Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP)

(Chronische erworbene demyelinisierende Polyneuropathie; chronisch rezidivierende Polyneuropathie)

VonMichael Rubin, MDCM, New York Presbyterian Hospital-Cornell Medical Center
Überprüft/überarbeitet März 2024
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Die chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie ist eine Sonderform der Polyneuropathie, bei der es ähnlich wie beim Guillain-Barré-Syndrom zu einer erhöhten Muskelschwäche kommt, die aber über mehr als acht Wochen fortschreitet.

  • Als Ursache wird eine Autoimmunreaktion angenommen, die die Myelinscheide um die Nerven herum schädigt.

  • Die Schwäche nimmt über einen Zeitraum von mehr als acht Wochen immer weiter zu.

  • Die Diagnose lässt sich durch Elektromyografie, eine Messung der Nervenleitungsgeschwindigkeit und eine Analyse der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit bestätigen.

  • Zur Behandlung gehören unter anderem Kortikosteroide, Medikamente, die das Immunsystem hemmen, und bisweilen Immunglobuline sowie Plasmaaustausch.

(Siehe auch Übersicht über das periphere Nervensystem.)

Die chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie entsteht bei drei bis zehn Prozent der Patienten mit Guillain-Barré-Syndrom. Wie beim Guillain-Barré-Syndrom handelt es sich um eine Polyneuropathie. Das bedeutet, dass es Auswirkungen auf viele periphere Nerven im gesamten Körper hat.

Wie beim Guillain-Barré-Syndrom nimmt man an, dass eine Autoimmunreaktion beteiligt ist. Die Myelinscheide, die die Nerven umschließt und eine rasche Übertragung von Nervensignalen ermöglicht, wird vom Immunsystem des Körpers angegriffen.

Isolierung einer Nervenfaser

Die meisten Nervenfasern sind von einem vielschichtigen fetthaltigen Mantel (Lipoprotein) umgeben, der Myelinschicht. Diese Schichten bilden die Myelinscheide. Ähnlich der Isolierung eines Elektrokabels ermöglicht die Myelinscheide, Nervensignale (elektrische Impulse) schnell und exakt entlang der Nervenfaser weiterzuleiten. Ist die Myelinscheide defekt (was als Demyelinisation bezeichnet wird), leiten die Nerven Impulse nicht richtig weiter.

Symptome der CIDP

Die Symptome der chronisch inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie ähneln denen des Guillain-Barré-Syndroms. Die Schwäche ist ausgeprägter als die Fehlempfindungen (Taubheit und Kribbeln). Jedoch verschlechtern sich diese Symptome über mehr als acht Wochen. (Beim Guillain-Barré-Syndrom nimmt die Schwäche in der Regel innerhalb von drei oder vier Wochen zu, bleibt dann gleich oder geht wieder zurück, bis sie völlig verschwunden ist.)

Die Symptome können sich langsam verschlimmern oder abnehmen und ganz verschwinden, bevor sie sich verschlimmern oder erneut auftreten.

Reflexe fehlen in der Regel vollständig.

Im Gegensatz zum Guillain-Barré-Syndrom kommt es bei den meisten betroffenen Patienten seltener zu Blutdruckschwankungen, Herzrhythmusstörungen und anderen internen Funktionsstörungen. Darüber hinaus tritt die Schwäche sporadisch, in je einer der beiden Körperseiten auf und zeigt einen langsamen Fortschritt.

Diagnose der CIDP

  • Elektromyografie, Messung der Nervenleitungsgeschwindigkeit und Spinalpunktion

Die chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie ist durch Symptome bedingt. Sie lässt sich vom Guillain-Barré-Syndrom unterscheiden, da sie auch nach 8 Wochen noch weiter fortschreitet.

Die Diagnose lässt sich durch Elektromyografie, Messungen der Nervenleitungsgeschwindigkeit und Spinalpunktion (Lumbalpunktion) zur Gewinnung von Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (die das Gehirn und das Rückenmark umgibt) bestätigen.

In seltenen Fällen ist eine Nervenbiopsie erforderlich, um eine Demyelinisierung festzustellen.

Behandlung der CIDP

  • Immunglobulin

  • Kortikosteroide und/oder Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken

  • Plasmaaustausch (Plasmapherese)

Immunglobuline (eine Lösung aus vielen verschiedenen Antikörpern, gesammelt aus einer Spendergruppe) können über eine Vene (intravenös) oder unter die Haut (subkutan) verabreicht werden. Sie können die Symptome lindern. Es hat weniger Nebenwirkungen als Kortikosteroide und ist einfacher in der Anwendung als ein Plasmaaustausch. Wenn die Behandlung beendet ist, halten die positiven Wirkungen von Immunglobulin allerdings möglicherweise nicht so lange an wie die von Kortikosteroiden.

Kortikosteroide wie Dexamethason (oral oder intravenös verabreicht) oder Methylprednisolon (venös verabreicht) können die Symptome bei manchen Patienten mit chronisch inflammatorischer demyelinisierender Polyneuropathie lindern.

Manchmal ist der Einsatz von Immunsuppressiva, wie Azathioprin, oder von monoklonalen Antikörpern sinnvoll. Monoklonale Antikörper sind hergestellte Antikörper, die sich gegen spezifische Teile des Immunsystems richten und diese unterdrücken.

Bei einer schwerwiegenden oder schnell fortschreitenden chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie, oder wenn Immunglobulin nicht wirkt, kann ein Plasmaaustausch (Herausfiltern von toxischen Substanzen, einschließlich Antikörpern gegen die Myelinscheide, aus dem Blut) durchgeführt werden.

Betroffene Patienten werden manchmal über Monate oder Jahre behandelt.