Befruchtung und pränatale Entwicklung

VonRaul Artal-Mittelmark, MD, Saint Louis University School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Mai 2021 | Geändert Sept. 2022
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    Zur Befruchtung (Fertilisation) muss sich ein vitales Spermium in einer Tube mit funktionell intaktem Epithel mit einer Eizelle vereinigen. Die Befruchtung erfolgt kurz nach der Ovulation, ca. 14 Tage nach einer Menstruationsblutung. Zur Zeit der Ovulation wird der Zervixschleim weniger viskös und erleichtert so den Spermien die rasche Vorwärtsbewegung in Richtung Eizelle, die sich meistens nahe dem Fimbrientrichter der Tube befindet. Die Spermien können in der Vagina etwa 3 Tage nach dem Geschlechtsverkehr vital bleiben.

    Während die befruchtete Eizelle (Zygote) zum Nidationsort im Endometrium (meist nahe dem Fundus) wandert, teilt sie sich wiederholt. Bis zur Zeit der Einnistung hat sich die Zygote zu einer Zellschicht um einen Hohlraum herum entwickelt, die man Blastozyste nennt. Abgesehen vom Bereich des embryonalen Pols, der 3–4 Zellschichten dick ist, besteht die Blastozystenwand aus einer Zellreihe. Der embryonale Pol, der sich zum Embryo entwickelt, nistet sich zuerst ein. Etwa 6 Tage nach der Befruchtung wird die Blastozyste in die Gebärmutterschleimhaut implantiert.

    Amnionhöhle und Plazenta

    Innerhalb von 1-2 Tagen nach Beginn der Implantation entwickelt sich um die Blastozyste herum eine Lage von Zellen (Trophoblastzellen). Der Vorläufer der villösen Trophoblastenzelle, die Stammzelle der Plazenta, entwickelt sich zu 2 Zelllinien:

    • Nichtproliferativer extravillöser Trophoblast: Diese Zellen dringen in das Endometrium ein, erleichtern die Implantation und Verankerung der Plazenta.

    • Synzytiotrophoblast: Diese Zellen produzieren Choriongonadotropin ab dem 10. Tag und etwas später andere trophische Hormone.

    Aus dem Trophoblasten entwickelt sich eine innere (Amnion) und eine äußere Membranlage (Chorion); diese Membranen bilden die Eihäute, die das Schwangerschaftsprodukt (ein Begriff, der alles aus der Zygote Entstandene in jeglicher Entwicklungsphase bezeichnet—siehe Abbildung Plazenta und Embryo in der ca. 11 4/7 Schwangerschaftswoche). Wenn sich der Fruchtsack gebildet und der Hohlraum der Blastozyste (nach ca. 10 Tagen) geschlossen hat, wird das Schwangerschaftsprodukt als Embryo bezeichnet. Die Amnionhöhle füllt sich mit Flüssigkeit und weitet sich mit dem wachsenden Embryo aus, wobei sie etwa in der 12. Woche nach der Befruchtung das Cavum uteri ausfüllt; danach ist die Amnionhöhle der einzige im Uterus verbleibende Hohlraum.

    Plazenta und Embryo in der ca. 11 4/7 Schwangerschaftswoche

    Der Embryo misst 4,2 cm.

    Trophoblastzellen entwickeln sich zu den Zellen, die die Plazenta bilden. Der extravillöse Trophoblast bilden die Zotten, die in den Uterus eindringen. Der Synzytiotrophoblast bedeckt die Zotten. Der Synzytiotrophoblast synthetisiert trophische Hormone und sorgt für den arteriellen und venösen Austausch zwischen dem Blutkreislauf des Konzeptus und dem der Mutter.

    Die Plazenta ist in der 18.–20. Woche ausstrukturiert, wächst aber noch weiter bis zu einem Gewicht am Termin von ca. 500 g.

    Embryo

    Ungefähr bis zum 10. Tag haben sich im Embryo drei Keimblätter (Ektoderm, Mesoderm, Endoderm) differenziert. Dann beginnt sich der Primitivstreifen, aus dem das Neuralrohr entsteht, zu entwickeln.

    Um den 16. Tag verdickt sich der kopfwärts gerichtete Anteil des Mesoderms, indem er einen zentralen Kanal bildet, aus dem das Herz und die großen Gefäße entstehen. Um den 20. Tag beginnt das Herz Plasma zu pumpen, und am folgenden Tag erscheinen fetale Erythrozyten, die unreif sind und einen Kern besitzen. Fetale Erythrozyten werden bald durch reife Erythrozyten ersetzt, und überall im Embryo entstehen Blutgefäße. Schließlich entwickeln sich Nabelarterie und Nabelvene, die die embryonalen Blutgefäße mit der Plazenta verbinden.

    Die meisten Organe bilden sich zwischen dem 21. und 57. Tag nach der Befruchtung (5.–10. Gestationswoche) aus; das zentrale Nervensystem (ZNS) entwickelt sich jedoch während des ganzen Schwangerschaftsverlaufs weiter. Die Anfälligkeit für Fehlbildungen durch teratogene Einflüsse ist während der Entstehung der Organe am größten.