Übersicht über Geruchs- und Geschmacksstörungen

VonMarvin P. Fried, MD, Montefiore Medical Center, The University Hospital of Albert Einstein College of Medicine
Überprüft/überarbeitet Mai 2023 | Geändert Sept. 2023
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    Da Geruchs- und Geschmacksstörungen im Allgemeinen nicht lebensbedrohlich sind, wird ihnen von ärztlicher Seite oft wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Derartige Störungen können aber die Lebensqualität beeinträchtigen, da die Betroffenen Speisen, Getränke und Wohlgerüche nicht mehr genießen können. Außerdem sind die Betroffenen nicht in der Lage, potenziell gefährliche Chemikalien und Gase wahrzunehmen, was schwerwiegende Folgen haben kann. Gelegentlich verbirgt sich hinter einer Geruchs- und Geschmacksstörung eine ernste Erkrankung, wie ein Tumor.

    Geruch und Geschmack sind eng miteinander verbunden. Die Geschmacksknospen auf der Zunge erkennen Geschmacksrichtungen, die Geruchsrezeptoren in der Nase Gerüche. Beide Sinneseindrücke werden an das Gehirn weitergeleitet, das die Informationen verknüpft und so die Aromen erkennt und einordnet. Manche Geschmackseindrücke, wie salzig, bitter, süß und sauer, können ohne Hilfe des Geruchssinns identifiziert werden. Bei komplexeren Aromen jedoch (z. B. Himbeere) sind beide Sinne erforderlich.

    Die häufigste Geruchs- und Geschmacksstörung ist ein teilweiser (Hyposmie) oder vollständiger Verlust des Geruchssinns (Anosmie). Da Aromen überwiegend über den Geruchssinn unterschieden werden, bemerken die meisten Betroffenen oft erst, wenn ihnen Speisen fade schmecken, dass sie nicht mehr gut riechen können.

    Wie man Aromen wahrnimmt

    Für fast jedes Aroma muss das Gehirn sowohl Geruchs- als auch Geschmackseindrücke auswerten. Diese werden von Mund und Nase an das Gehirn übermittelt. Das Geruchs- und Geschmackszentrum im Gehirn verbindet diese Sinnesinformationen, sodass der Mensch Aromen erkennen kann.

    In einem kleinen Bereich der Nasenschleimhaut an der Naseninnenwand (Geruchsepithel), finden sich Nervenzellen, die Gerüche wahrnehmen (Geruchsrezeptoren). Diese Rezeptoren weisen winzige haarähnliche Auswüchse (Zilien) auf, die Gerüche wahrnehmen. Gelangen flüchtige Moleküle in die Nasengänge, reizen sie die Zilien und lösen in den ableitenden Nervenfasern einen Nervenimpuls aus. Diese Nervenfasern verlaufen aufwärts durch den Knochen, der das Dach der Nasenhöhle bildet (Siebbeinplatte), und nehmen mit den darüber liegenden Riechkolben (Bulbus olfactorius) Verbindung auf, welche die Hirnnerven für Geruch (olfaktorische Nerven) bilden. Der Impuls wandert über die Riechkolben und weiter entlang der beiden Geruchsnerven zum Geruchs- und Geschmackszentrum im Gehirn. Das Gehirn interpretiert diese Nervenimpulse als einen bestimmten Geruch. Auch die Region des Gehirns (im mittleren Teil des Schläfenlappens), wo Erinnerungen an Gerüche gespeichert werden, wird angeregt. Diese Erinnerungen befähigen einen Menschen, zahlreiche verschiedene Gerüche zu unterscheiden und zu identifizieren, mit denen er im Lauf seines Lebens in Kontakt gekommen ist.

    Die Zungenoberfläche ist mit Tausenden winziger Geschmacksknospen besetzt. Eine Knospe enthält mehrere Arten von Geschmacksrezeptoren mit Zilien. Jede Art erkennt eine der fünf Grundgeschmacksrichtungen: süß, salzig, sauer, bitter oder herzhaft (auch als Umami bezeichnet, dem Geschmack von Mononatriumglutamat). Diese Geschmacksrichtungen können auf der ganzen Zunge erkannt werden, aber bestimmte Bereiche können für jeden Geschmack etwas empfindlicher sein: süßer Geschmack an der Zungenspitze, salziger Geschmack an den vorderen Zungenseiten, saurer Geschmack an den Seiten der Zunge und bitterer Geschmack im hinteren Drittel der Zunge.

    Die Nahrungsmoleküle reizen diese Zilien, die daraufhin in den Fasern nahe gelegener Nervenzellen (die mit den Geschmacksnerven im Gehirn verbunden sind – die Gesichts- und der Glossopharyngeus-Nerven) einen Impuls auslösen. Der Impuls wird von diesen Gehirnnerven ans Gehirn weitergeleitet, das die Kombination der Impulse von den verschiedenen Geschmacksrezeptoren als einen bestimmten Geschmack interpretiert. Die sensorischen Informationen über Geruch, Geschmack, Textur und Temperatur der Nahrung durch die Geruchs- und Geschmacksrezeptoren werden vom Gehirn verarbeitet. Daraus entsteht das Empfinden eines Aromas, wenn Nahrung in den Mund genommen und gekaut wird.

    Geruch

    Die Fähigkeit, Gerüche wahrzunehmen, kann durch Veränderungen in der Nase, in den Nerven, die von der Nase zum Gehirn führen, oder im Gehirn selbst beeinträchtigt werden. Sind die Nasengänge beispielsweise infolge einer gewöhnlichen Erkältung verstopft, ist der Geruchssinn vermutlich nur deshalb geschwächt, weil die Gerüche die Geruchsrezeptoren (spezielle Nervenzellen in der Nasenschleimhaut) nicht erreichen. Da das Riechen den Geschmack beeinflusst, schmeckt vielen Patienten bei einer Erkältung das Essen nicht. Geruchsrezeptoren können vorübergehend vom Influenzavirus (Grippevirus) beschädigt werden. Manche Patienten können für mehrere Tage oder sogar Wochen nach einer Grippe nicht riechen oder schmecken. In seltenen Fällen ist dieser Verlust von Dauer. Ein plötzlicher Verlust des Geruchssinns kann auch ein frühes Symptom von COVID-19 sein, einer akuten Atemwegserkrankung, die schwer verlaufen kann. COVID-19 wird durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursacht. (Siehe Verlust des Geruchssinns).

    Wussten Sie ?

    • Gelegentlich verbirgt sich hinter einer Geruchs- und Geschmacksstörung eine ernste Erkrankung wie ein Tumor.

    • Da die Fähigkeit zu riechen und zu schmecken mit dem Alter abnimmt, kann es passieren, dass ältere Patienten die Lust am Essen verlieren und unterernährt sind.

    Schlaglicht auf das Älterwerden

    Im Alter von 50 Jahren beginnen Geruchs- und Geschmackssinn nachzulassen. Die Nasenschleimhaut wird dünner und trockener, und die für den Geruch zuständigen Nerven verlieren ihre Empfindlichkeit. Ältere Patienten können starke Gerüche zwar noch erkennen, feine Gerüche jedoch nicht mehr so gut.

    Mit zunehmendem Alter nimmt außerdem die Zahl der Geschmacksknospen ab, und die, die übrig bleiben, sind weniger empfindlich. Diese Veränderungen stumpfen den Geschmackssinn für süß und salzig stärker ab als für sauer und bitter. Einige Nahrungsmittel beginnen daher, bitter zu schmecken.

    Da Geruchs- und Geschmackssinn im Alter nachlassen, schmecken viele Lebensmittel langweilig. Der Mund neigt öfter zu Trockenheit, wodurch die Fähigkeit zu schmecken weiter beeinträchtigt wird. Außerdem haben viele ältere Patienten eine Erkrankung oder nehmen Medikamente, die den Mund austrocknen lassen. Aufgrund dieser Veränderungen essen ältere Patienten oft weniger. Dies kann zu Mangelernährung führen. Wenn bereits eine Erkrankung vorliegt, kann sich der Allgemeinzustand weiter verschlechtern.

    Eine Überempfindlichkeit gegenüber Gerüchen (Hyperosmie) kommt wesentlich seltener vor als ein Verlust des Geruchssinns. Schwangere Frauen reagieren häufig überempfindlich auf Gerüche. Eine Hyperosmie kann auch psychosomatisch sein. Patienten mit psychosomatischer Hyperosmie haben keine offensichtliche körperliche Erkrankung. Eine psychosomatische Hyperosmie entwickelt sich häufiger bei Patienten mit einer histrionischen Persönlichkeit (ständiges Suchen nach Aufmerksamkeit in Verbindung mit theatralischem Verhalten).

    Einige Erkrankungen können den Geruchssinn verzerren, sodass harmlose Gerüche als unangenehm empfunden werden (eine Störung, die als Dysosmie bezeichnet wird). Zu diesen Erkrankungen gehören die folgenden:

    • Infektionen der Nasennebenhöhlen

    • Teilweise Schädigung der Geruchsnerven

    • Mangelnde Zahnhygiene

    • Mundinfektionen

    • Depression

    • Virale Hepatitis, die Dysosmie auslöst, die wiederum dazu führt, dass ansonsten harmlose Gerüche Übelkeit verursachen

    • Nährstoffmangel

    Gehen Krampfanfälle vom mittleren Schläfenlappenbereich aus, – dem Teil des Gehirns, in dem Geruchserinnerungen gespeichert werden – kommt es möglicherweise zu kurzen, lebhaften und unangenehmen Geruchsempfindungen (Geruchshalluzinationen). Diese Gerüche sind Teil des intensiven Gefühls, mit dem sich ein Anfall ankündigt (der sogenannten Aura), und beruhen nicht auf einer Störung des Geruchssinns. Infektionen des Gehirns durch Herpesviren (Herpes-Enzephalitis) können ebenso zu Geruchshalluzinationen führen.

    Geschmack

    Eine Verringerung des Geschmackssinns (Hypogeusie) oder der vollständige Verlust des Geschmackssinns (Ageusie) ist zumeist eine Folge von Erkrankungen, die sich auf die Zunge auswirken und in der Regel einen sehr trockenen Mund verursachen. Zu solchen Erkrankungen bzw. Zuständen zählen das Sjögren-Syndrom, starkes Rauchen (insbesondere Pfeiferauchen), Strahlentherapie an Kopf und Hals, Dehydratation und die Einnahme von Medikamenten (einschließlich Antihistaminika und dem Antidepressivum Amitriptylin).

    Mangelernährung, etwa verringerte Zink-, Kupfer- und Nickelspiegel, können sowohl den Geschmack als auch den Geruch verändern. Plötzlich auftretender Verlust des Geruchssinns kann ein frühes Symptom von COVID-19 sein.

    Bei der Bell-Lähmung (einer Erkrankung, bei der die Hälfte des Gesichts gelähmt ist) ist der Geschmackssinn oft einseitig auf den zwei vorderen Dritteln der Zunge beeinträchtigt (der Seite, die von der Lähmung betroffen ist). Dieser Verlust wird jedoch oft gar nicht bemerkt, da das Geschmacksempfinden auf der restlichen Zungenfläche normal oder sogar verstärkt ist.

    Verbrennungen der Zunge können Geschmacksknospen vorübergehend zerstören. Neurologische Erkrankungen wie Depressionen und Krampfanfälle können den Geschmackssinn beeinträchtigen.

    Geschmacksstörungen (Dysgeusie) können durch eine Entzündung des Zahnfleischs (Gingivitis) oder durch viele der Faktoren hervorgerufen werden, die auch zu Geschmacksverlust führen, darunter Depressionen und Schlaganfälle. Die Geschmackswahrnehmung kann durch bestimmte Medikamente wie z. B. die folgenden verfälscht werden:

    • Antibiotika

    • Antiepileptika

    • Antidepressiva

    • Bestimmte Chemotherapeutika

    • Diuretika

    • Medikamente zur Behandlung von rheumatoider Arthritis

    • Schilddrüsenmedikamente

    Der Geschmack wird mit süßen (Zucker), sauren (Zitronensaft), salzigen (Salz) und bitteren (Aspirin, Chinin, Aloe) Stoffen geprüft.