Verfahren der pränatalen genetischen Diagnostik

VonJeffrey S. Dungan, MD, Northwestern University, Feinberg School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Jan. 2024
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Pränatale Verfahren, die eine endgültige Diagnose genetischer Störungen ermöglichen, sind invasiv und mit einem gewissen Risiko für den Fetus verbunden. Frauen können sich für pränatale Untersuchungen entscheiden, um sich vor der Geburt über fetale Anomalien zu informieren, unabhängig davon, ob sie einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen würden, wenn bei den Tests eine schwere Anomalie festgestellt wird.

Präimplantations-Gentests (PGT)

Eine Präimplantationsdiagnostik ist in manchen Fällen schon vor der Implantation möglich, wenn die In-vitro-Fertilisation durchgeführt wird; es werden dazu Polarkörperchen der Eizellen, Blastomere von Embryonen im 6- bis 8-Zellen-Stadium oder eine Trophoblastprobe aus der Blastozyste verwandt. Diese Tests sind nur in spezialisierten Zentren verfügbar und teuer. Neuere Techniken werden jedoch die Kosten reduzieren und solche Untersuchungen in größerem Rahmen ermöglichen.

Es gibt drei Formen der PGT:

  • PGT-M: Tests auf monogene (d. h. nur ein Gen betreffende) Anomalien

  • PGT-A: Test auf Aneuploidie

  • PGT-SR: Prüfung auf strukturelle Umlagerungen wie unbalancierte Translokationen

PGT-M wird primär dann eingesetzt, wenn das Risiko bestimmter Mendelscher Erkrankungen (z. B. zystische Fibrose) beim Fetus hoch ist. PGT-A oder PGT-SR wird eingesetzt, wenn Chromosomenanomalien beim Fetus ein Risiko darstellen.

PGT-A wird vor allem bei Embryonen älterer Frauen eingesetzt, doch ist die routinemäßige Anwendung umstritten (1). In einer großen, multizentrischen, randomisierten Studie unterschieden sich die Schwangerschaftsraten bei einem Transfer von tiefgefrorenen, einzelnen Embryonen nach PGT-A oder nach morphologischer Beurteilung nicht signifikant (2).

Chorionzottenbiopsie

Bei der Chorionzottenbiopsie (Chorionic Villus Sampling, CVS) werden Chorionzotten in eine Spritze aspiriert und anschließend kultiviert. Die Chorionzottenbiopsie liefert dieselben Informationen zum fetalen genetischen und chromosomalen Status des Fetes wie die Amniozentese und hat eine vergleichbare Genauigkeit. Die Chorionzottenbiopsie wird jedoch zwischen der 10. SSW und dem Ende des 1. Trimenons durchgeführt und macht die Ergebnisse so früher verfügbar. Daher kann die Schwangerschaft, falls erforderlich, früher (und damit sicherer und einfacher) beendet werden, oder die Eltern können, wenn die Befunde normal sind, früher von ihren Sorgen befreit werden.

Anders als bei der Amniozentese können die Kliniker bei der Chorionzottenbiopsie kein Fruchtwasser gewinnen, und Alpha-Fetoprotein kann nicht gemessen werden. Daher sollte Frauen, die sich einer Chorionzottenbiopsie unterziehen, in der 16. bis 18. Schwangerschaftswoche ein mütterliches Screening auf Alpha-Fetoprotein im Serum angeboten werden, um das Risiko für fetale Neuralrohrdefekten zu beurteilen.

Je nach Lokalisation der Plazenta (die per Ultraschall identifiziert wird) kann die Chorionzottenbiopsie durch Einführen eines Katheters durch die Zervix oder durch Einführen einer Nadel durch die Bauchwand der Frau durchgeführt werden. Nach der Chorionzottenbiopsie wird Rho(D)-Immunglobulin 300 mcg an Rh-negative, nicht sensibilisierte Frauen verabreicht.

Irrtümer in der Diagnose aufgrund einer Kontamination durch mütterliche Zellen sind selten. Das Auffinden gewisser Chromosomenanomalien (z. B. einer Tetraploidie) muss nicht den wahren chromosomalen Status des Feten widerspiegeln, sondern ein auf die Plazenta begrenztes Zellmosaik. Begrenzter Plazenta-Mosaizismus wird in etwa 1% der Chorionzottenbiopsie-Proben nachgewiesen. Hier ist es angeraten, einen mit diesen Anomalien vertrauten Experten zu konsultieren. Gelegentlich ist eine weitere Amniozentese erforderlich, um zusätzliche Informationen zu erhalten.

Die Rate an Aborten, die durch eine Chorionzottenbiopsie ausgelöst wurden, entspricht der der Amniozentese (d. h. etwa 0,2%) (3). Transversale Gliedmaßendefekte und eine oromandibuläre Gliedmaßen-Hypogenese wurden auf Chorionzottenbiopsie zurückgeführt, sind jedoch äußerst selten, wenn die Chorionzottenbiopsie nach der 10. Schwangerschaftswoche von einem erfahrenen Operateur durchgeführt wird.

Amniozentese

Bei der Amniozentese wird transabdominal und ultraschallgeführt eine Nadel in die Amnionhöhle eingeführt, um Fruchtwasser und fetale Zellen zur Untersuchung zu aspirieren, einschließlich der Bestimmung chemischer Marker (z. B. Alpha-Fetoprotein, Acetylcholinesterase). Die sicherste Zeit für eine Amniozentese liegt nach der 14. SSW. Direkt vor der Amniozentese muss eine Sonographie durchgeführt werden, um die fetale Herzaktion zu beurteilen und Schwangerschaftsalter, Lage der Plazenta, Verteilung des Fruchtwassers und Anzahl der Feten zu bestimmen. Wenn die Mutter Rh-negativ und nicht sensibilisiert ist, erhält sie nach dem Eingriff 300 mcg Rho (D)-Immunglobulin, um eine Rh-Sensibilisierung zu vermindern.

Üblicherweise wird die Amniozentese schwangeren Frauen > 35 Jahren angeboten, da sie einem erhöhten Risiko für ein Kind mit Down-Syndrom oder einer anderen Chromosomenanomalie unterliegen. Mit der weit verbreiteten Verfügbarkeit und verbesserten Sicherheit der Amniozentese empfiehlt das American College of Obstetricians and Gynecologists jedoch, allen schwangeren Frauen eine Amniozentese anzubieten (3).

Gelegentlich ist das gewonnene Fruchtwasser blutig tingiert. Normalerweise handelt es sich um mütterliches Blut, durch das das Wachstum der Amnionzellen nicht beeinträchtigt wird; wenn es jedoch fetales Blut ist, kann es fälschlicherweise die Alpha-Fetoprotein-Spiegel im Fruchtwasser erhöhen. Eine dunkelrote oder braune Flüssigkeit zeigt eine stattgehabte intraamniale Blutung und damit ein erhöhtes Abortrisiko an. Grünes Fruchtwasser, das gewöhnlich aus einer Färbung durch Mekonium entsteht, scheint das Abortrisiko nicht zu erhöhen.

Die Amniozentese führt selten zu einer ernsthaften mütterlichen Erkrankung (z. B. symptomatische Amnionitis). Bei erfahrenen Untersuchern liegt das Abortrisiko bei 0,1–0,2% (4). Leichte vaginale Blutungen oder heraussickerndes Fruchtwasser sind normalerweise selbstlimitierend und treten bei 1–2% der untersuchten Frauen auf. Eine Amniozentese vor der 14. Schwangerschaftswoche, vor allem vor der 13. Schwangerschaftswoche, hat eine höhere Rate an Fehlgeburten und ein erhöhtes Risiko für einen Pes equinovarus (Klumpfuß) zur Folge und wird selten durchgeführt.

Perkutane Nabelschnurpunktion

Fetale Blutproben können durch perkutane Punktion der Nabelschnurvene unter Ultraschallführung gewonnen werden. Die Chromosomenanalyse lässt sich innerhalb von 48–72 h anfertigen. Aus diesem Grund wurde eine perkutane Nabelschnurpunktion (percutaneous umbilical blood sampling, PUBS) früher oft durchgeführt, wenn das Ergebnis schnell benötigt wurde. Diese Untersuchung war besonders im späten 3. Trimester nützlich, vor allem dann, wenn in dieser Zeit zum ersten Mal der Verdacht auf fetale Anomalien erhoben wurde. Heute ermöglicht die genetische Analyse von Zellen im Fruchtwasser oder Chorionzotten mittels einer Interphase-Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) eine vorläufige Diagnose (oder Ausschluss) von häufigen Chromosomenerkrankungen innerhalb von 24–48 Stunden; eine perkutane Nabelschnurpunktion wird nur selten bei genetischer Indikationen gemacht.

Die Rate der untersuchungsbedingten Aborte liegt bei 1% (5).

Literatur

  1. 1. Practice Committees of the American Society for Reproductive Medicine and the Society for Assisted Reproductive Technology: The use of preimplantation genetic testing for aneuploidy (PGT-A): A committee opinion. Fertil Steril 109 (3):429–436, 2018. doi: 10.1016/j.fertnstert.2018.01.002

  2. 2. Munné S, Kaplan B, Frattarelli JL, et al: Preimplantation genetic testing for aneuploidy versus morphology as selection criteria for single frozen-thawed embryo transfer in good-prognosis patients: A multicenter randomized clinical trial. Fertil Steril 112 (6):1071–1079.e7, 2019. doi: 10.1016/j.fertnstert.2019.07.1346

  3. 3. American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG): ACOG Committee on Practice Bulletins—Obstetrics; Committee on Genetics; Society for Maternal-Fetal Medicine. Screening for Fetal Chromosomal Abnormalities: ACOG Practice Bulletin, Number 226. Obstet Gynecol. 2020;136(4):e48-e69. doi:10.1097/AOG.0000000000004084 

  4. 4. Beta J, Zhang W, Geris S, et al: Procedure-related risk of miscarriage following chorionic villus sampling and amniocentesis. Ultrasound Obstet Gynecol 54(4):452-457, 2019. doi:10.1002/uog.20293

  5. 5. Tongsong T, Wanapirak C, Piyamongkol W, et al: Second-trimester cordocentesis and the risk of small for gestational age and preterm birth. Obstet Gynecol 124(5):919-925, 2014. doi:10.1097/AOG.0000000000000502