Scheidengeburt

(vaginale Entbindung)

VonJulie S. Moldenhauer, MD, Children's Hospital of Philadelphia
Überprüft/überarbeitet März 2024
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Kurzinformationen

    Die Scheidengeburt bezeichnet den Durchgang des Fötus und der Plazenta (Nachgeburt) von der Gebärmutter durch den Geburtskanal und die Scheidenöffnung.

    (Siehe auch Übersicht über Geburtswehen und Entbindung.)

    Bei der Entbindung in einem Krankenhaus kann eine Frau im gleichen Raum gebären, in dem sie ihre Wehen hat, oder sie kann von einem Geburtszimmer in einen Kreissaal verlegt werden. Der Lebenspartner der Frau oder andere Bezugspersonen werden ermuntert, die werdende Mutter zu begleiten.

    Steht die Geburt unmittelbar bevor, nimmt die Frau häufig eine halb aufrechte Position (zwischen Liegen und Aufsetzen) ein. Ein Kissen oder eine Lehne kann ihren Rücken stützen. Durch die halb aufrechte Haltung kommt die Schwerkraft zugute: In dieser Position unterstützt die Schwerkraft die Geburt, denn der abwärts gerichtete Druck des Kindes verstärkt die allmähliche Weitung der Scheide und des umliegenden Gewebes, wodurch das Risiko des Anreißens von Gewebe reduziert wird. Zudem werden Rücken und Becken der Frau entlastet. Einige Frauen bevorzugen jedoch eine Entbindung im Liegen. In dieser Lage kann die Entbindung allerdings etwas länger dauern.

    Geburt des Babys

    Im Verlauf der Geburtswehen untersucht der Arzt bzw. der Geburtshelfer regelmäßig die Scheide und überprüft, wo sich der Kopf des Kindes befindet. Ist der Muttermund vollständig geöffnet, wird die werdende Mutter dazu aufgefordert, in die Hocke zu gehen und bei jeder Wehe aktiv zu pressen, damit der Kopf des Kindes tiefer ins Becken gleitet und sich die Scheidenöffnung so weit dehnt, dass mehr und mehr vom Kopf herausragt. Die Hebamme kann den Bereich um die Scheidenöffnung herum (Perineum oder Damm) massieren und warme Kompressen auflegen. Diese Techniken können helfen, das Gewebe um die Scheidenöffnung herum langsam zu dehnen und Risse zu verhindern, aber sie erhöhen möglicherweise auch das Infektionsrisiko.

    Sobald 3 bis 4 Zentimeter des Köpfchens zu sehen sind, legt der Arzt bzw. die Hebamme während einer Kontraktion eine Hand auf den Kopf des Kindes, um den Durchtritt zu kontrollieren. Wenn der breiteste Teil des Kopfes die Scheidenöffnung durchtreten hat, hilft man Kopf und Kinn heraus, damit das Gewebe der Frau nicht reißt.

    Eine Vakuumextraktion kann verwendet werden, um den Kopf des Kindes bei der Geburt zu führen, wenn der Fötus in Not ist oder die Gebärende Schwierigkeiten beim Pressen hat.

    Gelegentlich werden Geburtszangen zu demselben Zweck verwendet. Allerdings kommen diese weniger oft zum Einsatz als Vakuumextraktoren.

    Unter einer Episiotomie ist ein Schnitt zu verstehen, durch den die Scheidenöffnung erweitert wird, um die Geburt des Kindes zu erleichtern. Eine Episiotomie wird nur durchgeführt, wenn sich das Gewebe um die Scheidenöffnung herum nicht ausreichend dehnt und dadurch verhindert wird, dass das Kind entbunden wird. Bei diesem Verfahren spritzt der Arzt ein lokales Anästhetikum, um den Bereich zu betäuben, ehe er zwischen Scheidenöffnung und After (Perineum genannt) einen Schnitt setzt.

    Nach dem Durchtreten des Kopfes stützt der Arzt oder die Hebamme das Baby und hilft ihm, sich seitwärts zu drehen, damit die Schultern leichter nacheinander austreten können. Nachdem die erste Schulter des Kindes draußen ist, rutscht der Rest des Körpers gewöhnlich leicht heraus.

    Anschließend werden Schleim und Flüssigkeit aus Nase, Mund und Rachen des Kindes abgesaugt. Die Nabelschnur wird mit Klammern abgebunden und durchtrennt. Dieses Verfahren ist schmerzlos. (Eine Klammer wird am Stumpf der Nabelschnur in der Nähe des Bauchnabels des Babys angebracht, bis die Nabelschnur verschlossen ist, gewöhnlich innerhalb von 24 Stunden.) Danach wird das Kind abgetrocknet, in eine leichte Decke gehüllt und der Mutter auf den Bauch oder in ein vorgewärmtes Säuglingsbett gelegt.

    Abgang der Plazenta

    Nach der Geburt des Kindes prüft der Arzt oder die Hebamme durch leichtes Abtasten des Bauchs der Frau, ob sich die Gebärmutter wieder zusammenzieht (auf ihre ursprüngliche Größe). Normalerweise löst sich die Plazenta nach der Geburt innerhalb von 3 bis 10 Minuten von der Gebärmutter, worauf es zu einer kräftigen Blutung kommt. Gewöhnlich kann die Frau die Nachgeburt selbstständig austreiben. Aber in vielen Kliniken wird der Frau Oxytocin (intravenös oder intramuskulär) verabreicht, sobald das Baby geboren wurde. Der Unterleib der Gebärenden wird in regelmäßigen Abständen massiert, damit sich die Gebärmutter zusammenzieht.

    Ist die Frau nicht in der Lage, die Plazenta herauszudrücken, muss der Geburtshelfer insbesondere bei einer starken Blutung kräftigen Druck auf ihren Bauch ausüben, damit sich die Plazenta von der Gebärmutter löst und herauskommt. Wurde die Plazenta nicht innerhalb von 45 bis 60 Minuten nach der Geburt ausgestoßen, kann der Arzt bzw. der Geburtshelfer eine Hand in die Gebärmutter einführen, um die Plazenta von der Gebärmutter zu trennen und zu entfernen. Für dieses Verfahren sind Schmerzmittel oder Narkose erforderlich.

    Nachdem die Plazenta entfernt wurde, wird sie auf ihre Vollständigkeit untersucht. Alle Fragmente, die in der Gebärmutter verbleiben, können eine Infektion der Gebärmutter verursachen oder verhindern, dass die Gebärmutter kontrahiert. Diese Kontraktionen sind unerlässlich, um weitere Blutungen nach der Entbindung zu verhindern. Ist die Plazenta also nicht vollständig, kann der Arzt bzw. die Hebamme die übrigen Bestandteile mit der Hand entfernen. In manchem Fällen müssen die Bestandteile chirurgisch entfernt werden.

    Nach der Geburt

    Die Frau erhält in der Regel Oxytocin, nachdem das Kind geboren wurde. Dieses Medikament führt dazu, dass sich die Gebärmutter zusammenzieht, wodurch der Blutverlust minimiert wird. Der Arzt massiert auch die Gebärmutter, um sicherzustellen, dass sie fest und gut zusammengezogen ist. Normalerweise führt auch das Stillen des Neugeborenen dazu, dass sich die Gebärmutter zusammenzieht.

    Der Arzt repariert jegliche Risse der Vagina oder des umgebenden Gewebes sowie den Dammschnitt, wenn eine Episiotomie durchgeführt wurde.

    Bedarf das Kind keiner weiteren medizinischen Versorgung, kann es meist bei der Mutter bleiben. Um die Bindung zwischen Mutter, Baby und Partner zu festigen, dürfen diese häufig zunächst eine Stunde oder auch länger an einem privaten Ort miteinander verbringen. Viele Frauen möchten ihr Kind möglichst rasch nach der Geburt zum ersten Mal stillen.

    Später wird es vermutlich auf die Säuglingsstation gebracht. In vielen Kliniken kann die Frau das Kind auf Wunsch im Zimmer behalten (Rooming-in). Beim Rooming-in wird das Kind gewöhnlich auf Wunsch gefüttert und der Mutter wird gezeigt, wie sie sich um ihr Kind kümmern kann, bevor sie das Krankenhaus verlässt. Wenn die Frau Ruhe benötigt, kann sie das Kind auf die Säuglingsstation bringen lassen.

    Da die meisten Komplikationen, insbesondere Blutungen, innerhalb von 24 Stunden nach der Geburt auftreten, werden Mutter und Kind während dieser Zeit von den Krankenschwestern und Ärzten sorgfältig beobachtet.