Angioödem

VonJames Fernandez, MD, PhD, Cleveland Clinic Lerner College of Medicine at Case Western Reserve University
Überprüft/überarbeitet Okt. 2022
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Als Angioödem wird eine Schwellung der tiefen Hautschichten und des subkutanen Gewebes bezeichnet. In der Regel handelt es sich um eine akute, manchmal aber auch um eine chronische Mastzellreaktion, die durch die Exposition gegenüber einem Medikament (z. B. Angiotensin-Converting-Enzym-Hemmer), Gift, Nahrungsmittel, Pollen oder Tierhaarallergenen verursacht wird. Bei Angioödemen kann es sich auch um eine vererbte oder erworbene Erkrankung handeln, die durch eine anomale Komplementantwort gekennzeichnet ist. Das Hauptsymptom ist eine Schwellung, oft im Gesicht, im Mund und in den oberen Atemwegen, die schwerwiegend sein kann. Die Diagnose wird klinisch gestellt. Die Behandlung erfolgt nach Bedarf mit einer Atemwegssicherung, Ausschaltung oder Vermeidung des Allergens und Medikamente zur Minimierung der Schwellungen (z. B. H1-Blocker).

(Siehe auch Übersicht der Allergischen und Atopischen Erkrankungen.)

Das Angioödem sind Schwellungen (in der Regel lokalisiert) der subkutanen Gewebe aufgrund der erhöhten vaskulären Permeabilität und Extravasation von intravaskulären Flüssigkeit. Bekannte Mediatoren der erhöhten vaskulären Permeabilität sind:

  • Aus Mastzellen entwickelte Mediatoren (z. B. Histamin, Leukotriene, Prostaglandine)

  • Bradykinin und aus Komplement abgeleitete Mediatoren

Aus Mastzellen entwickelte Mediatoren neigen dazu, auch die Oberflächenschichten des Unterhautgewebes anzugreifen, einschließlich der dermo-epidermalen Verbindung. An dieser Stelle verursachen diese Mediatoren dann Urtikaria und Pruritus, die somit in der Regel ein Mastzell-vermitteltes Angioödem begleiten.

Beim Bradykinin-vermittelten Angioödem wird die Dermis in der Regel verschont, so dass Urtikaria und Pruritus fehlen.

In einigen Fällen sind der Mechanismus und die Ursache des Angioödems unbekannt. Einige Ursachen (z. B. Kalziumkanalblocker, fibrinolytische Medikamente) haben keinen eindeutigen Mechanismus. Manchmal wird eine Ursache (z. B Muskelrelaxantien) mit einem bekannten Mechanismus klinisch übersehen.

Angioödeme sind in der Regel akut, können aber auch chronisch sein (> 6 Wochen).

Es gibt hereditäre und erworbene Formen, gekennzeichnet durch eine abnormale Komplementreaktion.

Akutes Angioödem

Das akute Angioödem ist in > 90% der Fälle mastzellvermittelt. Zu dne mastzellvermittelten Mechanismen gehören akute allergische, typischerweise IgE-vermittelte Reaktionen. Das Immunglobulin E- (IgE)-vermittelte Angioödem geht in der Regel mit einer akutenUrtikaria (lokale Quaddeln und Erytheme in der Haut) und Juckreiz einher. Häufig wird es durch die gleichen Allergene (z. B. Arzneimittel, Insektengift, Nahrungsmittel, extrahierte Allergene) verursacht, die für die akute IgE-vermittelte Urtikaria verantwortlich sind.

Das akute Angioödem kann auch eine Folge von Wirksubstanzen sein, die direkt Mastzellen ohne Einbeziehung von IgE stimulieren. Zu den Ursachen können Opiate, röntgenopake Kontrastmittel, Aspirin und nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) gehören.

Angiotensin-konvertierendes Enzym-Hemmer verursachen bis zu 30% der Fälle mit akutem Angioödem, die in der Notaufnahme behandelt werden. Angiotensin-Converting-Enzym(ACE)-Hemmer können die Bradykinin-Spiegel direkt erhöhen. Am häufigsten betroffen sind das Gesicht und die oberen Atemwege, aber auch der Darm. Urtikaria tritt nicht auf. Ein Angioödem kann bald oder Jahre nach Beginn einer Therapie entstehen.

Chronisches Angioödem

Die Ursache des chronischen (> 6 Wochen) Angioödem ist in der Regel unbekannt. IgE-vermittelte Mechanismen sind selten, jedoch kann eine anhaltende Aufnahme unverdächtiger Arzneimittel oder chemischer Substanzen (z. B. Penicillin in Milch, ein nicht verschreibungspflichtiges Medikament, Konservierungsstoffe oder andere Nahrungsmittelzusätze) für diese Reaktion verantwortlich sein. In einigen Fällen entsteht es aufgrund erblichem oder erworbenem C1 Inhibitormangel.

Das idiopathische Angioödem ist ein Angioödem ohne Urtikaria. Es ist chronisch und rezidivierend und hat keine erkennbare Ursache.

Erbliches und erworbenes Angioödem

Das erbliche Angioödem und das erworbene Angioödem sind Erkrankungen, die durch abnorme Komplementreaktionen gekennzeichnet und durch einen Mangel oder eine Dysfunktion des C1-Inhibitors verursacht sind. Die Symptome sind die des Bradykinin-vermittelten Angioödems.

Symptome und Anzeichen eines Angioödems

Die Angioödeme sind häufig asymmetrisch und leicht schmerzhaft. Häufig sind das Gesicht, die Lippen und/oder die Zunge befallen. Auch Hand- und Fußrücken, Genitalien oder im Bauchraum können betroffen sein. Ödeme im Bereich der oberen Luftwege können Atembeschwerden und Stridor verursachen, wobei der Stridor als Asthma fehlgedeutet werden kann; Die Atemwege können vollständig verschlossen werden. Ödeme im Darm können zu Übelkeit, Erbrechen, kolikartige Bauchschmerzen und/oder Durchfall führen.

Bilder von Angioödem
Hereditäres Angioödem
Hereditäres Angioödem

    Dieses Foto zeigt eine akute Schwellung der Lippen bei einem Patienten mit hereditärem Angioödem.

Mit Genehmigung des Herausgebers. Aus Joe E, Soter N. Im Current Dermatologic Diagnosis and Treatment, Herausgegeben von I Freedberg, IM Freedberg und MR Sanchez. Philadelphia, Current Medicine, 2001.

Angioödem der Lippen
Angioödem der Lippen

    Das Angioödem der Lippen kann asymmetrisch sein, wie auf diesem Foto zu sehen.

DR P. MARAZZI/SCIENCE PHOTO LIBRARY

Angioödem der Zunge
Angioödem der Zunge

    Dieser Patient hat eine geschwollene Zunge aufgrund eines Angioödems.

SCIENCE PHOTO LIBRARY

Andere Manifestationen des Angioödems sind abhängig vom Mediator.

Mastzellvermitteltes Angioödem

  • Kann sich innerhalb von Minuten bis zu mehreren Stunden entwickeln

  • Kann von anderen Manifestationen einer akuten allergischen Reaktionen (z. B. Juckreiz, Urtikaria, Rötung, Bronchospasmus, anaphylaktischer Schock) begleitet sein.

Bradykinin-vermitteltes Angioödem

  • Kann sich nach Stunden bis hin zu wenigen Tage entwickeln

  • Andere Manifestationen allergischer Reaktionen sind nicht vorhanden.

Diagnose von Angioödem

  • Klinische Bewertung

Zur Diagnose der Urtikaria siehe Urtikaria: Untersuchung.  

Bei Patienten mit lokalisierter Schwellung ohne Urtikaria muss nach der Einnahme von ACE-Hemmern gefragt werden.

Die Ursache des Angioödems ist häufig offensichtlich und diagnostische Untersuchungsverfahren sind selten erforderlich, da die meisten Reaktionen selbstlimitierend sind und Rückfälle nicht auftreten. Beim akuten Angioödem ist kein Test besonders nützlich. Wenn es sich um eine chronische Krankheit handelt, ist eine gründliche medikamentöse und diätetische Beurteilung gerechtfertigt.

Wenn keine Ursache offensichtlich ist oder wenn Familienmitglieder an Urtikaria leiden, sollten Kliniker die Messung der C1-Inhibitor-Spiegel in Betracht ziehen, um einen C1-Inhibitor-Mangel festzustellen, und die Messung der C4-Spiegel, um ein vererbtes oder erworbenes Angioödem festzustellen. Niedrige C4-Spiegel, auch zwischen den Schüben, können helfen, die Diagnose eines hereditären Angioödems (Typen 1 und 2) oder eines erworbenen C1-Inhibitor-Mangels zu bestätigen.

Erythropoetische Protoporphyrie kann allergische Formen des Angioödems nachahmen; beide können zu Ödemen und Rötungen nach Sonneneinstrahlung führen. Die beiden können durch Blutuntersuchungen und Untersuchung der fäkalen Porphyrine unterschieden werden.

Tipps und Risiken

  • Wenn bei einem Angioödem keine Urtikaria zu sehen ist und es ohne klare Ursache immer wiederkehrt oder bei Familienmitgliedern ebenfalls vorkommt, ist der Verdacht auf ein erbliches oder erworbenes Angioödem gegeben.

Behandlung von Angioödem

  • Atemwegssicherung

  • Beim mastzellvermittelten Angioödem: Antihistaminikum und manchmal ein systemische Kortikosteroid sowie Adrenalin

  • Beim Angioödem im Zusammenhang mit ACE-Hemmern: mitunter frisch gefrorenes Plasma und C1-Inhibitor-Konzentrat

  • Beim wiederkehrendem idiopathischen Angioödem: orales Antihistaminikum 2-mal täglich

Oberste Priorität hat die Offenhaltung der Atemwege. Wenn beim Angioödem die Atemwege betroffen sind, wird Adrenalin s.c. oder i.m. wie bei der Anaphylaxie gegeben, es sei denn, der Mechanismus ist offensichtlich Bradykinin-vermittelt (z. B. aufgrund der Einnahme eines ACE-Hemmers oder aufgrund bekannter angeborener oder erworbener Angioödeme). Beim mastzellvermittelten Angioödem reduziert die Behandlung in der Regel rasch die Atemwegsödeme. Beim Bradykinin-vermittelten Angioödem, dauert es in der Regel > 30 Minuten nach Beginn der Behandlung bis das Ödem kleiner wird. Somit wird eine endotracheale Intubation eher beim Bradykinin-vermittelten Angioödem benötigt.

Die Behandlung eines Angioödems umfasst auch das Entfernen oder die Vermeidung der Allergene und Medikamente zur Linderung der Symptome. Wenn die Ursache nicht klar ersichtlich ist, sollten alle verzichtbaren Medikamente abgesetzt werden.

Beim mastzellvermittelten Angioödem gehören H1-Blocker zu den Medikamenten, mit denen die Symptome gelindert werden können. Bei schwereren Reaktionen ist Prednison indiziert, 30–40 mg oral einmal täglich. Die lokale Anwendung von Kortikosteroiden ist nutzlos. Wenn die Symptome schwer sind, kann ein Kortikosteroid und Antihistaminikum IV (z. B. 125 mg Methylprednisolon und 50 mg Diphenhydramin) gegeben werden. Die Langzeitbehandlung kann H1- und H2-Blocker und gelegentlich auch Kortikosteroide einschließen.

Patienten, die schwere allergische Reaktionen haben, sollte geraten werden, immer eine vorgefüllte Spritze mit Adrenalin zur Selbstinjektion sowie orale Antihistaminika bei sich zu tragen und, wenn eine schwere Reaktion auftritt, diese so schnell wie möglich zu verwenden und dann in die Notaufnahme zu gehen. Dort können sie genau überwacht werden und die Behandlung kann wiederholt oder nach Bedarf eingestellt werden.

Beim Bradykinin-vermittelten Angioödem, konnte mit Adrenalin, Kortikosteroiden und Antihistaminika keine Wirksamkeit gezeigt werden. Angioödeme als Folge der Einnahme von ACE-Hemmern verschwinden etwa 24–48 Stunden nach dem Absetzen des Medikaments. Wenn die Symptome schwer, fortschreitend oder refraktär sind, können die Behandlungsmethoden wie beim angeborenen oder erworbenen Angioödem versucht werden. Dazu gehören frisch gefrorenes Plasma, C1-Inhibitor-Konzentrat und möglicherweise Ecallantid (welches das Plasmakallikrein hemmt, das zur Generierung von Bradykinin benötigt wird) und Icatibant (welches Bradykinin blockt).

Beim idiopathischen Angioödem kann die orale Gabe einer hohen Dosis eines nicht sedierenden Antihistaminikum versucht werden.

Wichtige Punkte

  • Bis zu 30% der Fälle mit akutem Angioödem in der Notaufnahme sind durch die Einnahme von ACE-Hemmern (Bradykinin-vermittelten) verursacht, obwohl insgesamt > 90% der Fälle mastzellvermittelt sind.

  • Die Ursache des chronischen Anioödems ist in der Regel unbekannt.

  • Schwellungen entwickelt sich immer; Bradykinin-vermittelte Angioödeme entwickeln sich tendenziell langsamer und verursachen weniger Symptome einer akuten allergischen Reaktion (z. B. Juckreiz, Uritkaria, anaphylaktischer Schock) als mastzellvermittelte Angioödeme.

  • Bei chronischen Angioödemen ist eine gründliche Medikamenten- und Ernährungsanamnese zu erheben und ein Test auf C1-Inhibitor-Mangel sowie die Messung des C4-Spiegels in Erwägung zu ziehen; bei wiederkehrenden akuten Episoden ist ein Test nur selten erforderlich, wenn ein erstes Screening durchgeführt wurde.

  • Erstens: Stellen Sie sicher, dass die Atemwege frei sind, geben Sie Adrenalin subkutan oder i.m. wenn die Atemwege betroffen sind; es sei denn, die Ursache ist offensichtlich ein Bradykinin-vermitteltes Angioödem, das eher eine Intubation erforderlich macht.

  • Die Beseitigung oder Vermeidung des Allergens ist der Schlüssel.

  • Zur symptomatischen und unterstützenden Behandlung können ein Antihistaminikum (z. B. H1-Blocker) und ein systemisches Kortikosteroid die Symptome eines mastzellvermittelten Angioödem erleichtern; gefrorenes Plasma, C1-Inhibitor-Konzentrat und/oder Ecallantid oder Icatibant kann versucht werden, wenn das Bradykinin-vermittelte Angioödem schwer oder refraktärer ist.