Bei der rezidivierenden Polychondritis handelt es sich um eine seltene Autoimmunerkrankung des Bindegewebes, bei der es zu Schüben schmerzhafter, zerstörerischer Entzündungen des Knorpels oder anderer Bindegewebe in vielen Organen kommt.
Dabei können sich die Ohren und die Nase entzünden und berührungsempfindlich werden.
Andere Knorpel im Körper können ebenfalls geschädigt werden. Zu den Symptomen zählen gerötete oder schmerzende Augen, Heiserkeit, Husten, Atembeschwerden, Hautausschläge und Schmerzen um das Brustbein.
Die Diagnose erfolgt anhand von Blut- und Laboruntersuchungen, bildgebenden Verfahren, der Entnahme einer Gewebeprobe zu Untersuchungszwecken sowie anhand von festgelegten Kriterien.
Bei mittelschweren bis schweren Symptomen und Komplikationen können Kortikosteroide und Immunsuppressiva helfen.
Die Erkrankung tritt bei Männern und Frauen gleich häufig auf, hauptsächlich im mittleren Alter. Die Ursache der rezidivierenden Polychondritis ist unbekannt, es wird jedoch eine Autoimmunreaktion auf Knorpel vermutet.
Symptome einer rezidivierenden Polychondritis
Typisch ist eine rote, sehr schmerzhafte Schwellung eines oder beider Ohren, mit Ausnahme der Ohrläppchen. Gleichzeitig oder später kann eine leichte oder schwere Gelenkentzündung (Arthritis) auftreten. Die Knorpel in allen Gelenken können betroffen sein, und der Knorpel sowie zwischen Rippen und Brustbein kann sich entzünden. Auch der Nasenknorpel ist häufig von einer Entzündung betroffen. Die Nase wird berührungsempfindlich, und der Knorpel kann zusammenbrechen.
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Auch Augenentzündungen können auftreten. In seltenen Fällen kommt es zu einem Loch (Perforation) in der Hornhaut und einer Erblindung. Kehlkopf (Larynx), Luftröhre (Trachea) und die Atemwege können ebenfalls betroffen sein, was zu Heiserkeit, trockenem Husten, Kurzatmigkeit und Überempfindlichkeit des Adamsapfels führt. Das Herz ist seltener betroffen; hier kommt es zu Herzgeräuschen und gelegentlich Herzschwäche. Die Nieren sind nur selten befallen.
Entzündungs- und Schmerzschübe dauern einige Wochen, lassen nach und treten im Verlauf mehrerer Jahre wieder auf. Schließlich kann der stützende Knorpel so geschädigt werden, dass die Ohren schlaff werden, der Nasenrücken absinkt und sich eine Vertiefung im unteren Brustkorb bildet (Pectus excavatum). Die Nerven im Innenohr können angegriffen werden, was zu Gleichgewichts- und Hörproblemen führen kann. Auch Sehprobleme können auftreten.
Ein Zusammenbruch des Knorpels in der Luftröhre kann den Luftstrom behindern und so zum Tod führen; ebenso eine schwere Schädigung des Herzens oder der Blutgefäße.
Diagnose einer rezidivierenden Polychondritis
Bekannte Kriterien
Mitunter Biopsie
Die rezidivierende Polychondritis wird diagnostiziert, wenn über längere Zeit hinweg mindestens drei der folgenden Symptome auftreten:
Entzündung beider Ohrmuscheln
Schmerzhafte Schwellungen in mehreren Gelenken
Entzündung des Nasenknorpels
Augenentzündungen
Knorpelschädigungen in den Atemwegen
Hör- oder Gleichgewichtsstörungen
Bei einer Biopsie (meistens an den Ohren) kann der betroffene Knorpel typische Veränderungen zeigen. Dies ist für die Diagnose jedoch nicht erforderlich.
Bluttests, wie die Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit, können auf eine Entzündung hinweisen. Bluttests geben auch Auskunft darüber, ob bei dem Patienten zu wenige rote oder zu viele weiße Blutkörperchen sowie bestimmte Antikörper vorhanden sind. Auch wenn Blutuntersuchungen bei der Diagnose der rezidivierenden Polychondritis hilfreich sein können, lässt sich rein dadurch keine definitive Diagnose stellen, denn auffällige Werte sind manchmal auch bei gesunden Personen oder bei Personen mit anderen Erkrankungen feststellbar.
Die Atemwege werden mithilfe einer Spirometrie (siehe Messungen des Volumens und des Luftstroms der Lunge) und einer Computertomografie (CT) des Brustkorbs untersucht.
Prognose bei rezidivierender Polychondritis
Neuere Therapien haben die Sterblichkeitsrate gesenkt, und die Überlebensrate liegt nun bei 94 Prozent nach 8 Jahren. Patienten mit rezidivierender Polychondritis sterben meist vorzeitig aufgrund der Schädigungen an Herz, Lunge oder Blutgefäßen.
Behandlung einer rezidivierenden Polychondritis
Nichtsteroidale Antirheumatika oder Dapson gegen rezidivierende Polychondritis der Ohren
Kortikosteroide
Mitunter Immunsuppressiva
Eine milde rezidivierende Polychondritis der Ohren kann mit nichtsteroidalen Antirheumatika oder Dapson behandelt werden. Den meisten Patienten wird jedoch das Kortikosteroid Prednison verabreicht. Wenn die Symptome nachlassen, wird die Dosis langsam verringert. In einigen Fällen lassen die Symptome nicht nach, sodass die Kortikosteroid-Dosis nicht so einfach verringert werden kann. Diesen Patienten kann zusätzlich Methotrexat verordnet werden, um den Bedarf an Kortikosteroiden zu senken.
Sehr schwere Fälle werden mit Immunsuppressiva wie Ciclosporin, Cyclophosphamid oder Azathioprin oder Tumornekrosefaktor-Hemmern wie Infliximab oder Etanercept behandelt. Diese Medikamente wirken auf die Symptome, ändern aber nichts am Verlauf der Erkrankung.
Eine zusammengefallene oder verengte Luftröhre kann durch einen chirurgischen Eingriff repariert werden.
Bei Einnahme von Kortikosteroiden besteht das Risiko von Brüchen aufgrund von Osteoporose. Zur Vorbeugung von Osteoporose können daher Osteoporosemittel verordnet werden, wie z. B. Bisphosphonate sowie Vitamin-D- und Kalziumpräparate.
Bei Patienten, die Immunsuppressiva einnehmen, werden häufig auch Mittel zum Schutz vor Infektionen durch Pilze wie Pneumocystis jirovecii (siehe Vorbeugung einer Lungenentzündung bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem) und Impfstoffe gegen häufige Infektionen wie Lungenentzündung (Pneumonie), Grippe (Influenza) und COVID-19 verabreicht.