Körperbezogene repetitive Verhaltensstörungen

VonKatharine Anne Phillips, MD, Weill Cornell Medical College;
Dan J. Stein, MD, PhD, University of Cape Town
Überprüft/überarbeitet Juli 2023
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Bei der körperbezogenen repetitiven Verhaltensstörung führen die Betroffenen wiederholt Handlungen an ihrem Körper aus, wie z. B. Nägelkauen, Lippenbeißen und Kauen der Wange aus und versuchen wiederholt, die Handlungen zu unterdrücken.

  • Menschen mit körperbezogener repetitiver Verhaltensstörung können unter Anspannung oder Angstzuständen leiden, bevor sie mit dem Nägelkauen oder Lippenzupfen anfangen, und solche Verhaltensweisen können zu ihrer Entspannung beitragen.

  • Ärzte diagnostizieren diese Störung, wenn Menschen so sehr an Teilen ihres Körpers herumzupfen oder beißen, dass sie sich verletzen; wenn sie versuchen, ihr Verhalten zu reduzieren oder zu beenden und dies aber nicht schaffen, und wenn sie ihr eigenes Verhalten deutlich belastet oder ihre Funktionsfähigkeit beeinträchtigt.

  • Eine kognitive Verhaltenstherapie (Habit-Reversal-Training), die sich speziell auf die körperbezogene repetitive Verhaltensstörung und N-Acetylcystein (NAC), selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer oder Clomipramin konzentriert, kann helfen, die Symptome zu lindern.

Die körperbezogene repetitive Verhaltensstörung zählt zu Zwangsstörungen und ähnlichen Erkrankungen. Personen mit körperbezogener repetitiver Verhaltensstörung zupfen, ziehen oder zerren an einem oder mehreren Teilen ihres Körpers. Sie kauen möglicherweise ihre Nägel, beißen sich auf die Lippe, kauen an der Wange oder kratzen an den Nägeln.

Krankhaftes Haareausreißen (Trichotillomanie) und Skin Picking (Exkoriationsstörung) sind ebenfalls körperbezogene repetitive Verhaltensweisen. Sie werden im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5. Auflage, überarbeiteter Text, (DSM-5-TR), als separate Störungen klassifiziert, allerdings als Untertitel der körperbezogenen repetitiven Verhaltensstörung in ICD-11.

Symptome

Manche Menschen mit körperbezogener repetitiver Verhaltensstörung führen diese Handlungen automatisch durch – ohne darüber nachzudenken. Andere sind sich der Handlung bewusst.

Die Betroffenen führen diese Zwangshandlungen nicht aus, weil sie von ihrem äußeren Erscheinungsbild besessen oder deshalb besorgt sind (wie das bei der körperdysmorphen Störung der Fall ist). Diesen Aktivitäten geht aber möglicherweise ein Gefühl der Spannung oder Angst voraus, und die Handlungen können dieses Gefühl lindern. Anschließend überkommt sie oft ein Gefühl der Befriedigung. Die Personen sind möglicherweise wegen ihres Kontrollverlusts verzweifelt und versuchen wiederholt, die Handlung zu unterdrücken oder seltener zu tun, schaffen es aber nicht.

Wenn die Betroffenen viel an den Nägeln kauen oder kratzen, können sich die Nägel verformen. Es können sich an den Nägeln Rinnen und Furchen bilden, oder es kann zu einer Blutansammlung unter dem Nagel kommen, der zu einem purpur-schwarzen Fleck führt. Andere Verhaltensweisen können zu Blutungen führen.

Diagnose

  • Ärztliche Beurteilung auf der Basis spezifischer psychiatrischer Diagnosekriterien

Der Arzt diagnostiziert die körperbezogene repetitive Verhaltensstörung auf Basis der Symptome:

  • Beißen oder anderweitiges Bearbeiten eines Körperteils, was gelegentlich zu Körperverletzungen führt

  • Wiederholter Versuch, die Handlung zu unterdrücken oder zu reduzieren

  • Gefühl tiefer Verzweiflung oder beeinträchtigte Arbeits- und Lebensweise aufgrund der Handlung

Behandlung

  • Arzneimittel

  • Kognitive Verhaltenstherapie

Die Behandlung der körperbezogenen repetitiven Verhaltensstörung kann Medikamente umfassen, (z. B. das Medikament/Nahrungsergänzungsmittel N-Acetylcystein [NAC], selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, Clomipramin) und eine kognitive Verhaltenstherapie.

Kognitive Verhaltenstherapie mit Schwerpunkt auf dieser spezifischen Störung kann zur Verringerung der Symptome beitragen. Die am häufigsten empfohlene Form der kognitiven Verhaltenstherapie ist das Habit-Reversal-Training. In dieser Therapie lernt der Patient Folgendes:

  • sich seiner Handlungen besser bewusst werden

  • Situationen erkennen, die körperbezogenes repetitives Verhalten auslösen

  • Strategien einsetzen, die ihnen helfen, sich selbst der Handlung zu entziehen, z. B. indem sie diese durch eine andere Handlung ersetzen (etwa ihre Faust ballen, stricken oder sich auf ihre Hände setzen)