Von Kopfschmerzen durch übermäßigen Medikamentengebrauch (Rebound-Phänomen) spricht man, wenn Menschen, die zu viele Kopfschmerzmittel einnehmen, über mehr als 3 Monate an mehr als 15 Tagen pro Monat an Kopfschmerzen leiden.
Kopfschmerzen durch übermäßigen Medikamentengebrauch entwickeln sich am häufigsten bei Patienten mit Migräne oder Spannungskopfschmerzen auf.
Die Art von Kopfschmerzen variiert von Mensch zu Mensch.
Kopfschmerzen durch übermäßigen Medikamentengebrauch werden anhand der Häufigkeit diagnostiziert, mit der Betroffene Kopfschmerzmittel nehmen und Kopfschmerzen haben.
Behandelt werden diese Kopfschmerzen, indem das Kopfschmerzmittel abgesetzt und ein anderes Kopfschmerzmittel verschrieben wird, mit dem die Symptome behandelt werden, die durch das Absetzen des Medikaments entstehen. Oft werden auch Medikamente verschrieben, um die ursprüngliche Kopfschmerzkrankheit zu behandeln.
(Siehe auch Überblick über Kopfschmerzen.)
Wenn bestimmte Medikamente häufig oder täglich eingenommen werden, um gelegentliche Kopfschmerzen zu behandeln, können Kopfschmerzen häufiger auftreten und chronisch werden.
Kopfschmerzen durch übermäßigen Medikamentengebrauch treten bei 1 bis 2 Prozent der Allgemeinbevölkerung auf. Männer sind häufiger davon betroffen als Frauen.
Die meisten Menschen mit dieser Art von Kopfschmerzen nehmen Kopfschmerzmittel gegen Migräne oder Spannungskopfschmerzen ein. Dabei nehmen sie diese Medikamente zu häufig oder zu viel davon ein, weil die Mittel die Schmerzen nicht effektiv lindern.
Ursachen von Kopfschmerzen durch übermäßigen Medikamentengebrauch
Die häufigsten Ursachen von Kopfschmerzen durch übermäßigen Medikamentengebrauch sind die folgenden:
Opioide
Schmerzmittel (Analgetika), die Butalbital enthalten (ein Barbiturat)
Einnahme von Aspirin oder Paracetamol mit Koffein
Triptane (Medikamente zur Vorbeugung und Behandlung von Migräne)
Die übermäßige Verwendung von anderen nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) und Ergotamin kann ebenfalls diese Erkrankung verursachen.
Man nimmt an, dass ein überempfindliches Nervensystem Kopfschmerzen durch übermäßigen Medikamentengebrauch verursachen kann. Das heißt, dass die Nervenzellen im Gehirn, die Schmerzen auslösen, zu schnell stimuliert werden.
Substanzabhängigkeit kommt bei Personen mit Kopfschmerzen durch übermäßigen Medikamentengebrauch häufiger vor. Sie können auch eine genetische Veranlagung für Kopfschmerzen durch übermäßigen Medikamentengebrauch haben.
Symptome von Kopfschmerzen durch übermäßigen Medikamentengebrauch
Kopfschmerzen durch übermäßigen Medikamentengebrauch treten täglich oder fast täglich auf und sind häufig schon vorhanden, wenn die Betroffenen aufwachen. Stelle und Art der Schmerzen sind von Mensch zu Mensch verschieden. Die Betroffenen können auch Übelkeit verspüren, reizbar werden und Konzentrationsschwierigkeiten haben.
Diagnose von Kopfschmerzen durch übermäßigen Medikamentengebrauch
Untersuchung durch den Arzt
Die Diagnose von Kopfschmerzen durch übermäßigen Medikamentengebrauch stützt sich darauf, wie häufig Menschen, die regelmäßig Kopfschmerzmittel einnehmen, Kopfschmerzen haben und wie oft sie diese Kopfschmerzmittel einnehmen.
Kopfschmerzen durch übermäßigen Medikamentengebrauch werden diagnostiziert, wenn alle der folgenden Kriterien vorliegen:
Kopfschmerzen von 15 Tagen oder mehr im Monat treten bei Patienten auf, die Paracetamol, Aspirin oder ein anderes nichtsteroidales Antirheumatikum (NSAR) einnehmen, und Kopfschmerzen von 10 Tagen oder mehr im Monat bei Personen, die Ergotamin, Triptane, Opioide oder kombinierte Kopfschmerzmittel zur Behandlung von Kopfschmerzen nehmen.
Die Betroffenen nehmen seit mehr als 3 Monaten regelmäßig zu viele oder mehrere Medikamente zur Linderung ihrer Kopfschmerzen ein.
Keine andere Kopfschmerzerkrankung erklärt die Symptome besser.
In seltenen Fällen wird eine Computertomografie (CT) oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt, um andere Erkrankungen auszuschließen.
Behandlung von Kopfschmerzen durch übermäßigen Medikamentengebrauch
Ein anderes Medikament zur Vorbeugung gegen die ursprünglichen Kopfschmerzen (normalerweise Migräne)
Entzug des übermäßig eingesetzten Kopfschmerzmittels
Anwendung einer anderen Art von Kopfschmerzmittel (Notfallmedikament), um die Entzugssymptome zu behandeln, die nach dem Absetzen des Arzneimittels auftreten
Biofeedback und kognitive Techniken
Normalerweise erhält der Patient zuerst ein präventives Kopfschmerzmittel zur Behandlung der ursprünglichen Kopfschmerzerkrankung. Das übermäßig eingenommene Medikament wird später abgesetzt, häufig abrupt. Wenn Menschen Opioide, Barbiturate oder Benzodiazepine in hohen Dosen einnehmen, wird die Menge des übermäßig eingesetzten Medikaments über 2 bis 4 Wochen allmählich verringert. Manchmal können Patienten ambulant behandelt werden, wenn das Medikament abgesetzt wird. Patienten mit Kopfschmerzen aufgrund von übermäßigen Opioidkonsum werden jedoch ins Krankenhaus eingewiesen. Werden diese Medikamente zu schnell abgesetzt, können Symptome wie Übelkeit, Unruhe, Angstzustände und Schlafstörungen auftreten. Das Absetzen von jeglichen Schmerzmitteln kann dazu führen, dass Kopfschmerzen häufiger auftreten, länger andauern und intensiver werden. Die Symptome nach dem Absetzen eines Arzneimittels können einige Tage oder bis zu 4 Wochen andauern.
Ein Übergangsmedikament wird zur Behandlung von Kopfschmerzen eingesetzt, die nach Absetzen des übermäßig eingenommenen Medikaments auftreten.
Medikamente zur Überbrückung (Bridging-Medikamente) werden verwendet, um Kopfschmerzen vorzubeugen, wenn das Absetzen der übermäßig verwendeten Medikamente zu viele, manchmal gefährliche Symptome verursacht. Das Bridging-Medikament sollte eine andere Art von Kopfschmerzmittel sein als das Medikament, das die übermäßigen Kopfschmerzen verursacht hat. Die Anwendung von Bridging-Medikamenten wird nach Möglichkeit auf weniger als zweimal pro Woche eingeschränkt.
Übergangsmedikamente (siehe die Tabelle Medikamente zur Behandlung von Migräne) sind die Folgenden:
NSAR
Ein Kortikosteroid
Dihydroergotamin
Prochlorperazin und Diphenhydramin
Clonidin (zur Linderung von Entzugssymptomen, wenn das übermäßig eingesetzte Medikament ein Opioid war)
Phenobarbital (zur Vorbeugung von Entzugskrämpfen, wenn das übermäßig eingesetzte Medikament ein Barbiturat war)
Nach der Behandlung einer Störung durch übermäßigen Medikamentengebrauch werden Patienten angewiesen, die Anwendung aller Notfall- und Bridging-Medikamente zur Unterdrückung von einsetzenden Kopfschmerzen wie folgt zu beschränken:
Bei NSAR auf weniger als 6 Tage pro Monat
Bei Triptanen, Ergotamin oder kombinierten Kopfschmerzmedikamenten auf weniger als 4 Tage pro Monat
Medikamente, die zur Vorbeugung von Kopfschmerzen verwendet werden, sollten wie verordnet fortgesetzt werden.
Ärzte schlagen den Patienten vor, ein Tagebuch der Kopfschmerzen zu führen. In ihm notieren die Betroffenen Häufigkeit und Zeitpunkt der Attacken, mögliche Auslöser und ihre Reaktion auf die Behandlung. Mithilfe dieser Informationen können die Auslöser identifiziert und eventuell umgangen werden. Die Betroffenen können dann ihre Behandlung unterstützen, indem sie die auslösenden Reize meiden, und der Arzt kann die Behandlung besser planen und anpassen.
Biofeedback und andere kognitive Techniken (wie Entspannungstraining, Hypnose und Stressmanagement) können den Betroffenen helfen, ihre Kopfschmerzen zu kontrollieren, zu vermindern oder mit ihnen besser umzugehen, indem sie die Art der Konzentration ihrer Aufmerksamkeit verändern. Mit Biofeedback können die Schmerzen kontrolliert werden.
Die Betroffenen werden angewiesen, die zuvor übermäßig eingesetzten Medikamente nicht mehr zu verwenden. Sie werden auch angewiesen und dazu ermutigt, sich gesunde Lebensgewohnheiten anzueignen.
Prognose bei Kopfschmerzen durch übermäßigen Medikamentengebrauch
Mit entsprechender Behandlung verschwinden die Schmerzen bei etwa 50 Prozent der Patienten nach 10 Jahren wieder (Remission). Menschen mit Migräne erholen sich tendenziell besser als jene mit Spannungskopfschmerzen.
Bei Personen, die nach einem Behandlungsjahr weniger Kopfschmerztage pro Monat haben, hält die Remission tendenziell länger an.