufregen und den Erregungszustand verschlimmern können.

Gegen die Erregungszustände werden, erst wenn alle anderen Maßnahmen versagt haben, Medikamente eingesetzt. Es werden meist zwei Arten von Medikamenten zur Kontrolle von Erregungszuständen eingesetzt, beide sind allerdings nicht ideal:

  • Antipsychotika werden am häufigsten angewendet. Diese können die Erregungszustände allerdings verlängern oder verschlimmern, und einige haben anticholinerge Wirkungen, die Verwirrtheit, Sehtrübung, Verstopfung, trockenen Mund, Benommenheit, erschwertes Harnlassen und Blasenschwäche verursachen. Neuere Antipsychotika, wie Risperidon, Olanzapin und Quetiapin, haben weniger Nebenwirkungen als ältere Antipsychotika, wie Haloperidol. Wenn jedoch die neueren Medikamente über längere Zeit eingenommen werden, können sie zu Gewichtszunahme und auffälligen Fett- bzw. Lipidwerten (Hyperlipidämie) führen und das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöhen. Bei älteren Menschen mit Psychose und Demenz können diese Medikamente das Schlaganfallrisiko erhöhen und zum Tod führen.

  • Benzodiazepine (eine Art von Beruhigungsmitteln) wie Lorazepam werden angewendet, wenn das Delir durch Alkoholentzug oder den Entzug von einem Beruhigungsmittel ausgelöst wird. Benzodiazepine werden nicht zur Behandlung eines Delirs verwendet, das durch andere Erkrankungen verursacht wird, da sie die Betroffenen, besonders ältere Menschen, noch verwirrter oder schläfriger (oder beides) machen können.

Der Arzt ist bei der Verschreibung dieser Medikamente sehr vorsichtig, vor allem bei älteren Menschen. Es wird die niedrigste Dosis verschrieben und das Medikament so bald wie möglich abgesetzt.

Prognose bei Delir

Wird die Ursache für das Delir rasch erkannt und behandelt, erholen sich die meisten Betroffenen vollständig. Jegliche Verzögerungen verringern die Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Genesung. Doch selbst bei Behandlung können einige Symptome wochen- oder monatelang anhalten und sich nur langsam bessern. Bei manchen Menschen entwickelt sich aus dem Delir eine chronische Hirnfunktionsstörung, ähnlich einer Demenz.

Delirante Patienten haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, Komplikationen während des Krankenhausaufenthalts zu erleiden (einschließlich Tod) als jene, die an keinem Delir leiden. Ungefähr 35 bis 40 Prozent der Menschen, die während eines Krankenhausaufenthalts ein Delir entwickeln, sterben innerhalb eines Jahres, wobei die Ursache oft nicht das Delir, sondern eine andere schwere Erkrankung ist.

Delirante Patienten im Krankenhaus, vor allem ältere Menschen, haben einen längeren Krankenhausaufenthalt, höhere Behandlungskosten und brauchen länger, um sich zu erholen, nachdem sie das Krankenhaus verlassen haben.